Verschwörung der Frauen

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Drei Frauen und ein Leichenbeschauer

Im sommerlichen Szenario einer ländlichen Idylle vergnügt sich der alternde Hardy (Trevor Cooper) mit der jungen Nancy (Jane Gurnett) bei neckischen Liebesspielen, bis beide erschöpft im erfrischenden Wasser ihrer Zinkbadewannen einschlummern. Von seiner Frau Cissie (Joan Plowright) bei ihrer Heimkehr aufgeweckt lädt Hardy sie zynisch ein, sich doch mit zu amüsieren, woraufhin die unaufgeregte alte Dame ihren Gatten schlichtweg in seiner Wanne ertränkt, während seine Geliebte in der Ihren weiterhin friedlich schlummert. Es ist die bei aller Tragik der Geschehnisse geradezu schwebende Leichtigkeit, die Peter Greenaways Verschwörung der Frauen innerhalb dieser Sequenz sowie insgesamt als satirischen Krimi auszeichnet.
Gemeinsam mit ihrer Tochter (Juliet Stevenson), die ebenso wie sie selbst Cissie Colpitts heißt, schafft die frische Witwe die noch immer schlafende Nancy in einer Schubkarre nach Hause und sucht anschließend den Leichenbeschauer Madgett (Bernard Hill) auf, der sich zunächst widerstrebend, dann aber komplizenhaft bereit erklärt, eine unauffällige Todesursache zu bescheinigen. Denn Madgett, der ebenso wie sein Sohn Smut (Jason Edwards) ein Liebhaber groß angelegter, skurriler Bewegungsspiele mit komplizierten Regeln ist, hegt die Hoffnung, die Witwe für sich zu gewinnen. Noch ahnt der Leichenbeschauer nicht, dass auch deren Tochter sich bald ihres in sexueller Hinsicht äußerst unlustigen Mannes Jake (Bryan Pringle) durch Ertränken entledigen wird, und auch ihre Enkelin, die dritte Cissie Colpitts, plant Ähnliches für ihren gerade erst angetrauten Gatten Bellamy (David Morrissey), und auch ihnen macht Madgett amouröse Avancen …

Mit Verschwörung der Frauen hat der britische Filmkünstler Peter Greenaway, der auch das Drehbuch verfasste, ein ungeheuer dichtes, abgefahrenes Universum aus markanten Figuren, spektakulären Spielen und einer augenscheinlich schwer durchschaubaren Zahlenmystik erschaffen, dessen stets wiederkehrende Symbole in eine schräge Kriminalgeschichte eingebettet sind. Da ist das junge Mädchen im Prinzessin-Kostüm, das beim Seilspringen die Namen von Sternen aufzählt, heftig verehrt vom umtriebigen Smut, der akribisch zu Tode gekommene Tiere nummeriert, und immer wieder die unterschiedlichsten Insekten, die das filmische Territorium von Begierde, Spiel und Mord zuhauf bevölkern.

Begleitet von der ganz wunderbar die Ereignisse ironisierenden Musik von Michael Nyman (The Piano, 1993), der auch die Musik zu Greenaways Filmen Der Kontrakt des Zeichners / The Draughtsman’s Contract (1982), Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber / The Cook the Thief His Wife & Her Lover (1989) und Prosperos Bücher / Prospero’s Books (1991) komponierte, bezaubert Verschwörung der Frauen durch eine höchst beachtliche, erlebnisreiche Bildgestaltung. Sorgfältige, mit ausführlichen Details ausgestattete und meisterhaft ausgeleuchtete visuelle Arrangements, von der Kamera Sacha Viernys festgehalten, verstehen es vortrefflich, den Zuschauer zu verführen, während die Dramaturgie mit pointierten, witzigen Dialogen sowie durch repetitive Elemente rasch seltsam vertraut erscheinenden Wendungen aufwartet. Doch die trügerische Harmonie wird durch eine stark ambivalente Ästhetik attackiert – wonnige, nackte Körper einerseits, entstellte Tierkadaver andererseits, hier zarte bis erotische Liebeskeimungen, dort Tod und ein blutiges Beschneidungsritual, vom unschuldigen Smut mit den makabren Neigungen in Eigenregie durchgeführt.

Bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes, wo der Film 1988 im Wettbewerb lief, wurde Verschwörung der Frauen als Bester künstlerischer Beitrag geehrt. Es folgten zwei Preise bei den Filmfestivals in Seattle und Warschau, doch insgesamt zählt dieser pfiffig-satirische, grandios inszenierte und philosophisch anspruchsvolle Krimi mit seinem hinreißenden Ensemble sicherlich zu den unterschätzten Werken Peter Greenaways, der immer noch einen köstlichen Geheimtipp der Extraklasse darstellt und auf Grund seiner komplexen Struktur und Hintergründigkeit zweifellos einen zweiten und dritten Blick wert ist.

Verschwörung der Frauen

Im sommerlichen Szenario einer ländlichen Idylle vergnügt sich der alternde Hardy (Trevor Cooper) mit der jungen Nancy (Jane Gurnett) bei neckischen Liebesspielen, bis beide erschöpft im erfrischenden Wasser ihrer Zinkbadewannen einschlummern.
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