Unruhige Nacht

Eine Filmkritik von Jean Lüdeke

Die Mühlen der Diktatur

1958, mitten in der bundesdeutschen Wiederbewaffnungsdiskussion, dreht Regisseur Falk Harnack Unruhige Nacht. „Damit wird mit einer Deutlichkeit gegen den Krieg Stellung bezogen, wie es sich der deutsche Nachkriegsfilm noch nie geleistet hat. In einer Zeit, in der das Thema Krieg auf der Leinwand ohne Bedenken und Verantwortung zu Schundpreisen ausgebeutet wird, kann diese Tat nicht hoch genug veranschlagt werden“, schrieb der Evangelische Filmbeobachter vor knapp einem halben Jahrhundert.
Fedor Baranowski (Hansjörg Felmy), ein deutscher Landser, kämpft an vorderster Front in Russland. Als er die Ukrainerin Ljuba (Anneli Sauli) kennen lernt, ist es um ihn geschehen. Doch schon bald kann das Paar seine Liebe nicht mehr verheimlichen und muss sich in den Wäldern verstecken. Ihre gemeinsame Zeit ist jedoch nicht von Dauer, denn Fedor und Ljuba werden entdeckt. Auf Fahnenflucht steht die Todesstrafe, und so kommt Fedor ins Gefängnis. Ein Kriegspfarrer (Bernhard Wicki) soll ihn auf seine letzten Stunden und seinen nahenden Tod vorbereiten. Voller Mitgefühl bringt es der Pastor es kaum übers Herz, Fedor seinem Schicksal zu überlassen.

Kein einfaches Schicksal hatte auch Regisseur Falk Harnack. 1942 nahmen einige Mitglieder der Münchner Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, unter ihnen Hans Scholl, Kontakt zu ihm auf. Über ihn wollten sie Verbindung zu der Berliner Widerstandszelle um seinen Bruder Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen herstellen. Doch noch im selben Jahr wird die Berliner Gruppe, die von der Gestapo „Rote Kapelle“ genannt wurde, enttarnt. Viele Mitglieder wurden hingerichtet, auch Harnacks Bruder und dessen Ehefrau Mildred. Falk Harnack wird ebenfalls verhaftet und vor dem berüchtigten Volksgerichtshof angeklagt. Überraschend wird er aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Im August 1943 wird seine Wehrmachtseinheit nach Griechenland verlegt. Als er im Dezember verhaftet und in ein KZ gebracht werden sollte, gelingt ihm, dank der Hilfe eines Vorgesetzten, die Flucht.

Unruhige Nacht ist eine konsequente und unerbittliche Absage an den Krieg. Harnack kontrastiert bewusst Sekundärtugenden wie Ordnung und Gehorsam, die den Nazis das Regieren überhaupt ermöglichten, mit Werten wie Liebe und Freiheit, die von dem totalitären Regime sofort unterdrückt werden, um seinen Bestand nicht zu gefährden.

Unruhige Nacht

1958, mitten in der bundesdeutschen Wiederbewaffnungsdiskussion, dreht Regisseur Falk Harnack Unruhige Nacht.
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