Unter dem Regenbogen - Ein Frühjahr in Paris

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Wahre Märchen enden anders

„… und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende“ heißt es, wenn sich am Schluss eines Märchens Prinz und Prinzessin in den Armen liegen. An dieser titelgebenden Stelle beginnt Au bout du conte (der deutsche Titel lautet kaum weniger verträumt Unter dem Regenbogen), die neue Komödie des französischen Filmemacher-Paares Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri. Ein Leben jenseits des Märchens ist in modernen Beziehungszeiten doch meistens mit unangenehmen Details gefüllt: Enttäuschung, Trennung, Angst vor dem Alleinsein.
Marianne (Agnès Jaoui) hat sich vor kurzem von ihrem Mann getrennt und nimmt wieder Fahrstunden. Sie jammert ihrem Fahrlehrer Pierre (Jean-Pierre Bacri) vor, dass sie völlig unfähig sei, ein Auto zu steuern. Pierre antwortet, Erwachsene müssten ihre Ängste kontrollieren können. Das klingt aus seinem Mund besonders komisch, wird der Mann doch seit Tagen schon von der fixen Idee verfolgt, dass der herannahende 14. März sein Todestag sein könnte. Das hatte ihm vor Jahrzehnten einmal eine Astrologin vorausgesagt. Obwohl Pierre an so etwas natürlich nicht glaubt, reicht das Wiedersehen mit dieser Frau auf der Beerdigung seines Vaters, um ihn an nichts anderes mehr denken zu lassen.

Die Vorsehung, der Tod und die Liebe: Das sind nicht nur Themen für Märchen, sondern auch für die rationalen Bewohner von Paris in diesem Ensemblefilm. Mariannes 24-jährige Nichte Laura (Agathe Bonitzer) wartet auf die große Liebe und begegnet ihr auf einem Ball, beim ersten Blickkontakt mit Sandro (Arthur Dupont). Der Musikstudent und angehende Komponist ist Pierres Sohn aus dessen geschiedener Ehe. Als Aschenputtel-Typ, der stottert, kein Geld hat und sich wenig zutraut, passt er jedoch nicht so recht zur verwöhnten Tochter aus reichem Hause. Laura macht die Erfahrung, dass die eigenen Gefühle mitunter ein kurzes Verfallsdatum haben. Als die rothaarige Frau allein im Wald spazieren geht, spricht sie der attraktive Maxime Wolff (Benjamin Biolay) an.

Diese und weitere Charaktere begleitet die Komödie in kleinen, parallel erzählten Alltagsepisoden. Wie schon bei mehreren gemeinsamen Filmen fungiert Jaoui als Regisseurin, Co-Autorin an der Seite ihres Ehemanns Bacri und ist, wie er auch, in einer Rolle zu sehen. Zuletzt war das 2008 bei Erzähl mir was vom Regen der Fall, und wie dort plätschert die Handlung auch diesmal munter und sehr realitätsnah im Detail, aber ohne dramatische Fallhöhe, dahin. Die trockene Situationskomik auf dem heimischen Sofa, in der Fahrstunde oder beim Proben für ein Kindertheater entfaltet ihren Reiz noch wirkungsvoller im Kontrast zum Märchenzauber, der die visuelle Gestaltung prägt. Ein verlorener Schuh, ein Blick in den Spiegel, ein roter Apfel, eine Frau im Betäubungsschlaf — auch das echte Leben ist voller Zeichen, die entdeckt werden wollen. Aber wie im Märchen sind die Protagonisten oft nicht in der Lage, sie richtig zu deuten.

Jaoui und Bacri schmücken den Rätselparcours der Filmfiguren mit pittoresken, romantischen Kulissen, die der Stadt der Liebe gut stehen. Überblendungen und visuelle Effekte, die zum Beispiel ein gemaltes Bild zur reellen Landschaft schärfen, spielen mit dem Zauber der Fiktion, der unseren Wünschen und Sehnsüchten innewohnt. Ohne sie wäre das Leben seiner Geheimnisse und Überraschungen beraubt. Oft ist es der Dialog mit anderen, der einem, en passant, die Augen dafür öffnet. Bei Jaoui und Bacri sind solche Momente immer komisch und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Man sieht Pierre und die anderen über ihre Blockaden und Ängste stolpern, die ihnen bis dahin als richtungsweisende Wahrheit galten.

Der bezaubernde, heitere, aber tiefgründige Themen streifende Film hat natürlich auch eine in ihrer Ambivalenz tröstliche Botschaft. Sie liegt in der Prophezeiung, wie es nach dieser Geschichte mit Sandro und dem Rest der Truppe weitergeht. Und der nächste Film kann beginnen…

Unter dem Regenbogen - Ein Frühjahr in Paris

„… und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende“ heißt es, wenn sich am Schluss eines Märchens Prinz und Prinzessin in den Armen liegen. An dieser titelgebenden Stelle beginnt „Au bout du conte“ (der deutsche Titel lautet kaum weniger verträumt „Unter dem Regenbogen“), die neue Komödie des französischen Filmemacher-Paares Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri.
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