The Public Image Is Rotten

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

God save the King (of Punk)!

John Lydon alias Johnny Rotten ist wohl einer der großen Überlebenden der Popgeschichte – und nach Tabbert Fiillers überaus lebendigem Dokumentarfilm The Public Image is Rotten stellt man beinahe zwangsläufig fest, dass man womöglich seine Verdienste bisher völlig falsch eingeschätzt hat, indem man den charismatischen Sänger bisher vor allem für seine kurze Zeit bei den Sex Pistols wertschätzte, während seine zweite, viel länger andauernde Karriere als Frontmann von Public Image Limited (kurz PiL) ungerechtfertigter Weise stets im Schatten stand. Wie gut, dass Fiiller mit seinem Werk nun Platz schafft und genau diese bis heute anhaltende Schaffensphase in den Mittelpunkt seines Films stellt.
Nach dem jähen Ende des Great Rock ‚n‘ Roll Swindle war es ausgerechnet Richard Branson, Chef des einflussreichen Plattenlabels Virgin Records, der Rotten/Lydon wieder auf die Beine half. Er nahm den Frontmann der Sex Pistols mit auf eine Scouting Tour nach Jamaika und ebnete so den Weg für neue musikalische Einflüsse, die neben Punk und New Wave auch Reggae und World Music Elemente in die musikalische DNA von PiL injizieren sollten.

Neben Lyon kommen in Tabbert Fiillers Film zahlreiche Weggefährten wie etwa der Bassist Jah Wobble und der Gitarrist Keith Levene (Ex-Mitglied der Sex Pistols-Kontrahenten The Clash) zu Wort, die sich aber nicht nur über den Porträtierten äußern, sondern auch die Entwicklungslinien des musikalischen Projekts nachzeichnen, das neben den beiden Hits This is Not a Love Song und Rise noch wesentlich mehr zu bieten hat. Dass sich The Public Image is Rotten trotz seiner durchaus konventionellen Herangehensweise, seiner Mischung aus Interviewpassagen und Archivmaterial und seiner weitgehenden Einhaltung der Chronologie dennoch wohltuend von vielen anderen Dokumentarfilmen ähnlicher Thematik abhebt, liegt vor allem an Lydon selbst, an seinem scharfzüngigen Witz, seiner brutalen Ehrlichkeit und Protzigkeit, die den heute 61-Jährigen immer noch auszeichnet.

Allerdings bemerkt man am Schluss dann auch alle jene Auslassungen, die dazu angetan wären, Lydon in einem etwas kritischeren Licht zu zeigen. So fiel Lydon gerade dieses Jahr immer wieder als Verfechter des Brexit und als Fan von Donald Trump sowie Nigel Farage auf, wie er in gleich mehreren Interviews im Frühjahr verlauten ließ – Aussagen, die so heiß und widersprüchlich diskutiert wurden, dass man sich insgesamt eine Klärung gewünscht hätte. Denn Lyons immer wieder betonte unbedingte Sympathie und Solidarität mit der working class, deren Haltungen und Meinungen er stets als richtig erachtet, ist in Zeiten eines freidrehenden Populismus eine vielleicht hübsch provokante und auch selten gewordene, nichtsdestotrotz aber in ihrer Absolutheit auch gefährliche Haltung.

The Public Image Is Rotten

John Lydon alias Johnny Rotten ist wohl einer der großen Überlebenden der Popgeschichte – und nach Tabbert Fiillers überaus lebendigem Dokumentarfilm „The Public Image is Rotten“ stellt man beinahe zwangsläufig fest, dass man womöglich seine Verdienste bisher völlig falsch eingeschätzt hat, indem man den charismatischen Sänger bisher vor allem für seine kurze Zeit bei den „Sex Pistols“ wertschätzte, während seine zweite, viel länger andauernde Karriere als Frontmann von „Public Image Limited“ (kurz „PiL“) ungerechtfertigter Weise stets im Schatten stand.
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