Voodoo Passion – Der Ruf der blonden Göttin (Goya Collection)

Eine Filmkritik von Stefan Dabrock

Ein Unikum mit seltsam hypnotischer Wirkung

Vielfilmer Jess Franco, der am 2. April dieses Jahres im Alter von 82 Jahren starb, gehörte außerhalb Spaniens lange Zeit zu den verpönten Regisseuren. Erst spät wurde ihm zumindest in Frankreich die Ehre erwiesen, als die Cinémathèque française 2008 eine große Werkschau zeigte. 2009 erhielt er den Ehren-Goya (spanischer Oscar) für sein Lebenswerk. Francos Mischung aus Sex und Gewalt, die mit Themen triebhafter Obsession durchsetzt ist, lässt aber immer noch viele die Nase rümpfen und ein Werk wie Voodoo Passion – Der Ruf der blonden Göttin hat selbst unter Franco-Anhängern einen schlechten Ruf. Angesichts der radikalen, noch stärker als in anderen Werken vorhandenen Verweigerung des Regisseurs, eine nennenswerte Geschichte zu erzählen, ist das auch nicht verwunderlich. Da er die Morde zudem vollständig außerhalb des Bildes stattfinden lässt, fehlt auch noch jegliches Thrillmoment, das andere Arbeiten Francos erzählerischer wirken lässt. Wer einen Spielfilm sucht, wird mit Voodoo Passion – Der Ruf der blonden Göttin trotz rudimentärer Handlung nicht bedient. Stattdessen entwickelt der Film eine seltsam hypnotische Wirkung, wenn man Bilder und Musik ohne rationale Schranke auf sich wirken lässt.
Den Aufhänger für Francos mediales Arrangement bildet die Ankunft Susans (Ada Tauler) auf Haiti. Sie reist zu ihrem Ehemann Jack (Jack Taylor), der mit Haushälterin Inès (Muriel Montossé) in einem großzügigen Anwesen lebt. Schon kurz nach ihrer Ankunft wird Susan von Albträumen geplagt, in denen sie Menschen ermordet. Sie glaubt, dass die Träume tatsächlich real sind, während ihr Mann sie zu beruhigen versucht. Susan verliert immer stärker die Kontrolle über ihr Leben, das ansonsten aus sexuellen Spielen mit ihrem Mann sowie dessen lasziver Schwester Olga (Karine Gambier) besteht.

Bei den reinen Sexszenen hat es Franco zugegebenermaßen etwas übertrieben. Sein inszenatorisches Geschick, rekelnde oder in der Wanne badende nackte Frauen mal mit mal ohne Mann zu filmen hält sich bei Voodoo Passion – Der Ruf der blonden Göttin in Grenzen. Visuelle Einfälle sucht man vergeblich, sodass die Grenze zwischen schlichter Präsentation des weiblichen Körpers und dem direkten Eintauchen in die Tiefen der Obsession nur selten überschritten wird. Hypnotisch wirkt der Film erst dann, wenn Franco die Barriere des vordergründigen Zeigens überwindet, wenn das, was zu sehen ist, rätselhaft erscheint.

Das ist schon dann der Fall, wenn Susan im durchsichtigen Nachthemd orientierungslos durch das Haus ihres Mannes wandelt, als befände sie sich in einer unbekannten Dimension. Zu großer Stärke läuft Franco aber vor allem dann auf, wenn er mithilfe der Musik seines Komponisten Walter Baumgartner einen rhythmisch-tranceartigen Part hinzufügen kann. Schon zu Beginn – bevor so etwas wie eine Geschichte überhaupt angefangen hat – zeigt Franco mehrere Minuten lang zu gleichförmiger Trommelmusik tanzende, halb nackte Haitianer. Dieses Motiv nimmt er später bei den Voodoo-Tänzen von Inès wieder auf, die unter Mithilfe zusätzlicher Mitstreiter unbekleidet ihre einstudierten Bewegungen ausführt, um Susan aus der Bahn zu bringen. Auch wenn Inès Darbietungen vordergründig eine erzählerische Funktion haben – sie dienen zur Umsetzung eines schändlichen Plans – wäre es dafür nicht nötig, diese minutenlang zu filmen. In solchen Momenten wird die Grenze zum Erzählfilm lässig überschritten, um etwas zu zeigen, was auf rationaler Ebene nicht länger sinnstiftend ist. Tanz, Musik und Schnitt können sich beim Zuschauer im besten Fall zu einer meditativen Reise hinter den Verstand verdichten. Im schlechtesten Fall wendet man sich angesichts dessen ab, was bei Erwartung eines sinnvollen Geschehens nur als Unfug abgetan werden kann.

So bleibt Voodoo Passion – Der Ruf der blonden Göttin sicher einer der merkwürdigsten Filme, die Jess Franco in seiner weit über hundert Werke umfassenden Karriere gedreht hat.

Voodoo Passion – Der Ruf der blonden Göttin (Goya Collection)

Vielfilmer Jess Franco, der am 2. April dieses Jahres im Alter von 82 Jahren starb, gehörte außerhalb Spaniens lange Zeit zu den verpönten Regisseuren. Erst spät wurde ihm zumindest in Frankreich die Ehre erwiesen, als die „Cinémathèque française“ 2008 eine große Werkschau zeigte. 2009 erhielt er den Ehren-Goya (spanischer Oscar) für sein Lebenswerk.
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