Viva la muerte - Es lebe der Tod

Eine Filmkritik von Peter Osteried

"Wirst du auch mal sterben?"

In den ersten vier Minuten zeigt Fernando Arrabal nichts weiter als Zeichnungen von Roland Topor. Von einem Kinderlied unterlegt, sieht man Bilder unbeschreiblichen Schreckens, ein Kaleidoskop des Schmerzes, das einen Blick auf die Untiefen der Hölle offenbart. Was folgt, übertrifft das Grauen dieser Bilder noch.
Spanien zur Zeit des Bürgerkriegs: Der kleine Fando leidet darunter, dass sein Vater von den Militärs verschleppt worden ist. Er lebt mit seiner Mutter, seiner Tante und den Großeltern zusammen. Er glaubt, dass seine Mutter den Vater verraten hat. Wahnhafte Visionen suchen ihn heim und vermischen sich mit seinem erwachenden Interesse für den Sex und den Tod.

Arrabal hat mit Viva la muerte – Es lebe der Tod seinen eigenen Roman verfilmt, mit dem er wiederum die eigene Kindheit aufarbeitet, die vom Verlust des Vaters geprägt ist. Dieser wiegt umso schwerer, da es wohl die Mutter war, die ihn verriet. So ist der Film in erster Linie eine verstörende Betrachtung des Krieges und der mit ihm einhergehenden Gewalt, doch der kleine Fando steht weniger mit dem Grauen dieser Umwelt als vielmehr mit den Frauen in seinem Leben in Konflikt.

Es ist auch ein ödipaler Komplex, der in Arrabals Film zum Tragen kommt – ob dieser nun autobiographisch ist oder nicht sei dahingestellt. Er eröffnet auf jeden Fall eine weitere Ebene in diesem surrealen Juwel, das sich einer stringenten Erzählweise entzieht und stattdessen auf die Kraft schöner und zugleich verstörender Bilder setzt. Fandos Visionen, mit denen er auf die Ereignisse um sich herum reagiert, sind grell eingefärbt und mit atonalen, das Ohr angreifenden Tönen unterlegt – aber auch mit der engelsgleichen Kinderstimme, die schon den Vorspann zum schaurigschönen Erlebnis macht.

Mit Viva la muerte – Es lebe der Tod geht Arrabal weiter, als es Kollegen wie Salvador Dali oder Alejandro Jodorowsky getan haben. Weil er in diesen Reigen aus Folter und Tod seine eigene Lebensgeschichte einfließen lässt und aus Erlebtem nicht nur Fiktion macht, sondern dem Erdachten die Aura des Authentischen verleiht. Arrabal prangert die Barbarei eines totalitären Systems an, in dem Gewalt in allen Schichten der Gesellschaft gedeiht. In der Aussage ist der Film nicht unähnlich Pasolinis späterem Die 120 Tage von Sodom, in der Umsetzung jedoch stärker vom Surrealismus geprägt. Arrabal erschafft mit Bildern Poesie, die sich in die Gehirnwindungen einbrennt. Der Anblick dessen, was er erschafft, ist zumeist nicht schön, aber in seiner verstörenden Art faszinierend. Ein Experimentalfilm, der mit seiner ungestümen Direktheit – und den grausamen Bildern geschlachteter Tiere – nichts für zarte Gemüter ist.

Viva la muerte - Es lebe der Tod

In den ersten vier Minuten zeigt Fernando Arrabal nichts weiter als Zeichnungen von Roland Topor. Von einem Kinderlied unterlegt, sieht man Bilder unbeschreiblichen Schreckens, ein Kaleidoskop des Schmerzes, das einen Blick auf die Untiefen der Hölle offenbart. Was folgt, übertrifft das Grauen dieser Bilder noch.
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