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Eigentlich sollte diese Tomb-Raider-Verfilmung ein Selbstläufer in Sachen Action-Film sein. Aber wenn man sich ganz viel Mühe gibt, kann man auch das versauen. Und die Macher haben sich hier wirklich viel Mühe gegeben …

Tomb Raider (2018)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Jump and Run, Girl!

Im Zuge der Hollywood-Blockbuster-Rettungsmaßnahmen darf ein Reboot von Tomb Raider natürlich nicht fehlen. Der Zeitpunkt könnte besser nicht sein: Actionfilme können im Fahrwasser der SuperheldInnen-Filme gut mitschwimmen und mit einer weiblichen Hauptfigur kann man sowohl das als klassisch definierte männliche Publikum gewinnen als auch das weibliche, das sich danach sehnt, mehr Frauen in tragenden und aktiven Rollen zu erleben. Wer würde da besser passen als Lara Croft?

Die Idee ist gut, Lara Croft (Alicia Vikander) eignet sich wahrhaftig als gute Actionfigur, wenn man sie von den sexistischen Tendenzen der Originalspiele löst und ihr als Figur Respekt und Tiefe gibt. Und in der Tat hat Regisseur Roar Uthaug zusammen mit seinem Drehbuchteam besonderes Augenmerk darauf gelegt, Croft aus ihrer Rolle als sexy Jump-and-Run-Girl mit großer Oberweite und klitzekleiner Taille zu lösen.

Und so zieht sich Tomb Raider vor allem auf eine Origin Story zurück, die Croft als junge Frau einführt, die nach sieben Jahren noch immer auf ihren verschollenen Vater (Dominic West) wartet und mit dem Erbe, das sie antreten soll, und ihren Aufgaben eher hadert, als sie vollumfänglich zu begrüßen. Lara ist in einer spät-adoleszenten Phase, in der sie ihre eigene Identität noch suchen muss. Hier könnte es äußerst spannend werden, ist solch ein Coming-of-Age-Prozess doch durchaus dankbares Material für tiefgründige Charakterentwicklung. Aber Pustekuchen. 

Statt einen dreidimensionalen Charakter zu formen oder die Neuentwicklung des „Action-Girls“, die mit Atomic Blonde und Proud Mary gerade geschieht, mitzubestimmen, setzt Roar Uthaug auf Altbackenes und zeichnet Croft lieber als fast vollständig fremdbestimmt. Vor allem zwei Themen werden dafür auserkoren und ad infinitum wiederholt. Da ist einerseits ihre Sehnsucht nach dem Vater, der sie einst für Abenteuer und die Rettung der Menschheit verließ, und andererseits eine ominöse, orthodoxe Idee davon, was es heißt, ein(e) Croft zu sein. Während letzteres einfach immer wieder formelhaft dahingesagt wird, als könne man sich als Mensch nicht trotzdem selbstbestimmt entfalten, auch wenn man einer bestimmten Familie angehört, sind die klassisch Freud’schen Vaterprobleme hier von besonders perfider Art: Sie werden als einzige Motivation für sämtliche Handlungen der Hauptfigur angeführt, die damit so stark entmündigt wird, dass man gar nicht mehr hingucken will.

Und so geschieht was geschehen muss: Lara bekommt einen Hinweis darauf, wo ihr Vater sein könnte und zieht Hals über Kopf los, um ihn zu finden. Doch vorher fügt der Film noch ein paar Trainingssequenzen ein, denn eine Frau im Action-Modus muss erst einmal als solche validiert werden. Auf ihrer Suche, die sie nach Bangkok führt, sucht sie sich dann sofort einen weiteren Mann, der ihr helfen muss. Lu Ren (verschenkt: Daniel Wu) ist der Sohn des Mannes, der ihrem Vater vor Jahren half, auf eine unbewohnte Insel zu gelangen, auf der Überreste der Himiko, erste Königin der Yamatai (jetzt Japan), zu finden sind. Diese sollen magische Kräfte haben und Himiko, die Königin des Todes, soll von ihren Generälen auf diese Insel verbannt worden sein, zusammen mit ihrem Todesfluch.

Hier nähert sich der Film dann auch den archäologischen und mystischen Komponenten der Tomb-Raider-Serie an und verankert sie in sehr klassischen Bildern und Erzählungen, die stark an die Indiana-Jones-Filme der 1980er Jahre erinnern. Und das reicht bis hin zum Antagonisten Mathias Vogel (Walter Goggins), der schwitzend und fluchend auf der Insel sitzt und auch ansonsten eine Mischung aus leicht trashigem Slapstick und eiskaltem Killer ist, die mitunter recht eigenartige Blüten treibt. Was Vogel allerdings nicht ist: ein interessanter Gegenspieler. Vielmehr nimmt er abermals eine väterlich-herablassende Rolle gegenüber Croft ein, die allerdings nirgends so recht hinführt und Croft ebenfalls nicht viel gibt, mit dem sie arbeiten kann.

Also verweilt der Film in klassischen Szenen und Action-Momenten, die man alle schon einmal gesehen hat. Und sie funktionieren. Der Action-Aspekt des Films löst die Affekte aus, die man erwartet – und trotzdem, es langweilt alsbald. Tomb Raider vermag einfach nichts Neues zu kreieren und seine Hauptfigur ist kaltgestellt, noch bevor die Action so richtig losgeht. Nicht einmal als Actionheldin darf sie so recht brillieren, ihre ikonischen Pistolen gibt es nicht, nur Pfeil und Bogen (die neue Go-To-Frauenwaffe seit Hunger Games) sind ihr gestattet, und wenn sie hier und da einmal Rätsel lösen darf, so entzündet dies kaum Neugier, denn bis dahin hat man das Interesse an ihr schon verloren. 

Und so ergibt sich aus dem generischen Einheitsbrei mit einer von Anfang an kastrierten Hauptfigur letztendlich nicht viel, außer ein Film, der von vorn bis hinten eine vertane Chance ist und schnell vergessen sein wird. Schade.

Tomb Raider (2018)

Lara Croft kehrt ins Kino zurück. Für die neue und radikal generalüberholte Verfilmung von „Tomb Raider“, welche sich an den jüngeren Spielen der Franchise orientieren wird, schlüpft Alicia Vikander in die Rolle der Videospiel-Ikone.

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Meinungen

Kate · 03.04.2018

bester Film! <3