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Ein mit freundschaftlichem Auge eingefangener Dokumentarfilm über den Künstler Walter Pfeiffer, der die Schönheit jagt – und sie auch tatsächlich immer wieder einzuholen vermag.

Walter Pfeiffer - Chasing Beauty (2017)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Die Schönheit ernst nehmen

„Er schöpft aus allem, was passiert“, sagt der Buchhändler Rolf Stürmer an einer Stelle des Dokumentarfilms „Walter Pfeiffer – Chasing Beauty“ über den titelgebenden Künstler. Diese Fähigkeit, in allem Inspiration zu finden, wird uns in Iwan Schumachers Porträt über Pfeiffer glaubhaft vermittelt – indem wir dessen Schöpfungen sehen, bei einigen von diesen auch an der Entstehung teilhaben und indem wir sowohl Pfeiffer selbst als auch zahlreichen Leuten, mit denen er zusammengearbeitet hat, zuhören, wie sie die Dinge Revue passieren lassen.

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Der 1946 im schweizerischen Beggingen geborene Pfeiffer erregte mit seinen Fotografien zwar schon seit 1974 Aufmerksamkeit in der Underground-Szene; zum international gefragten Modefotografen avanciert der Wahlzüricher aber erst in den 2000er Jahren. Somit ist Schumachers Werk in erster Linie eine filmische Entdeckungstour durch das mehrere Dekaden umspannende Œuvre des Protagonisten.

Da dieser mit Schumacher in den 1960er Jahren die Züricher Kunstgewerbeschule besuchte und die beiden sich seither kennen, ist Walter Pfeiffer – Chasing Beauty ein durchweg freundschaftlicher Blick auf den Künstler; auch den Aussagen Pfeiffers in den talking-head-Aufnahmen ist diese Vertrautheit anzumerken. Dies führt zu Momenten voller Witz; eine kritisch-distanzierte Sicht fehlt durch diese Herangehensweise allerdings.

Zu den interessantesten Passagen des Films gehören die Szenen, in welchen ehemalige Models von Pfeiffer die Entstehung der Bilder von ihnen beschreiben. Pfeiffer „verfolgt“ stets die Schönheit, wie der Kurator Urs Stahel an einer Stelle feststellt – und er entdeckte sie im Laufe seines Werdegangs immer wieder in Menschen, die zumeist keine professionellen Fotomodelle waren. Er sprach sie an oder ließ sie ansprechen; die letztlich entstandenen Aufnahmen – oft Porträts in Schwarz-Weiß, nicht selten homoerotisch anmutende Körperbilder, gelegentlich auch knallig-bunte Arrangements – versetzten die Models selbst oft in Ver- und Bewunderung.

„Die Leute sind, wie sie sind“, meint der heutige Architekt Gus Wüstemann, der sich einst als junger Mann ablichten ließ, über die Aufrichtigkeit der Bilder; „Walter ist der erste Mensch, der mich wirklich erkannt hat“, bestätigt die Schauspielerin Shirin Azari. Wenn Personen wie Wüstemann oder Azari in Bildbänden blättern und stolz ihre Aufnahmen präsentieren, spürt man, wie wertvoll sich die Erfahrung eines Fotoshootings mit Pfeiffer angefühlt haben muss. Dass Pfeiffer ein fotografischer Autodidakt ist, der sich wenig für den technischen Aspekt seines Metiers interessiert und durch ein angeborenes Zittern der Hände immer ein bisschen unbeholfen in seinem Tun wirkt, macht ihn umso mehr zu einer spannenden Figur.

Neben der Fotografie befasst sich Walter Pfeiffer – Chasing Beauty auch mit den Zeichnungen Pfeiffers; ferner zeigt Schumacher Pfeiffers Arbeiten als Grafiker sowie Szenen aus dem absurden Theaterstück Walterspiel – eine Collage aus aufgezeichneten Telefongesprächen und aus improvisierten Hörspielen. Alles in allem entsteht so ein umfassendes, wenn auch gänzlich unkritisches Bild über die Arbeit eines Künstlers, dessen Blick für die Schönheit wir viele großartige Aufnahmen von Gesichtern und Körpern zu verdanken haben.

Walter Pfeiffer - Chasing Beauty (2017)

Im hohen Alter hat Walter Pfeiffer seinen internationalen Durchbruch als Künstler und Modefotograf erlebt. In Iwan P. Schumachers Dokumentarfilm äußern sich WegbegleiterInnen und Leute, die schon für Pfeiffer Modell standen. Sein Schaffen ermöglicht Einblick in viele Jahrzehnte der Jugendkultur.

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