Into the White

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Wenn aus Feinden (beinahe) Freunde werden

Lang lang ist es her, dass der norwegische Regisseur Petter Næss mit seinem Film Elling für den Oscar nominiert war – genau 13 Jahre sind seitdem ins Land gegangen und um den Filmemacher ist es außerhalb Norwegens vergleichsweise ruhig geworden. An dieser Stille wird auch Into the White nicht wirklich etwas ändern können, denn obwohl der Film aus deutscher Sicht mit Florian Lukas und David Kross recht prominent besetzt ist, kann man kaum erwarten, dass die Rückkehr in die Herzen der Zuschauer gelingt. Und das liegt nur teilweise daran, dass ein Kriegsdrama nun mal allein durch das Genre weniger Charme besitzt als eine Komödie wie Elling. Zum Teil, so muss man feststellen, bleibt dieser Film schlicht unter seinen Möglichkeiten.
Im Frühjahr des Jahres 1940 ringen im norwegischen Luftraum Maschinen des Deutschen Reiches und Großbritanniens um die Vorherrschaft – es geht dabei vor allem um den Zugriff auf die reichen Erzvorkommen des Landes, die für den Rüstungswettlauf dringend benötigt werden. Bei einem der zahlreichen Luftkämpfe über den verschneiten Bergen des Landes wird auch die Maschine von Leutnant Horst Schopis (Florian Lukas), dem Unteroffizier Josef Josef (David Kross) und dem Feldwebel Wolfgang Strunk (Stig Henrik Hoff) abgeschossen und muss notlanden. Rettung für die Besatzung bietet einzig und allein eine einsam gelegene Jagdhütte, doch der Krieg hat selbst in dieser klirrend-kalten Idylle längst seinen Einzug gehalten. Und so dauert es nicht lange, bis plötzlich eine britische Besatzung einer ebenfalls abgestürzten Maschine, bestehend aus Captain Davenport (Lachlan Nieboer) und Gunner Smith (Rupert Grint) vor der Hütte auftaucht und ebenfalls Schutz vor dem unwirtlichen Wetter begehrt. Zwar ist den Männern klar, dass sie hier draußen auf gegenseitige Hilfe angewiesen sind, doch auf engstem Raum zusammengepfercht, setzt sich der Krieg auch in der Intimität der kargen Behausung weiter fort – durchbrochen nur von wenigen Momenten, in denen man sich menschlich näher kommt.

Was passieren kann, wenn sich der große Krieg in der privaten Begegnung verschiedener Menschen fortsetzt, davon erzählen seit Jean Renoirs Die große Illusion / La grande illusion (1937) immer wieder Filme. Into the White weiß der an sich recht vielversprechenden Ausgangslage aber viel zu wenig abzugewinnen. Und das liegt vor allem an den stereotypen Figurenzeichnungen und biederen Dialogen, gegen die selbst anerkannte Mimen wie Florian Lukas und David Kross nur wenig auszurichten vermögen – wobei vor allem ersterer im Rahmen des Skripts noch am meisten zu überzeugen vermag.

Obwohl die Geschichte, wie Petter Næss betont, auf wahren Begebenheiten beruht und man nur hier und da dramaturgisch zugespitzt und verdichtet habe, fehlt ihr genau das, was man von solch einem Stoff erwarten dürfte: Plastizität und Glaubwürdigkeit. Offensichtlich, so hat es den Anschein, sind die Zuspitzungen so geraten, dass aus glaubwürdigen Charakteren schematische Figuren wurden – dies betrifft sowohl den schneidigen und befehlsgewohnten Offizier Schopis und den glühenden Hitler-Verehrer Schwartz als auch deren diametral entgegengesetzte britische Kontrahenten, die gleichfalls vor allem als Vertreter zweier unterschiedlicher britischer Gesellschaftsschichten angelegt wurden. Hinzu kommen am Ende die norwegischen Soldaten, deren Charakterisierung als verständnis- und ahnungslos ebenfalls nicht gerade der Beweis eines differenzierten Blicks auf die psychologisch hochkomplexe Ausgangssituation der Geschichte ist. Mit einem mehr in die Tiefe gehenden Drehbuch und einer Regie, die nicht allein an Klischees interessiert ist, hätte aus diesem Film ein großes Drama über die Unmenschlichkeit des Krieges werden können.

Into the White

Lange ist es her, dass der norwegische Regisseur Petter Næss mit seinem Film „Elling“ für den Oscar nominiert war – genau 13 Jahre sind seitdem ins Land gegangen und um den Filmemacher ist es außerhalb Norwegens vergleichsweise ruhig geworden. An dieser Stille wird auch „Into the White“ nicht wirklich etwas ändern können, denn obwohl der Film aus deutscher Sicht mit Florian Lukas und David Kross recht prominent besetzt ist, kann man kaum erwarten, dass die Rückkehr in die Herzen der Zuschauer gelingt.
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