Weil ich schöner bin

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Eine illegale Kindheit in Deutschland

Fast eine halbe Million Menschen lebt in Deutschland ohne Papiere und in der ständigen Angst, ausgewiesen zu werden. Weil ich schöner bin nähert sich diesem Thema aus der Sicht eines 13jährigen Mädchens und erweitert die Geschichte vom Leben in der Illegalität somit um eine Coming-of-Age Story.
Charo (Mariangel Böhnke) lebt mit ihrer Mutter Ines (Angeles Aparicio), deren bester Freundin Amanda (Andrea Sánchez de Solar) sowie dem kleinen Diego (Anton Buchenhorst) in einer kleinen Neuköllner Wohnung. Die Vier sind illegal in Deutschland, leben in der stetigen Angst entdeckt und ausgewiesen zu werden. So traut sich Charo auch nicht, ihrer besten Freundin Laura (Mira Aring) die Wahrheit über ihre Lebenssituation zu sagen. Mit dem Wechsel von der Grund- auf die Oberschule jedoch spitzt sich die Lage zu. Ohne gültigen Pass kann sich Charo nicht am Gymnasium anmelden und auch die befreundete Anwältin Jutta (Lavinia Wilson) kann an dieser Stelle nichts mehr ausrichten. Dann steht auch noch die Polizei vor der Tür und verhaftet Ines. Charos Welt droht vollends aus den Fugen zu geraten.

Verglichen mit der dramatischen Lage Charos, ist Weil ich schöner bin ein ruhiger Film, der an keiner Stelle auf die Tränendrüse drückt oder übermäßiges Mitleid für seine Protagonisten erwecken will. Vielmehr leistet Regisseur Frieder Schlaich sachliche Aufklärungsarbeit über die Situation illegaler Einwanderer in Deutschland. Charo und ihre Familie fürchten sich vor jedem Türklingeln, vor jeglicher Polizeipräsenz auf der Straße, selbst wenn die Beamten nur die Verkehrstüchtigkeit von Fahrrädern kontrollieren. Charos Reaktionen auf diese Ereignisse bleiben recht pragmatisch. Statt ihrer Verzweiflung durch Trauer oder Wut Ausdruck zu verleihen, sucht sie nach Wegen, ihre Situation zu lösen. Die insgesamt eher gedeckelten Emotionen erschweren es dem Zuschauer jedoch, einen Zugang zu der Figur zu finden. Die nüchterne Präsentation der Geschichte entwickelt wenig Dynamik und kann insbesonders jüngere Zuschauer daher nur schwer mitreißen.

Dass es schwerfällt, sich in die Protagonisten und ihre Situation hineinzuversetzen, liegt auch an den vielen Ungereimtheiten der Geschichte. Obwohl dem Drehbuch von Claudia Schaefer eine wahre Begebenheit zugrunde liegt, wirken einzelne Aspekte nicht zu Ende gedacht. Charos Glaubwürdigkeit leidet unter ihrem akzentfreien Deutsch. Die Zeitangaben verwirren: Charos Alter mag nicht so recht mit der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland und ihren Erzählungen aus der Heimat zusammenpassen. Und auch die Beziehungen der Figuren sind zuweilen unklar: Warum erfährt Laura von Jutta die Wahrheit über die Situation, obwohl sich die beiden kaum kennen? Fragen dieser Art erschweren es bedauerlicherweise, sich ganz auf die Geschichte einzulassen.

Obwohl Frieder Schlaich eine naturalistische Herangehensweise gewählt hat, verzichtet er darauf, seinem Film durch eine wacklige Handkamera unbedingte Authentizität zu verleihen. Der Realismus entsteht durch die Geschichte selbst und muss nicht inszeniert werden. Nur selten durchbrechen Einblicke in Charos Innenwelt diesen Stil und lassen ihre Sicht der Ereignisse in Form von Comics oder Bilderbüchern für den Zuschauer greifbar werden. Diese Passagen lockern die nüchterne Erzählhaltung auf und wecken durch ihre Abstraktheit das Interesse des Zuschauers. Leider verwendet Schlaich dieses Mittel nur sehr vereinzelt und verschenkt dadurch die Chance, Weil ich schöner bin von thematisch ähnlich gelagerten Filmen stilistisch abzugrenzen.

Weil ich schöner bin ist einer dieser Filme, die man eigentlich gar nicht schlecht finden darf. Das Thema ist weitaus mehr Aufmerksamkeit wert, als dieser kleine Film herzustellen im Stande ist. Doch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Charos Schicksal bleibt für den Zuschauer zu wenig greifbar, um wirklich zu bewegen. Und so wird auch der Film von der breiten Masse vermutlich ebenso unbemerkt bleiben wie die Situation illegaler Einwanderer in unserem Land.

Weil ich schöner bin

Fast eine halbe Million Menschen lebt in Deutschland ohne Papiere und in der ständigen Angst, ausgewiesen zu werden. „Weil ich schöner bin“ nähert sich diesem Thema aus der Sicht eines 13jährigen Mädchens und erweitert die Geschichte vom Leben in der Illegalität somit um eine Coming-of-Age Story.
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