Kasym ist alt. Er lebt in der Steppe Kasachstans, liebt Fußball, seine Schafe und seine Familie. Mit seinem Enkel Erali gerät er öfter in Streit, aber als er mit seinen Schafen loszieht und nichts mehr von sich hören lässt, macht sich der Enkel Sorgen. Dafür hat er allen Grund, denn nicht nur wird das Wetter schlechter, auch ein Rudel Wölfe hat es auf den alten Mann abgesehen. Aber Kasym hat in seinem Leben so manches gelernt, und er weiß, wie man sich gegen Wölfe zur Wehr setzt.

Unter Bestien ist der kasachische Beitrag für den Auslands-Oscar. Überraschend ist das nicht, ist diese Adaption von Ernest Hemingways Geschichte doch ein faszinierender Film, dem es gelingt, das Ausgangsmaterial zu nehmen und seine Essenz zu erhalten. Zugleich macht sich Regisseur Ermek Tursunov den Stoff zu eigen. Er transformiert ihn auf eine Art, mit der der Geschichte nicht nur neue Aspekte abgewonnen werden, sondern sie auch authentischer Teil eines gänzlich neuen Settings wird.

Es ist eine der Stärken des Films, dass die Hauptrolle mit einem Mann besetzt wurde, der kein professioneller Schauspieler ist, aber dafür eine Authentizität mitbringt, die sich ansonsten nicht eingestellt hätte. Erbulat Toguzakov ist ein alter, gebrechlicher, vom Leben gezeichneter Mann, der sich nicht mehr auf seine Orientierungsfähigkeit verlassen kann und im Kampf gegen Mutter Natur auch den eigenen Dämonen begegnen muss, die ihn schon seit Jahren quälen. Es ist bewundernswert, wie Toguzakov dies spielt. Er ist ein Mann, dessen Fokus immer mehr auf puren Instinkt heruntergebrochen wird, der einen ewig alten Kampf ausficht, welcher weit abseits des bisschen Zivilisation stattfindet, die der alte Kasym erlebt hat.

So wie das Meer bei Hemingway wird die Steppe bei Tursunov zum dritten Hauptdarsteller, zu einer unerbittlichen, schönen, aber zugleich tödlichen Landschaft, in der kein Fehler vergeben wird und der Untergang in jedem Moment droht. Es sind Bilder von archaischer Kraft und Schönheit, die Tursunov hier findet. Unter Bestien ist die grandiose Interpretation eines Klassikers, ein Film von erhabener Würde, dessen existenzialistische Geschichte noch lange nachwirkt.