Verstörung – und eine Art von Poesie: Die Filmlegende Bernhard Wicki

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Denkmal für einen Unbequemen

Neben Wolfgang Staudte und Helmut Käutner gilt Bernhard Wicki als eine der Lichtgestalten des deutschen Nachkriegsfilms, doch der Filmemacher galt lange Zeit als Außenseiter, als streitbarer Geist, als Filmkünstler, der im eigenen Land nur wenig galt. Und so ist es kein Wunder, wenn in der filmischen Hommage Verstörung – und eine Art von Poesie: Die Filmlegende Bernhard Wicki von dessen zweiter Ehefrau Elisabeth Wicki-Endriss immer wieder auch die Rede auf die Niederlagen, die Schwierigkeiten, das Unbequeme kommt. Eine kritische Betrachtung der Person Wickis aber bleibt aus, was angesichts der Verbundenheit der Filmemacherin mit dem Regisseur kaum verwundern darf.
Bernhard Wicki, 1919 in St. Pölten in Niederösterreich geboren, studierte zuerst in Breslau Kunstgeschichte, Geschichte und Germanistik, bevor er 1938 an die Schauspielschule des Staatlichen Schauspielhauses in Berlin wechselte. Der angehende Darsteller geriet in jener Zeit schnell mit den Nationalsozialisten in Konflikt; nachdem er sich despektierlich über Hermann Görings Frau geäußert hatte, wurde Wicki, der der Bündischen Jugend nahe stand, 1939 verhaftet und für mehrere Monate im KZ Sachsenhausen festgehalten – eine Erfahrung, die Wicki niemals vergaß. Nach seiner Entlassung aus der Haft zog Wicki zuerst nach Wien, 1944 dann in die Schweiz, was aufgrund seines Schweizer Vaters kein Problem war. Nach dem Krieg begann Wickis Filmkarriere, zunächst als Darsteller, dann schließlich 1958 mit Warum sind sie gegen uns? als Regisseur. Und bereits ein Jahr später kam quasi aus dem Nichts der Welterfolg Die Brücke, der Wicki mit einem Schlag zum international bekanntesten deutschen Regisseur der damaligen Zeit machte. Dann aber folgten die Abstürze, die Krisen, das Desaster mit seinem Film Die Eroberung der Zitadelle, der den Filmemacher in horrende Schulden stürzte, die internationalen Projekte wie Der längste Tag, die Dürrenmatt-Verfilmung Der Besuch oder Kennwort Morituri und schließlich sein letzter Film Das Spinnennetz nach dem Roman seines Bruders im Geiste Josef Roth.

Streng chronologisch hat Bernhard Wickis langjährige Lebensgefährtin und zweite Gattin Elisabeth Wicki-Endriss die Hommage an ihren Mann gegliedert und bisweilen kommt dieses Vorgehen ein wenig steif und unbewegt daher, was zum Teil auch an den fehlenden Bildern liegt, die etwa Wickis Internierung im KZ beschreiben. Archivmaterial, Filmausschnitte und die Stimmen von Weggefährten wie Klaus Maria Brandauer, Michael Mendl und Maximilian Schell als Erzähler erinnern sich an den streitbaren Titanen, der immer wieder aneckte und auf Widerstände stieß, deren größter — so ahnt man es — oft genug er selbst war.

Erinnert die erste Hälfte des Films an eine brav gemachte, aber wenig spannende Dokumentation, wird Verstörung – und eine Art von Poesie: Die Filmlegende Bernhard Wicki deutlich essayistischer, mutiger und damit persönlicher, wenngleich man auf kritische Zwischentöne vergebens wartet und manche Sequenzen doch sehr bemüht und manchmal auch gekünstelt wirken. Eines aber macht der Film deutlich: Der große Regisseur Bernhard Wicki hat eine Wiederentdeckung verdient, denn neben dem Welterfolg Die Brücke sind viele seiner weiteren Filme etwas in Vergessenheit geraten.

Verstörung – und eine Art von Poesie: Die Filmlegende Bernhard Wicki

Neben Wolfgang Staudte und Helmut Käutner gilt Bernhard Wicki als eine der Lichtgestalten des deutschen Nachkriegsfilms, doch der Filmemacher galt lange Zeit als Außenseiter, als streitbarer Geist, als Filmkünstler, der im eigenen Land nur wenig galt.
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