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Sony Pictures schenkt der Comicfigur Venom ein großes Leinwandabenteuer und will mit dem von Tom Hardy gespielten Antihelden eine eigene Marvel-Reihe aufbauen. Überzeugt der Startschuss?

Venom (2018)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Verschmolzen

Während die stetig anwachsende Marvel-Reihe des Disney-Konzerns bereits 20 Spielfilme umfasst, schickt sich Konkurrent Sony mit der Comic-Adaption „Venom“ an, ein eigenes Superhelden-Franchise aus der Taufe zu heben. Die Titelfigur stammt ebenfalls aus dem Marvel-Kosmos, war bereits in Sam Raimis „Spider-Man 3“ zu sehen und wird in Ruben Fleischers Science-Fiction-Actioner nun von Oscar-Kandidat Tom Hardy (nominiert für The Revenant – Der Rückkehrer) gespielt. Eine vielversprechende Besetzung, die den leider recht austauschbaren und selten eindrücklichen Monsterstreifen nicht entscheidend aufwerten kann.

Als ein Raumfahrzeug der von Carlton Drake (Riz Ahmed) geführten Life Foundation im Osten Malaysias abstürzt, herrscht bei dem skrupellosen Forscher helle Aufregung, da einer von mehreren außerirdischen Organismen an Bord plötzlich verschwunden ist. Zu allem Überfluss fühlt ihm nur wenig später auch noch der investigative Journalist Eddie Brock (Tom Hardy) auf den Zahn und konfrontiert den einflussreichen Mann mit schwerwiegenden Vorwürfen, die dem Reporter schließlich seinen Job und seine Beziehung zu Anne Weying (Michelle Williams) kosten. Eines Tages wendet sich eine Mitarbeiterin Drakes (Jenny Slate) an den abgestürzten Enthüllungsexperten und berichtet ihm von den tödlichen Menschenversuchen, die ihr Chef durchführen lässt. Eddie will sich selbst ein Bild verschaffen und kommt in den geheimen Laboren der Life Foundation mit einer extraterrestrischen Lebensform, einem sogenannten Symbionten, in Kontakt, der den Körper des Journalisten fortan als Wirt benutzt. Das Ergebnis ist ein neues Mischwesen mit schwer kontrollierbaren Superkräften, das auf den Namen Venom hört.

Der von Hardy verkörperte Titelheld ist – zumindest auf dem Papier – eine reizvolle und spannende Figur, da aus dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Existenzen einiges an Reibung entsteht. Eddie reagiert zunächst vollkommen perplex auf seine übermenschlichen Fähigkeiten und wird zu seinem Entsetzen regelmäßig von der Stimme des außerweltlichen Geschöpfes verfolgt, das seine Persönlichkeit immer stärker zu verändern droht. Regisseur Ruben Fleischer (Gangster Squad) und die Drehbuchautoren konzentrieren sich allerdings nicht nur auf den Schrecken, der aus der Verschmelzung entsteht, sondern versuchen auch, fortlaufend komische Akzente zu setzen – was durch die fiebrig-aufgedrehte Spielweise des Hauptdarstellers verstärkt wird. Tom Hardy läuft verschwitzt und zerzaust durch das Geschehen und verleiht dem befallenen Brock eine ordentliche Portion Getriebenheit, die man gerne noch etwas ausgiebiger hätte in den Mittelpunkt rücken können. Auch weil sich der Unterhaltungswert der Zwiegespräche zwischen Eddie und seinem Alien-Parasiten auf Dauer abnutzt. 

Bei aller Freude über Hardys Over-the-top-Performance fällt auf, dass der Film die Ausdruckskraft des Charaktermimen nicht in dem Maße hervorkitzeln kann, wie es etwa vor kurzem der britischen TV-Serie Taboo gelang. Schön wäre es gewesen, wenn man noch tiefer in die Abgründe des Antihelden geblickt hätte. Und zudem wird die Entwicklung in der Beziehung zwischen Eddie und seinem „Begleiter“ nicht sorgfältig genug ausgearbeitet. Warum die außerirdische Lebensform ausgerechnet in seinem Körper längere Zeit verweilt und wie es zu einer freundschaftlichen Koexistenz kommt, erscheint rückblickend doch ein wenig behauptet. Sträflich verschwenderisch gehen die Macher mit Golden-Globe-Gewinnerin Michelle Williams (ausgezeichnet für My Week with Marilyn) um, die als Eddies frühere Partnerin in der Rolle einer Stichwortgeberin verharrt. Etwas mehr Profil erhält Bösewicht Drake, ohne allerdings über den Standardpart des größenwahnsinnigen Wissenschaftlers hinauszuwachsen.

Wie man es von vielen aktuellen Superheldenabenteuern kennt, fällt die Handlung nicht gerade durch besonders clevere Ideen und raffinierte Wendungen auf. Venom erzählt eine simpel gestrickte Geschichte, deren Düsterlook nicht kaschieren kann, dass wirkliche Ecken und Kanten fehlen. Die Spezialeffekte sind meistens nett anzuschauen. Und einige Actionsequenzen – vor allem die halsbrecherische Motorradfahrt durch San Francisco – schrauben den Puls in die Höhe. Atemberaubend ist unter dem Strich aber nur wenig. Ein Eindruck, der sich nach einem eher leidenschaftslos heruntergekurbelten 08/15-Krawall-Showdown verfestigt. 

Venom (2018)

Erstmalig in den Spider-Man-Comics zum Vorschein gekommen, wird „Venom“ nun seinen eigenen Film bekommen und sich des Körpers von Eddie Brock (Tom Hardy) bemächtigen. Dieser lebt in Symbiose mit diesem lebendigen, zähflüssigen Organismus, der Eddie Superkräfte verleiht und dessen Erscheinungsbild verändern kann. Doch die alienartige Substanz hat auch ihre Nebenwirkungen und löst in Eddie mehr Gewaltbereitschaft aus.

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