Those People

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Eine queere beste Freundschaft

Sind sie jetzt nur beste Freunde oder ist da mehr? Diese Frage schwebt über der Beziehung zweier New Yorker Männer in ihren Zwanzigern. Charlie (Jonathan Gordon) trägt in seinem Herzen zwei Geschenke, die er von Sebastian (Jason Ralph) im Alter von elf Jahren erhielt. Damals verkroch sich Charlie, todunglücklich darüber, dass der Vater der Familie den Rücken gekehrt hatte, bei Sebastian unter dem Bett. Der Freund kam zu ihm, um ihn zu trösten, und gab ihm einen Kuss. In dem Moment erkannte Charlie nicht nur das Wesen der Freundschaft, sondern auch seine sexuelle Orientierung.
Längst sehnt sich der Malereistudent Charlie danach, dass aus der so innigen, aber platonischen Beziehung zu Sebastian mehr wird. Aber der reiche Freund vergnügt sich lieber mit anderen Männern und braucht dennoch dringend Charlies Beistand. Denn wenn die beiden mit ihrer kleinen Clique in Manhattan um die Häuser ziehen – eine spaßverwöhnte Jeunesse dorée – lauern ihnen Pressefotografen auf und überall kann sie der schwelende Hass der Gesellschaft einholen. Sebastian ist nämlich der Sohn eines Finanzmagnaten, der hinter Gittern sitzt, weil er viele Menschen um ihr Vermögen gebracht hat. Sich mit dem jungen Erben zu zeigen, gilt nicht länger als vorteilhaft und Sebastian treibt nicht frei von Selbstmitleid die Frage um, ob er ein schlechter Mensch sei. Es gibt nicht viele, die da noch widersprechen, und niemanden, der das so vehement und liebevoll wie Charlie tut.

An dramatischen Inhalten fehlt es dieser romantischen Coming-of-Age-Geschichte des Debüt-Regisseurs Joey Kuhn nicht. Aber sie werden in einem leichten, boulevardesken Stil vorgetragen, der sich gut mit der jugendlich fantasievollen Textur dieser Freundschaft verträgt. Charlie und Sebastian haben sich in seiner noblen Wohnung mit ihrem gediegenen Mobiliar ein Refugium erschaffen, in dem sie sich zu ihrem Vergnügen mit den schönen Künsten befassen. Leidenschaftlich messen sie sich im Rezitieren eines Schnellsprech-Gesangs aus der komischen Oper Die Piraten von Penzance von Gilbert und Sullivan.

Sebastian, der Tonangebende in der Freundschaft, lässt sich gerne vom kleinen Charlie anhimmeln, reagiert aber sehr eifersüchtig, als dieser eine Affäre mit dem Pianisten Tim (Haaz Sleiman) beginnt. Die Dreiecksbeziehung setzt Kräfte frei, die alle Gewissheiten erschüttern und die beide Freunde aus ihrem geschützten Wolkenkuckucksheim holen. Charlie ist der begeisterungsfähige, naiv Staunende, der auf einmal Position beziehen muss. Sebastian wirkt zerrissen hinter seiner weltläufigen Fassade und Tim, der reifste von ihnen, strahlt virile Selbstsicherheit aus. Diese Verschiedenheit der Charaktere würzt das flüchtig inszenierte, bühnenhafte Geschehen mit Spannung.

Die Rollen sind nicht frei von Holprigkeiten, im Gegenteil: Manche Dialoge und Auftritte wirken in ihrer Gerafftheit sprunghaft und aufgesetzt. Aber der inhaltliche Kern, der sich nach und nach herausschält, ist alles andere als trivial und schimmert wie eine zeitlose Kostbarkeit. Wenn Charlie und Sebastian ihre Beziehung minutiös ausloten, stellen sie fest, dass ihnen die gängigen Unterscheidungen zwischen Freundschaft und Liebe nicht unbedingt weiterhelfen. Coming-of-Age heißt nicht, den Klischees zu entsprechen, sondern sich nicht selbst zu verraten.

Those People

Sind sie jetzt nur beste Freunde oder ist da mehr? Diese Frage schwebt über der Beziehung zweier New Yorker Männer in ihren Zwanzigern. Charlie (Jonathan Gordon) trägt in seinem Herzen zwei Geschenke, die er von Sebastian (Jason Ralph) im Alter von elf Jahren erhielt. Damals verkroch sich Charlie, todunglücklich darüber, dass der Vater der Familie den Rücken gekehrt hatte, bei Sebastian unter dem Bett.
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