Tote schlafen fest

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Sonntag, 12. Juli 2015, ARTE, 20:15 Uhr

Keine andere literarische Figur hat das Bild eines ganz speziellen Typs von Privatdetektiv so markant geprägt wie Raymond Chandlers Philip Marlowe, der nach Stippvisiten in dessen frühen Kurzgeschichten zum Helden seines ersten Romans The Big Sleep / Der tiefe Schlaf (später auch: große) aus dem Jahre 1939 avanciert. Der zynische, in Los Angeles angesiedelte selbst ernannte Romantiker, der gern raucht, Bourbon trinkt und solitären Schach spielt, bewegt sich als idealistischer Einzelgänger und Frauenschwarm mit milder Melancholie durch den Morast der urbanen Kriminalität. In Howard Hawks düsterem, schattenreichem Krimi-Klassiker Tote schlafen fest aus dem Jahre 1946 ist es der „größte männliche amerikanische Filmstar aller Zeiten“ (American Film Institute) Humphrey Bogart (1899-1957), der den illusionsarmen Ermittler verkörpert, und an seiner Seite spielt die spätere Leinwandlegende Lauren Bacall, die im vergangenen August im Alter von 89 Jahren verschied.
Der alte, im Rollstuhl sitzende und bereits todkranke General Sternwood (Charles Waldron), der sich bevorzugt in seinem pompösen Gewächshaus aufhält, engagiert den Privatdetektiv Philip Marlowe, weil ihn gerade wieder einmal die Eskapaden seiner jüngsten, allzu drogenaffinen Tochter Carmen (Martha Vickers) überfordern, mit denen sie erpresst wird. Bei der Begegnung mit deren älterer, äußerst aparter Schwester Vivian (Lauren Bacall) vermutet Marlowe bereits, dass sich einiges mehr hinter dem schlichten Auftrag verbirgt, und in der Tat führen ihn die einsetzenden Ermittlungen rasch auf die Fährte eines gewissen Sean Regan, der bei den Sternwoods angestellt und nunmehr unauffindbar verschwunden ist. Auch der einflussreiche Gangsterboss Eddie Mars (John Ridgely) ist offensichtlich in die unüberschaubare, vielschichtige Geschichte verstrickt, und so fasziniert Marlowe von der klugen, charismatischen Vivian auch ist, bleibt ihm doch nicht verborgen, dass sie einige Informationen ganz bewusst vor ihm verheimlicht …

Anlässlich des Todestages von Lauren Bacall, der sich im kommenden August jährt, zeigt ARTE nicht nur diesen atmosphärisch dichten Film Noir mit seiner imposanten Besetzung des populären Filmpaars, das seit 1945 privat miteinander verheiratet war, sondern um 22:05 Uhr im Anschluss daran zusätzlich die Dokumentation Bacall on Bogard von David Heeley von 1988. Während Lauren Bacall hier als Erzählerin der professionellen Biographie ihres mit 57 Jahren verstorbenen Mannes vor dem Hintergrund der illustren Hollywoodindustrie fungiert, äußern sich auch Filmgrößen wie Katherine Hepburn, Ingrid Bergman, John Huston und Peter Bogdanovich persönlich oder im Rahmen von Archivaufnahmen über den als Ikone verehrten Humphrey Bogart. In vier Filmen trat dieser gemeinsam mit seiner letzten Ehefrau auf, wobei Tote schlafen fest nach Haben und Nichthaben / To Have and Have Not von 1944 ebenfalls von Howard Hawks die zweite Zusammenarbeit des Paares markiert, und für beide Filme hat kein Geringerer als der Literaturnobelpreisträger William Faulkner erheblich an der Entstehung der Drehbücher mitgewirkt.

Tote schlafen fest

Keine andere literarische Figur hat das Bild eines ganz speziellen Typs von Privatdetektiv so markant geprägt wie Raymond Chandlers Philip Marlowe, der nach Stippvisiten in dessen frühen Kurzgeschichten zum Helden seines ersten Romans „The Big Sleep“ / „Der tiefe Schlaf“ (später auch: große) aus dem Jahre 1939 avanciert. Der zynische, in Los Angeles angesiedelte selbst ernannte Romantiker, der gern raucht, Bourbon trinkt und solitären Schach spielt, bewegt sich als idealistischer Einzelgänger und Frauenschwarm mit milder Melancholie durch den Morast der urbanen Kriminalität.
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