Valley of Flowers

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Liebe, Leben, Tod und Wiedergeburt

Über Jahrhunderte hinweg führte eine der wichtigsten Handelsrouten zwischen Orient und Okzident, die Seidenstraße, mitten durch das gewaltige Himalaya-Gebirge. Und es ist nicht nur Seide, die auf den Handelsrouten befördert wurde, sondern auch Parfüme und Gewürze, Edelsteine und allerlei andere seltene Güter. So viel Reichtum und Schätze wirken verlockend, zumal dann, wenn die Bevölkerung in dieser dünn besiedelten und unwirtlichen Region sich selbst kaum ernähren kann. Und so gehören Erzählungen und Berichte von den vorüberziehenden Karawanen und von Räubern zur Identität jener Region dazu und bilden die Wurzel für einen reichen Fundus an Sagen, Legenden und Geschichten. Von einer dieser Geschichten erzählt der indische Regisseur Pan Nalin (Samsara) in seinem neuen Film Valley of Flowers, der von einem Buch der Abenteuerin und Entdeckerin Alexandra David-Néel inspiriert wurde.
Im 19. Jahrhundert treibt der Bandit Jalan (Milind Soman) mit seiner Räuberbande sein Unwesen in den hoch gelegenen Pässen des Himalaya-Gebirges. Das Ziel der Schurken sind die vorbeiziehenden Karawanen. Die Beute wird zu gleichen Teilen unter den Mitgliedern der Bande aufgeteilt. Eines Tages aber schließt sich die ebenso geheimnisvolle wie schöne Ushna (Mylène Jampanoï), eine Frau unbestimmter Herkunft, der Bande an und weicht den Männern nicht mehr von der Seite. Jalan verliebt sich Hals über Kopf in die junge Frau, die mit unglaublicher Präzision vorhersagen kann, auf welchen Routen sich die beste Beute machen lässt. Doch es ist nicht nur ihr Gespür, sondern vor allem ihr Liebreiz, der Jalan beinahe um den Verstand bringt. Fast scheint es so, als habe Ushna mittels Zauberei vollständig Besitz vom Körper und Geist des Räuberhauptmanns ergriffen, dieser wendet sich mehr und mehr von seinen Kumpanen ab und lebt nur noch für seine Liebe zu Ushna. Berauscht von der Liebe lassen die beiden die Welt der materiellen Güter hinter sich und beginnen stattdessen Raubzüge der spirituellen Art, während denen sie Glück und Lebensenergie erbeuten. Die Götter sehen solche Anmaßungen nur ungern und die Strafe folgt auf dem Fuße. Doch die Liebe von Jalan und Ushna überwindet Zeit und Raum…

Zugegeben: Filme wie der jüngst an den Kinokassen gefloppte Film The Fountain von Darren Aronofsky oder Pan Nalins mysteriöse und esoterisch angehauchte Romanze Valley of Flowers haben es mit ihrer Verknüpfung von Spiritualität und den klassischen Erzählmustern schwer im Kino – zumindest bei einem Publikum, dass mit solchen Welt- und Lebensanschauungen nichts anzufangen weiß.

Aber ist es nicht andererseits so, dass wir sonst im Kino bedingungslos alles glauben? Superhelden, die schwerelos durch die Luft fliegen, haarsträubende Rettungsaktionen im letzten Moment, unmögliche Lieben und sagenhaftes Glück? Was hält uns also davon ab, nicht auch Pan Nalins berauschendem Märchen zu folgen, das das für uns bereithält, wovon wir manchmal im Verborgenen träumen: Ein wildes Leben in Freiheit, die eine Liebe, für die wir zu sterben bereit sind und die Gewissheit, dass diese Liebe Zeit und Raum überwinden kann? Vielleicht ist es Unsinn, an die dem Tod trotzende Macht der Liebe, an ein Weiterleben nach dem irdischen Ende und an die Wiedergeburt zu glauben – aber man wird ja wohl wenigstens davon träumen dürfen. Valley of Flowers liefert die passenden, überwältigenden Bilder dazu – ein gewaltiger, manchmal vielleicht ein wenig übertriebener Bilderbogen vor einer grandiosen Kulisse, ein Märchen, eine wilde Träumerei.

Valley of Flowers

Über Jahrhunderte hinweg führte eine der wichtigsten Handelsrouten zwischen Orient und Okzident, die Seidenstraße, mitten durch das gewaltige Himalaya-Gebirge.
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Meinungen

· 13.07.2007

ein sehr guter film

Tom · 10.06.2007

Ich bin mit großem Interesse in diesen Film gegangen. Unter anderem natürlich, weil ich zum einen sehr an Märchen und Erzählungen im Kino interessiert bin, zum anderen, weil ich den Film Samsara, welcher ebenfals von Pan Nalin stammt gut fand. Ich wurde leider durch ein experimentelles, aber inkonsistentes Liebesdrama überrascht, bei dem es auch nicht viel hilft sich in buddhistischer Mystik auszukennen.
Zudem habe ich das Gefühl, das der Buddhismus hier durch eine hinduistische Perspektive deutlich verzerrt dargestellt wird.
So handelt es sich z.B. bei Buddha nicht um ein "überirdisches Wesen", wie bei hinduistischen Göttern, sondern um die volle Entfaltung des Potentials unseres eigenen Geistes.

Trotzdem handelt es sich um einen in vielen Hinsichten Interessanten Versuch asiatische Spiritualität und die Tradition der Erzählung in dem Westlichen Medium de sFilm umzusetzen.
Es scheint bloß, das dem Regiseur, oder dem Autor die spezifischen Merkmale des Buddhismus und Hinduismus verschwimmen.

Jogi · 03.06.2007

Ich fand Valley of Flowers sehr interessant gemacht. Die Geschichte des Films wird langsam und liebevoll erzählt. Man sollte sich allerdings in der Buddischtischen Mhytologie etwas auskennen.

Er kommt ohne die übliche dauer- beschallung des Mainstream Kinos aus. Daher wirkt er an eingien Passagen etwas lang. Die stellenweise nur mit den Umgebungsgeräuschen ausgestattet ist. Die Filmmusik ist wunderbar und passt fast zu jeder Einstellung.

Den Übergang in die moderne Zeit finde ich persönlich gut gemacht. Der Zuschauer wird anhand von wichtigen und schreck- lichen Geschichtlichen ereignissen (z.B. 2 Weltkrieg) vom 19. Jahr- hundert in die Gegenwart geführt. Das ende ist mir zu konstruiert aber auch teilweise überraschend.

Ich bin durch diesen Film gut unterhalten worden. Er ist mal etwas anderes als das was zur Zeit sonst im Kino läuft. Man braucht allerdings etwas geduld.