Time Out of Mind

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Auf der Straße

In erster Linie ist Time Out of Mind ein Film, der es gut meint. Das ist es auch, was Richard Gere ansprach. Er wollte mit seiner Darstellung Aufmerksamkeit auf jene lenken, die in der Gesellschaft nur zu häufig völlig übersehen werden. Eine ehrenwerte Mission, aber eine, die durch diesen Film nur bedingt erfüllt wird.
George (Richard Gere) ist ein obdachloser Mann, der Schutz vor der Kälte sucht. Er findet eine Unterkunft in einem Männerheim, darf dort aber nur die Nächte verbringen. Tagsüber ist er draußen, in der Kälte, in der Ungewissheit, in der Isolation, beinahe unsichtbar, da ihn niemand wahrnimmt. Erst im Heim findet er wieder zu sich und zu der Stärke, sich an seine ihm entfremdete Tochter zu wenden. George möchte eine Chance auf ein Leben, auch wenn nichts dafür spricht, dass er sie bekommt.

Time Out of Mind bleibt unnahbar – sowohl inhaltlich als auch visuell. Der Regisseur setzt häufig auf Weitwinkel, opfert damit aber die Annäherung an seine Hauptfigur. Dieser George bleibt dem Zuschauer fremd, und das nicht nur, weil man immer von ihm losgelöst ist, sondern auch, weil er sich selbst fremd ist. Er verleugnet sich selbst, er sieht sich nicht als Obdachloser, nur als jemand, der Pech hatte, der gerade zwischendrin ist, der sich aber wieder aufrappeln wird. Mit jeder verstreichenden Minute stellt sich aber mehr das Gefühl ein, einem Mann auf seinem letzten Weg zu folgen. Eine Rückkehr gibt es nicht.

Das Drehbuch setzt darauf, das realistische Bild eines Lebens als Obdachloser zu zeigen, es bietet aber nichts, was man sich nicht ohnehin schon vorgestellt hat, wenn man sich diesem Film hingibt. Das Problem ist zudem, dass der Aufbau sehr langsam ist. Time Out of Mind fordert Geduld ein, aber die ist nur schwer aufzubringen, weil das Werk auch immer so gestaltet ist, dass es Szenen nicht erlaubt wird, sich in ihrer logischen Konsequenz zu entfalten. Viel zu häufig blendet der Film weg und geht über zur nächsten Szene, womit Drama geopfert und dem Zuschauer verweigert wird, sich wirklich und wahrhaftig auf Figur und Geschichte einzulassen.

Oren Movermans Film ist nicht so effektiv, wie er sein könnte. Er ächzt und stöhnt unter dem eigenen Anspruch, dem er in dieser Form schlicht und ergreifend nicht gerecht wird. Das einzige, was ihn dann doch sehenswert macht, ist Richard Gere, der eine zurückgenommene und bemerkenswerte Darstellung abliefert, die so gut ist, dass ein Tourist in New York nicht erkannte, dass hier gedreht wird und dem vermeintlichen Penner ein Stück Pizza geschenkt hat…

Time Out of Mind

In erster Linie ist „Time Out of Mind“ ein Film, der es gut meint. Das ist es auch, was Richard Gere ansprach. Er wollte mit seiner Darstellung Aufmerksamkeit auf jene lenken, die in der Gesellschaft nur zu häufig völlig übersehen werden. Eine ehrenwerte Mission, aber eine, die durch diesen Film nur bedingt erfüllt wird.
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