Wie Brüder im Wind (2015)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Bilderpracht im Breitwandformat

Man kann sich Wie Brüder im Wind auf zweierlei Art nähern. Einerseits als einem Naturfilm, der mit gigantischen Aufnahmen zu begeistern versteht, andererseits als einem Kinderfilm, der eine arg simple Geschichte erzählt. Letztere wird getragen von Jean Renos Monolog, in der Synchronisation sonor von Joachim Kerzel vorgetragen. Das ist durchaus stimmungsvoll, mitunter erinnern die Weisheiten des Försters aber schon an Sprüche eines Poesie-Albums.

Irgendwo in den Alpen der 1960er Jahre: Der zwölfjährige Lukas (Manuel Camacho) schweigt, seit seine Mutter gestorben ist. Dieses Schweigen belastet die Beziehung zu seinem Vater (Tobias Moretti). Der einfühlsame Förster (Jean Reno) ist sich indes bewusst, dass es sie beide auffrisst. Doch dann geschieht ein kleines Wunder: Lukas findet ein aus dem Nest gefallenes Adler-Baby und päppelt es auf. Zusammen mit dem Förster kümmert er sich um den Adler, bringt ihm das Fliegen und das Jagen bei und gibt ihm den Namen Abel, basierend auf der biblischen Geschichte, war es doch Kain, der seinen Bruder erschlug, so wie das ältere Adler-Baby das jüngere aus dem Nest gestoßen hat. Was dem Förster längst bewusst ist, will Lukas jedoch nicht akzeptieren: Er muss Abel seine Freiheit schenken.

Wie Brüder im Wind ist so etwas wie ein erholsamer Urlaub in der Natur. Er ist so entschleunigt, so minimiert in seiner Geschichte. Wirklich überraschend ist hier nichts, aber es ist angenehm, der Geschichte zu folgen, die – das wird anhand der Inhaltsangabe gar nicht so klar – weniger die eines Menschen als vielmehr die eines Adlers ist. Mit ihm beginnt alles, mit ihm endet alles, und über weite Teile funktioniert das Werk als reiner Naturfilm.

Die Bilder, die Otmar Penker hier mit seinem Kamerateam eingefangen hat, sind atemberaubend. Der Flug über die Bergketten, das Leben im Wald, der Kampf der Natur mit sich selbst und gegeneinander, all das ist erhebend, schön, lustig, auch manchmal traurig, aber immer echt. Wo sich Penkers Ko-Regisseur Gerardo Olivares vor allem auf die Arbeit mit den Schauspielern konzentriert hat, ist es Penker, der das Herz und die Seele von Wie Brüder im Wind geliefert hat.

Über weite Strecken ist dies ein stiller Film. Nicht nur, weil Lukas kaum redet, sondern auch, weil das Leben in den Alpen so isoliert ist. Die Protagonisten treffen nur selten aufeinander, die Interaktion ist beschränkt, auch und gerade, um damit die Freundschaft eines Jungen und eines Adlers in den Mittelpunkt rücken zu können. Immer dann, wenn man denkt, das Ganze könnte nun in Kitsch abgleiten, kriegt die Produktion doch noch die Kurve. Es wird unaufgeregt erzählt. Es gibt keine Spannung im eigentlichen Sinne, weil es auch keinen Antagonisten gibt. In einem geringeren Film wäre Tobias Morettis Figur ein geifernder Schurke gewesen, der dem Adler ans Leder will, hier ist er nur ein waidwunder Mann, der versucht, den eigenen Schmerz zu überwinden, um wieder eine Verbindung zu seinem Sohn zu erlangen.

Die ruhige narrative Struktur erlaubt das Schwelgen in prächtigen Bildern. Die Monologe sind dabei mitunter sogar ein wenig störend, erzählen sie doch das Offensichtliche, das man mit eigenen Augen auch sehen kann. Am Ende kehrt der Film an den Anfang zurück, er bildet den perfekten Kreis und illustriert damit zugleich den Kreislauf des Lebens. Das ist in seiner Aussage so simpel wie schön.
 

Wie Brüder im Wind (2015)

Man kann sich „Wie Brüder im Wind“ auf zweierlei Art nähern. Einerseits als einem Naturfilm, der mit gigantischen Aufnahmen zu begeistern versteht, andererseits als einem Kinderfilm, der eine arg simple Geschichte erzählt. Letztere wird getragen von Jean Renos Monolog, in der Synchronisation sonor von Joachim Kerzel vorgetragen. Das ist durchaus stimmungsvoll, mitunter erinnern die Weisheiten des Försters aber schon an Sprüche eines Poesie-Albums.

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