Vivir es fácil con los ojos cerrados

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Zeiten des Aufbruchs

Spanien im Jahre 1966. Es ist die Zeit der Franco-Diktatur, aber auch die Zeit der Beatles und des Auf- und Ausbruchs einer ganzen Generation. In diesem Spannungsfeld begegnen sich drei Menschen unterschiedlicher Generationen. Ein etwa 40jähriger Lehrer, voller Optimismus und naiver Freude, und zwei junge Menschen, die vor den Restriktionen ihres jeweiligen Lebens fliehen. Gemeinsam machen sie sich auf die Reise nach Almería, wo sich John Lennon gerade im Rahmen der Dreharbeiten zu Wie ich den Krieg gewann aufhält.
Vivir es fácil con los ojos cerrados, ein Titel, der sich auf den in Almería entstandenen Song „Strawberry Fields“ bezieht, ist ein klassisches Roadmovie, bei dem Menschen nicht nur eine geographische, sondern vor allem auch eine emotionale Reise unternehmen. Dabei fungiert der Lehrer Antonio (Javier Cámara) als Schutzpatron der beiden Tramper, die er auf dem Weg nach Almería aufgabelt, wo er sein Idol John Lennon treffen möchte. Entgegen jeder Vernunft ist Antonio der festen Überzeugung, mit dem Beatles-Sänger sprechen zu können und die Vorfreude sprudelt nur so aus ihm heraus. Er redet wie ein Wasserfall und kann damit die beiden Jugendlichen trotz ihrer problematischen Lage immer wieder aufmuntern. Daran gewöhnt, Verantwortung für andere zu übernehmen, greift Antonio schließlich sowohl der schwangeren Belén (Natalia de Molina) als auch dem Ausreißer Juanjo (Francesc Colomer) unter die Arme und hilft den „verlorenen Seelen“ dabei, eine neue Richtung einzuschlagen. So sympathisch Javier Cámara seinen Leinwandcharakter auch verkörpert, so bedauerlich eindimensional stellt sich Antonio dar. Im Gegensatz zu den beiden anderen Hauptfiguren verfügt er über keinerlei inneren Konflikt, an dem er im Laufe der Geschichte wachsen könnte. Statt eines Charakters hat er eine Funktion: Nicht nur für Belén und Juanjo, sondern auch für den insgesamt recht handlungsarmen Film.

Vivir es fácil con los ojos cerrados lebt größtenteils von Javier Cámara beziehungsweise Antonio, der dem Zuschauer umgehend ans Herz wächst und mit seiner schrulligen Art dem Gesamtkonzept viel Humor verleiht. Insbesondere im Vergleich mit Belén und Juanjo, für die der Trip nach Almería einen Meilenstein in ihrer Persönlichkeitsentwicklung darstellt, taucht hinsichtlich Antonio schließlich die Frage auf, was diese Reise für ihn eigentlich bedeutet hat. Er verlässt die Bühne des Films ebenso beschwingt wie er sie betreten hat. Das hinterlässt ein fades Gefühl der Leere, als würde ein entscheidendes Puzzleteil fehlen, um die Aussage der Geschichte zusammenzusetzen. Dem deutschen Publikum erschließt sich Vivir es fácil con los ojos cerrados ohnehin nur teilweise.

Man versteht, dass sich Regisseur David Trueba hier mit der Franco-Diktatur auseinandersetzt, doch nicht alle Bezüge sind für ein nicht-spanisches Publikum verständlich. Ebenso geht ein Großteil des Humors, der sich teilweise aus Anspielungen auf regionale Eigenheiten und Dialekte speist, am ausländischen Publikum unbemerkt vorbei. Es ist vor allem den sympathischen Charakteren zu verdanken, dass Vivir es fácil con los ojos cerrados dennoch interessant und vor allem liebenswert bleibt. Wir verfolgen die Geschichte von Antonio, Belén und Juanjo gerne und natürlich wollen wir wissen, ob es ersterem tatsächlich gelingt, John Lennon zu treffen, auch wenn wir — wie übrigens auch alle Übrigen — zu keinem Zeitpunkt so recht an das Gelingen dieses Unternehmens glauben. Das Setting an der Küste Almerías und die dezente, jedoch stets als solche zu identifizierende 1960er Jahre Ausstattung sind schön anzusehen.

Vivir es fácil con los ojos cerrados ist einer dieser Filme, die charmant an uns vorbei plätschern, ohne uns emotional oder intellektuell zu stark herauszufordern. Darin besteht jedoch letztlich auch das Problem. David Truebas Werk ist — wie auch die Figur Antonios — einfach zu nett, um wirklich zu interessieren. So kurzweilig und sympathisch sich dieses Roadmovie auch gestaltet, so schnell ist es zehn Minuten nach dem Fall des Vorhangs auch wieder vergessen.

Vivir es fácil con los ojos cerrados

Spanien im Jahre 1966. Es ist die Zeit der Franco-Diktatur, aber auch die Zeit der Beatles und des Auf- und Ausbruchs einer ganzen Generation. In diesem Spannungsfeld begegnen sich drei Menschen unterschiedlicher Generationen. Ein etwa 40jähriger Lehrer, voller Optimismus und naiver Freude, und zwei junge Menschen, die vor den Restriktionen ihres jeweiligen Lebens fliehen.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen