The Philosophers

Eine Filmkritik von Jennifer Borrmann

"Ready – Set – Think" – Apokalyptisches Gedankenexperiment

Es ist die Abschlussstunde der Philosophieklasse einer internationalen Schule in Jakarta. Die 21 Schüler werden von ihrem Lehrer Mr. Zimit (James D’Arcy) zu einem letzten Gedankenexperiment eingeladen: Sie sollen sich vorstellen, ein Atomkrieg zwingt sie dazu, in einen Bunker zu fliehen, der sie für ein Jahr vor dem nuklearen Holocaust schützt. Nach einem Jahr würde der Bunker geöffnet und vielleicht irgendwo und irgendwie ein neues Leben aufgebaut werden können. Die Krux: Nur zehn Personen haben Platz und die Schüler müssen selbst entscheiden, wer überleben darf.
Doch die letzte Stunde im Schuljahr gleicht mehr einer Einführung in Grundlagen moralischen Handelns als einer Anwendung der erlernten philosophischen Theorien. So wird etwa Philippa Foots „Trolley-Problem“ erklärt: Darf ich eine Straßenbahn umleiten, wenn auf einer Strecke fünf Personen liegen und drohen, überfahren zu werden, während auf der Ausweichstrecke nur eine Person liegt und damit entscheiden, dass ein Menschenleben weniger wert ist als fünf? Damit sollen wiederum die Weichen für den in Philosophie ungebildeten Zuschauer gestellt werden, sich in vollem Umfang auf das Gedankenexperiment – das dreimal durchgeführt wird – einzulassen.

Die hier inszenierte Apokalypse soll im wortwörtlichen Sinne offenbaren, wie moralisches Handeln in einem Ausnahmezustand funktioniert. Wer ist wie viel wert und wer definiert diesen Wert nach welchen Kriterien? Bei diesen Fragestellungen unterscheidet die Klasse zwischen Philosophie und Moral, stellt die grundlegenden Fragen nach Gut und Böse in der Welt und stößt an die Grenzen der Logik. Die Schüler stellen hier jedoch theoretische Überlegungen an, die im Film verbildlicht und damit aber aus der Theorie in die Praxis geholt werden. Der Einzige, der irrational – und nachvollziehbar – in der Apokalypse agiert, ist Mr. Zimit. Sein tierischer Überlebenswille fordert die Ratio der Schüler immer wieder heraus. Selbst als die altruistische Schülerschaft zum Kannibalismus getrieben wird, nimmt man es als Zuschauer gleichgültig hin, weil der Gegessene zufällig stirbt und sein Tod nicht dem Überlebenskampf der Gruppe geschuldet ist. Die Spannungsverhältnisse wollen keine Fahrt aufnehmen – weder auf der visuellen noch auf der Handlungsebene. Aus diesem Dilemma kommt der Film nicht heraus.

Immer wieder wechselt der Film zwischen der Realität im Klassenraum und der Illusion in der Vorstellungskraft der Schüler. So findet das erste Experiment inmitten der hinduistischen Tempelanlage Prambanan statt, deren wichtigste Schreine dem Zerstören, Bewahren und Schöpfen geweiht sind – ein Ort also, der bereits repräsentiert, was der Kern des Gedankenexperiments ist. Visuell hätte die Parallelmontage sehr reizvoll sein und vor allem die Spannung erhöhen können – wenn man als Zuschauer nämlich das Bedürfnis hätte, aus dem Experiment auszusteigen, um kurz Luft zu holen. Alles in diesem Film ist jedoch so hübsch drapiert, die Schauspieler so schön und glatt, der Bunker so perfekt und steril, dass das Beklemmende, die Abgründe und Untiefen menschlichen Handelns einfach nicht aufkommen mögen. So bleibt nicht nur das Gedankenexperiment, sondern auch das filmische Experiment oberflächlich.

The Philosophers

Es ist die Abschlussstunde der Philosophieklasse einer internationalen Schule in Jakarta. Die 21 Schüler werden von ihrem Lehrer Mr. Zimit (James D’Arcy) zu einem letzten Gedankenexperiment eingeladen: Sie sollen sich vorstellen, ein Atomkrieg zwingt sie dazu, in einen Bunker zu fliehen, der sie für ein Jahr vor dem nuklearen Holocaust schützt.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen