Wie Männer über Frauen reden

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Berliner Luft

Männer reden in diesem Film über Frauen so, wie Frauen in anderen Filmen über Männer reden. Das ist ein Problem für Wie Männer über Frauen reden; denn der eigentliche Plan von Drehbuchautor Carsten Regel – Miteigentümer des Berliner Clubs Muschi Obermaier, hier Co-Drehbuchautor mit Bruder Hendrik Regel – war ein anderer: „Ich hatte große Lust, etwas betont politisch Unkorrektes zu machen, etwas Kantigeres, nicht ganz so Gefälliges, wie man das in letzter Zeit allzu oft gesehen hat.“ Kantig ist der Film nicht; gefällig eben schon; politisch unkorrekt – na ja. Er ist, man muss es offen sagen, eine ganz normale Beziehungskomödie um die alte und recht ausgelutschte Frage, ob Männer und Frauen denn auch einfach nur gute Freunde sein können.
Als solche Beziehungskomödie legt sie es ganz doll darauf an, die Klischees zu brechen – ohne zu merken, dass sie gerade dadurch auf das Klischee reinfällt, denn unkonventionell will jeder sein, und zwar mit offenen Armen für möglichst viele Zuschauer. Ein Widerspruch der Ansprüche, der locker dadurch aufgelöst wird, dass das Umgehen von Klischees selbst schon zum Klischee wird. Die Regel-Brüder geben sich jedenfalls alle Mühe, die Zuschauer zu umfangen, insbesondere all diejenigen, die aus dem Szenekiez Kreuzberg stammen oder gerne aus dem Szenekiez Kreuzberg stammen würden – also ungefähr alle, die irgendein Großstadtflair in sich spüren und nun für die Kosten einer Kinoeintrittskarte eintauchen können in das Nachtleben des Szenekiezes Kreuzberg; auf den Straßen des Szenekiez Kreuzberg flanieren mögen; abhängen können auf Parkbänken des Szenekiez Kreuzberg; und natürlich diverse Graffitisprüche zu betrachten haben, die dem Szenekiez Kreuzberg seinen attraktiven Großstadtflair verleihen.

Das authentische Stück Berlin, das die Regels zeigen wollen, sei dem Film auch gar nicht abgesprochen – es ist nur so, dass Wie Männer über Frauen reden über eine Lokalgeschichte nicht hinausgeht; und dass es über Berlin – ja, auch über den Szenekiez Kreuzberg – schon diverse andere Filme gibt; und dass derartige privat finanzierte und mit Ortsbezug entstandene Filme von Rechts wegen bisher filmisch vernachlässigten Ortschaften wie in Mannheim – Neurosen zwischen Rhein und Neckar zustehen würden.

Tatsächlich gingen die Regel-Brüder nicht den üblichen Finanzierungsweg über Filmförderung oder TV-Sender, sondern steckten einerseits eigenes Geld in das Projekt, suchten andererseits im privaten Umfeld (und eben im Szenekiez Kreuzberg) Investoren, um dann in einem letzten Schritt für Postproduktion und Marketing die Crowdfunding-Maschinerie anzuwerfen – mit expliziter Betonung darauf, dass der Film selbst nicht durch Massenspenden entstanden sei (ein Hinweis darauf, dass Crowdfunding als Produktionsmöglichkeit von Filmkunst nicht den besten Ruf hat?). Jedenfalls listet der Abspann eine Menge Lokalitäten aus dem Szenekiez Kreuzberg auf, die die dort gut vernetzten Filmemacherbrüder ins Bild setzen konnten – was allerdings in den Bildern geschieht, hat nur sehr indirekt etwas mit irgendeinem Szenekiez zu tun.

Da erleben wir zunächst Oliver Korittke als DJ mit Namen DJ in Frankies Club, der im Voice Over den Eingangs- und Abschlussmonolog des Films sprechen darf. Und so sehr wir seine tieftönende Stimme mögen und so sehr er in seiner Paraderolle des laut Presseheft „kleinen Verlierers, liebenswerten Chaoten und Schluffis“ durch den Film schlurft – die Hauptfigur ist eigentlich sein Freund Frankie (Barnaby Metschurat) mit seinem Dauerproblem Tine (Ellenie Salvo González), die seit 15 Jahren seine beste Freundin ist und mit der nie etwas gelaufen ist. Warum? Weil das Drehbuch es so will: Wäre die Annäherung an die Frau seines Lebens so einfach, wäre nichts los im Szenekiez Kreuzberg und in Frankies Leben. Als Beiwerk laufen mit: Frederick Lau als DJs Sohn Martini und Kida Khodr Ramadan als Marco, der das fünfte Rad am Wagen in dieser Kumpelclique ist, seit er vor ein paar Jahren geheiratet hat. Er spielt eigentlich keine Rolle, außer dass er Teil dieser Sexualneurosenhorde ist, denn trotz seiner dauergeilen Frau kriegt er keinen hoch, weil er so sehr von einem Dreier träumt.

DJ wiederum ist total fixiert aufs Frauenaufreißen, es sei denn, die Frau ist älter als 22. Sein Sohn sucht verzweifelt die Richtige und kifft sich Entspannung herbei; und Frankie hat zwar gerne ‚ne Neue im Bett, aber Oralsex – aktiv wie passiv – findet er eigentlich ziemlich doof, insbesondere, weil seine Dauerfreundin Tine einmal die Woche bei ihm platonisch übernachtet und er mit seinen Gedanken bei ihr ist. Sie ist halt ein Kumpel. Dabei sind beide doch ineinander verliebt!

Es ist das alte Problem, dass die Männer nicht erwachsen werden wollen. Ohne viel Subtilität wird das durchdekliniert: DJ philosophiert darüber, dass es im Club für ihn ist wie für einen Zwölfjährigen im Spielzeugladen, mit all den jungen hübschen Mädels, die einem da angeboten werden; am Ende schwärmt er davon, nicht erwachsen zu sein, wovon auch einer der vielen Filmsongs spricht, andere davon, dass die Freunde auf den Popo geklatscht bekommen oder dass früher jeder Holzstock ein Schwert war. Drei Generationen – der über 40-jährige DJ, die Mittdreißiger Frankie und Tine, der 20-jährige Martini – kämpfen mit dem Erwachsenwerden, dem Verliebtsein und der Vermeidung von Verantwortung. Und irgendwie gelingt es dabei, so ziemlich alle Klischees zu streifen, ohne wirklichen Witz zu entwickeln.

Doch halt, dass mit den Klischees stimmt so nicht. Martini ist Friseur; aber nicht schwul.

Wie Männer über Frauen reden

Männer reden in diesem Film über Frauen so, wie Frauen in anderen Filmen über Männer reden. Das ist ein Problem für „Wie Männer über Frauen reden“; denn der eigentliche Plan von Drehbuchautor Carsten Regel – Miteigentümer des Berliner Clubs „Muschi Obermaier“, hier Co-Drehbuchautor mit Bruder Hendrik Regel – war ein anderer: „Ich hatte große Lust, etwas betont politisch Unkorrektes zu machen, etwas Kantigeres, nicht ganz so Gefälliges, wie man das in letzter Zeit allzu oft gesehen hat.“
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