The Returned

Eine Filmkritik von Janosch Leuffen

Kein Zombie hängt am Glockenseil

Zombies in der Filmgeschichte – da gab es doch schon jede erdenkliche Ausarbeitung. Ob die klassische Variante von schlurfenden Untoten (Night of the Living Dead) oder schnelle und verbündete (World War Z). Ob Zombies, die als Haustier gehalten (Fido) oder die, die mit Schallplatten in die Flucht geschlagen werden (Shaun of the Dead) – das Genre scheint abgegrast. Doch jetzt geht Manuel Carballo hin und präsentiert mit The Returned den wohl ersten Zombiefilm ohne Zombies.
Die Welt sieht sich mit schweren Zeiten konfrontiert. Über 100 Millionen Menschen wurden von einem Virus infiziert, der sie in blutrünstige Zombies verwandelt hat. Viele von ihnen haben mittlerweile das endgültige Ende erfahren. Aus den Leichen konnten Wissenschaftler jedoch ein Protein gewinnen, das einer Infektion entgegenwirken kann. Wird das Serum direkt nach einem Biss in die Blutbahn gepumpt, kann es den Ausbruch der schädlichen Bakterien verhindern. Einziger Nachteil: Es muss lebenslang gespritzt werden. Doch je mehr es von diesen sogenannten „Returned“-Menschen gibt, desto größer ist die Nachfrage nach den heilungsversprechenden Ampullen. Ein erbitterter Kampf beginnt.

Welch cleverer Einfall von Drehbuchautor Hatem Khraiche, die mutierte Spezies einfach außen vor zu lassen und stattdessen ein sozialkritisches Drama über (unverständliche) Beweggründe der Menschheit zu erzählen. Khraiche, der mit Das verborgene Gesicht schon 2012 für eine kleine Überraschung beim Fantasy Filmfest sorgte, rückt hier ein Paar in den Fokus, das von der Epidemie direkt betroffen ist. Kate (Emily Hampshire aus Cosmopolis) ist Ärztin und behandelt die Infizierten, verschafft sich aber gleichzeitig unrechtmäßigen Zugang zum Gegenmittel, um ihren vor Jahren gebissenen Mann Alex (Underworld-Mime Kris Holden-Ried) zu versorgen.

Eben jenes Verhalten sorgt nicht nur bei den Protagonisten für Gewissensbisse. Inwieweit darf man sich in einer solchen Ausnahmesituation Vorteile verschaffen? Wer bestimmt darüber, welches Leben lebenswerter ist als ein anderes? Regisseur Carballo baut ein unangenehmes und bedrückendes Szenario auf, das weitgehend von seinen beiden hervorragenden Hauptdarstellern lebt und von der Stimmung her an den großartigen Monsters von Gareth Edwards erinnert. Hampshire und Holden-Ried spielen unaufgeregt und authentisch, die allgegenwärtige Angst ist ihnen deutlich anzumerken.

Die Tragik der Handlung entfaltet sich stetig und trägt dazu bei, dass The Returned gegenüber seiner Kollegen geerdeter und realistischer anmutet. Es braucht eben nicht immer entstellte, raunzende Kreaturen, um eine packende Geschichte über Zombies zu erzählen. Viel mehr entpuppt sich das Gezeigte als Parabel auf Politik und Gesellschaft, die andere aufgrund ihrer Fehler meidet und verstößt. Umso bedauerlicher, dass zu früh und offensiv auf einen Wolf im Schafspelz hingewiesen wird.

Denn auf den unvermeidlichen „bösen Buben“ hätte deutlich subtiler und unaufdringlicher eingegangen werden können. So aber verbaut sich Carballo einen möglichen Überraschungseffekt. Auch mit der Entscheidung, sich trotz der Auserzählung dieser interessanten, in solch einer Form nur einmalig funktionierenden Idee doch noch ein Hintertürchen für eine Fortsetzung offenzuhalten, nimmt der Regisseur seinem Werk letztlich die über anderthalb Stunden aufgebaute Intensität.

Der Schlusspunkt kommt etwa zehn Minuten zu spät und verweichlicht den bitteren Blick auf die menschliche Moral so noch unnötig. Das ist in diesem Fall besonders schade, denn ansonsten ist The Returned ein richtig starkes, weil differenziertes und erwachsenes Zombie-Drama geworden.

The Returned

Zombies in der Filmgeschichte – da gab es doch schon jede erdenkliche Ausarbeitung. Ob die klassische Variante von schlurfenden Untoten („Night of the Living Dead“) oder schnelle und verbündete („World War Z“). Ob Zombies, die als Haustier gehalten („Fido“) oder die, die mit Schallplatten in die Flucht geschlagen werden („Shaun of the Dead“) – das Genre scheint abgegrast.
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