The Salvation

Eine Filmkritik von Festivalkritik Cannes 2014 von Beatrice Behn

Wenn Dänen wütend werden...

Es hat schon eine gewisse Tradition, dass die Programmgestalter des Filmfestivals von Cannes zwischen problembeladenem Weltkino und kunstvoll-langsamem „cinema auteur“ kleine Genreperlen unter das Filmvolk streuen, die vor allem dazu dienen, den leidgeplagten Kritikern ein wenig Raum zum Durchatmen und für cineastischen Spaß zu lassen. Beim Jahrgang 2014 kam diese Aufgabe Kristian Leverings dänischem Western The Salvation zu, der in der Reihe „Midnight Movies“ zu sehen war.
Müsste man den Film in einem Satz zusammenfassen, so würde dieser lauten: Mads Mikkelsen spielt in einem klassischen Western einen Mann, der schlecht behandelt wird und dafür blutige Rache nimmt. Man ahnt es gleich, ein neues Konzept oder etwas Überraschendes gibt es hier wahrscheinlich nicht zu sehen. Dafür aber Altbekanntes und gut gemachtes Genrekino aus Dänemark, welches sich mehr als einmal vor seinen großen Vorgängern verneigt und ansonsten selbstgenügsam Spaß an und mit der Materie hat. Getragen wird der Film vor allem von Charaktergesicht Mads Mikkelsen, im Film Jon genannt, der zusammen mit seinem ebenfalls breitkiefrigen Bruder im Amerika der 1870er Jahre ein neues Leben aufzubauen sucht. Sieben Jahre lang war er von Frau und Kind getrennt, die nun endlich nachkommen. Als sich die wiedervereinte Familie in einer Kutsche auf den Weg begibt, geraten sie in die Hände eines gerade frisch entlassenen Gangsters, der, ausgehungert durch den Knast, der schönen Ehefrau zu nahe kommt. Jon wird aus der fahrenden Kutsche geworfen und als er die Ganoven später wieder einholt, sind Sohn und Ehefrau tot.

Schnell kann er die Täter zur Strecke bringen und da wundert man sich schon, dass die Rache, auf die man ja gewartet hat, so schnell stattfindet. Aber Jon hat die Rechnung ohne Delarue, den Bruder des Gangsters gemacht, der, um den Schuldigen zu finden, sogar bereit ist eine ganze Stad zu vernichten. Deren verängstigte Anwohner verraten aber lieber sofort Jon, denn nur das, so meinen sie, könnte ihre Rettung sein. The Salvation — die Erlösung — ist hier also durchaus eine anrüchige und gar nicht so christliche Angelegenheit. Auch nicht vergessen sollte man den wunderbaren Auftritt von Eva Green als Princess. Für ihre Rolle musste sie keine Dialoge lernen, Green spielt eine junge Frau, der die Indianer die Zunge herausgeschnitten haben. Doch was Princess nicht besprechen kann, kommuniziert sie über ihre stechend grünen Augen und über ihre Sturheit. Der Tod des Gangsters, der ihr Freund war, bringt sie alsbald in Bedrängnis, da sein Bruder schon lange darauf wartet Hand anzulegen. Doch Princess ist eine schlaue, einfallsreiche Frau und kein Weibchen, wie man sie sonst aus klassischen Western kennt. Und Jons Rache kommt ihr ganz Recht.

Im Endeffekt ist The Salvation ein solider Western, der genau das liefert, was man erwartet. Dazu bemüht er sich noch visuell besonders ästhetisch zu wirken. Oft sind die Bilder in tiefes schwarz/blau oder ein flimmerndes orange/gelb getaucht und erinnern manchmal sogar ein wenig an Robert Rodriguez‘ Sin City. Und natürlich wird auch dem großen Sergio Leone gehuldigt. Eine Großaufnahme auf die Augen des leidenden Protagonisten genügt um alle Genrekonventionen abzurufen. Und dann heißt es: zurücklehnen und mit Vergnügen dabei zugucken, wie Mads Mikkelsen den Laden zerlegt.

(Festivalkritik Cannes 2014 von Beatrice Behn)

The Salvation

Es hat schon eine gewisse Tradition, dass die Programmgestalter des Filmfestivals von Cannes zwischen problembeladenem Weltkino und kunstvoll-langsamem „cinema auteur“ kleine Genreperlen unter das Filmvolk streuen, die vor allem dazu dienen, den leidgeplagten Kritikern ein wenig Raum zum Durchatmen und für cineastischen Spaß zu lassen. Beim Jahrgang 2014 kam diese Aufgabe Kristian Leverings dänischem Western „The Salvation“ zu, der in der Reihe „Midnight Movies“ zu sehen war.
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Meinungen

Martin Zopick · 08.07.2023

Dieser Neowestern hat alle Qualitäten der guten alten Klassiker von Sergio Leone oder Fred Zinnemann. Eine ausgezeichnet Kameraarbeit setzt die Handlung in wunderbare Bilder um (z.B. die Durchschüsse durch eine Bretterwand mit Sonnenscheineffekt). Dabei folgt die Handlung eigentlich dem üblichen Rachemuster. Der dänische Einwanderer Jon (Mads Mikkelsen) verliert seine Familie durch Strauchdiebe, die für den Oberbösewicht Delarue (Jeffrey Dean Morgan) arbeiten. Ein Rachefeldzug beginnt. Was die Brutalität angeht kann es dieser Western durchaus mit den Vorbildern aus der Italo-Ecke aufnehmen. Die Dialoge zeigen Niveau und enthalten bisweilen sogar etwas Zynismus. Und die Promiriege der Darsteller kann sich sehen lassen.
Da gibt es den opportunistischen Bürgermeister Keane (Jonathan Price) der ebenso für Delarue arbeitet wie der Korse (hier eher unbedeutend Eric Cantona). Das bittere Ende von Jons Bruder Peter (Mikael-Beck-Persbrandt) verstärkt noch das Bild von Delarue, genau wie die Behandlung von Madelaine (Eva-dieTräumer-Green), seiner ‘Prinzessin‘ – wie Delarue sie nennt. Die Spannung bleibt hoch.
Am Ende ist alles bereitet und man kann Jons Racheorgie mit Genugtuung anschauen. Ehe Jon und Madeleine davonreiten, zieht sich die Kamera diskret zurück und wirft einen letzten Blick auf eine Ölpumpe: die Zukunft der Gegend.
Und der Titel? Bleibt unverständlich. Hier wird keiner erlöst, gerettet oder findet sein Heil. Aber sonst ist der Film ganz große Klasse. Dabei hat Regisseur Kristian Levring bis dato erst eine Handvoll Filme gemacht.

Hartmut T. · 07.10.2014

Der Film bedient sich an sämtlichen einschlägigen Vorbildern, von 1940 bis 2012, jedoch ohne deren Einzigartigkeit zu erreichen. Deswegen ist die Handlung eigentlich auch vorhersehbar, mit ein paar kleinen Überraschungen im Detail. Dennoch hat sie originelle Aspekte. Wer das Genre mag, wird jedenfalls gut bedient.