Um jeden Preis (2012)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Größer, weiter, besser – bis es nicht mehr geht

Die Hauptfigur in Ramin Bahranis Film Um jeden Preis ist eine Art Willy Loman des agrikulturellen Geschäfts. Damit ist er nicht allein, alle Farmer leben nach zwei Mottos, die im Grunde ein und dasselbe sind: „Expandiere oder stirb“ und „Werde größer oder gib auf“.
Henry Whipple (Dennis Quaid) ist ein Großfarmer, der nicht nur das eigene Land bestellt, sondern auch das genetisch veränderte Saatgut von Liberty an seine Nachbarn verkauft. Doch er handelt sich Ärger ein, weil er die strengen Regularien von Liberty umgeht. Derweil möchte sein Sohn Dean (Zac Efron) Rennfahrer werden, was für Spannungen sorgt, da Henry darauf hofft, dass sein Sohn den Farmbetrieb mal übernehmen wird. Doch beide Männer laufen Gefahr, zu verlieren, was sie am meisten lieben, auch wenn sie sich dessen gar nicht sicher sind.

Um jeden Preis ist ein vielschichtiger Film, ein Kommentar nicht nur auf die Pervertierung des amerikanischen Traums, in dem alles immer größer, weiter, besser geht, sondern auch auf eine Gesellschaft, in der der Einzelne mehr als die Gemeinschaft zählt – und am Ende jene belohnt werden, die die Regeln brechen und beugen, weil sie damit durchkommen und schließlich besser als zuvor dastehen. Bahrani hat seinen Film mit einer bitteren Botschaft ausgestattet, aber auch mit einer Wahrhaftigkeit, der man sich nicht entziehen kann. Er zeigt Familie als das, was sie im Idealfall immer sein sollte: Eine Einheit, die aller erschreckenden Erkenntnisse zum Trotz zusammenhält, komme, was da wolle.

Die Authentizität seines Films unterstreicht er auch dadurch, dass nicht alle Träume wahr werden. Manchmal muss man sie beerdigen, weil man nicht die Kraft hat, sie weiterzuverfolgen, oder nicht gewillt ist, sich nach einer Niederlage wieder zu erheben. So geht es den echten Menschen da draußen. Für einen Hollywood-Film ist es darum umso ungewöhnlicher, dass Deans Träume nicht wahr werden, der Rennfahrerplot wird alsbald beendet, ohne eine echte Auflösung zu haben. Auch in der Beziehung imitiert Um jeden Preis das Leben.

Das gilt aber auch in anderer Hinsicht. Er zeichnet das Bild von Menschen, die fehlbar sind. Für Dennis Quaid stellt dies die Herausforderung seines Lebens dar. Er bewegt sich außerhalb seiner Wohlfühlzone und ohne, dass er auf seine üblichen schauspielerischen Tricks zurückgreifen kann. Bahrani kitzelt aus ihm eine Darstellung heraus, die man nur als die Rolle seines Lebens bezeichnen kann. Er porträtiert einen Mann, dem der Stress ins Gesicht geschrieben steht, der sich selbst für einen guten Kerl hält, der aber erkennen muss, dass er das eben nicht ist. In der Außenwahrnehmung ist Henry Whipple ein guter Ehemann, ein guter Vater, ein toller Geschäftsmann, in Wahrheit ist er nichts davon. Und diese Erkenntnis trifft ihn am Ende mit aller Wucht. Zurück bleibt ein gebrochener Mann, der nur noch die Fassade aufrecht erhält, mehr aber auch nicht.

Um jeden Preis ist eine exzellente Charakterstudie, die in Frage stellt, ob die Werte, die die Gesellschaft sich gesetzt hat, überhaupt noch vertretbar sind. In einer Welt voller Grauzonen erinnert Bahrani daran, dass das Geschäft nicht über alles geht, dass Reichtum und Wohlstand nicht das Endziel sein können, sondern dass es andere Werte im Leben gibt, die jedoch drohen, in Vergessenheit zu geraten. Der moralische Kompass geht abhanden, am Ende bleibt nur die Ernüchterung, dass man sich im Herzen für einen guten Menschen halten mag, es aber nicht ist. Eine bemerkenswerte Erkenntnis eines nicht minder bemerkenswerten Films.

Um jeden Preis (2012)

Die Hauptfigur in Ramin Bahranis Film „Um jeden Preis“ ist eine Art Willy Loman des agrikulturellen Geschäfts. Damit ist er nicht allein, alle Farmer leben nach zwei Mottos, die im Grunde ein und dasselbe sind: „Expandiere oder stirb“ und „Werde größer oder gib auf“.
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