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Im Prequel zu seinen lustvoll-enthemmten Spionagestreifen „Kingsman: The Secret Service“ und „Kingsman: The Golden Circle“ schildert Matthew Vaughn die Ursprünge des unabhängigen Kingsman-Geheimdienstes und schreibt dazu – Tarantinos „Inglourious Basterds“ lässt grüßen – Kriegsgeschichte um.

The King's Man - The Beginning (2021)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Pazifist muss kämpfen

Mit der Comicverfilmung Kingsman: The Secret Service legte Kick-Ass-Regisseur Matthew Vaughn 2014 ein wildes, originelle Einfälle und wahnwitzige Actionszenen auffahrendes Agentenabenteuer vor, das als Persiflage auf und Hommage an das Spionagegenre gleichermaßen funktioniert. Die Geschichte rund um den keiner Regierung verpflichteten Kingsman-Geheimdienst erhielt in Kingsman: The Golden Circle eine durchaus launige Fortsetzung, die allerdings der kreativen Energie des Vorgängers hinterherhechelt. Dass der dritte Eintrag in der Reihe nun nicht an die ersten beiden Teile anschließt, verraten bereits die veränderte Schreibweise der klandestinen Organisation im Titel und der hierzulande verwendete Zusatz „The Beginning“. Vaughn, der zum dritten Mal die Zügel in der Hand hielt, schildert in seinem Prequel, wie die Kingsman-Vereinigung überhaupt entstand und jongliert dabei, ähnlich wie Quentin Tarantino in Inglourious Basterds, munter mit historischen Fakten und ausgedachten Elementen.

Eröffnet wird The King’s Man – The Beginning von einer Sequenz im Südafrika des Jahres 1902: Gemeinsam mit seiner Ehefrau Emily (Alexandra Maria Lara) und seinem Sohn Conrad (Alexander Shaw) besucht der im Dienst des Roten Kreuzes reisende britische Aristokrat Orlando Oxford (Ralph Fiennes) ein Konzentrationslager und gerät dort in einen Hinterhalt. Hilflos muss er mitansehen, wie ein Heckenschütze vor den Augen seines Jungen seine Gattin tötet. Ein traumatisches Ereignis, das Oxford für die Zukunft besonders eine Aufgabe auferlegt: Conrad vor dem Grauen dieser Welt zu schützen.

Als sein Sprössling zwölf Jahre später, jetzt gespielt von Harris Dickinson, mit militärischen Ambitionen flirtet, setzt der pazifistisch eingestellte Orlando alle Hebel in Bewegung, um das Vorhaben zu durchkreuzen. Mit der Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand von Österreich-Este, die die Oxfords aus nächster Nähe miterleben, bricht schließlich der Erste Weltkrieg aus, in dem sich Conrad für sein Vaterland einsetzen will. Während die Sorge um seinen Filius wächst, versucht Orlando, auf geheimen Wegen eine Deeskalation zu erreichen. Im Hintergrund lenkt jedoch ein geheimnisvoller Strippenzieher, der das blutige Treiben ausgelöst hat, mithilfe einer Schar von zwielichtigen Gestalten aus verschiedenen Nationen den Verlauf der Auseinandersetzung.

Auch The King’s Man – The Beginning ist eine Wundertüte, in der einige aufregende Ideen, verrückte Kampfeinlagen und dramatische Momente stecken. Historische Figuren und Geschehnisse mit fiktiven Personen und Entwicklungen zu vermischen, zeugt von großer Fabulierlust. Orlandos Haltung transportiert Kritik am Kolonialismus, am Auftreten britischer Adeliger. Emilys Tod und der Vater-Sohn-Zwist um die Frage, wie man seiner Heimat dienen kann, geben dem Treiben eine – wenn auch sehr schematische – emotionale Note. Der Clou, über Oxfords Angestellte Polly (Gemma Arterton) und Shola (Djimon Hounsou) ein verstecktes Informationsnetzwerk aufzubauen, das aus Bediensteten mehrerer Herrschaftshäuser besteht, ist reizvoll. Und ein Kajal tragender, in seiner Over-the-top-Performance aufgehender Rhys Ifans als zügellos-diabolischer Zarenflüsterer Rasputin brennt sich unter Garantie ins Gedächtnis ein.

Manches, was Vaughn und Ko-Drehbuchautor Karl Gajdusek (The Last Days of American Crime) hier zusammenrühren, hat schrägen Unterhaltungswert. Oftmals knarzt es aber auch im erzählerischen Gebälk. Anders als etwa Tarantinos Umschreibung des Zweiten Weltkriegs in Inglourious Basterds wirkt das Spiel mit dem Setting des Ersten Weltkriegs phasenweise etwas holprig. Neue Wendungen werden zuweilen arg hastig abgehandelt. Und angesichts zahlreicher in die Verschwörung verwickelter Zeitgenoss*innen – darunter Erik Jan Hanussen (Daniel Brühl), Mata Hari (Valeri Pachner) und Gavrilo Princip (Joel Basman) – erhalten viele Figuren nur wenig Entfaltungsraum. Keine große Überraschung dürfte übrigens die Enttarnung des mysteriösen, bis kurz vor Schluss stets im Schatten bleibenden Manipulators sein, dessen Motive für die Anzettelung eines Großkonfliktes persönlicher Natur sind.

The King’s Man – The Beginning ist spürbar überfrachtet, kann einige Gedanken daher nur anreißen und lässt Orlando Oxford seine pazifistische Überzeugung auf eher konventionelle Weise aufgeben. Der Heldenmut, vor dem der leidgeplagte Aristokrat seinen Sohn warnt, erfasst ihn irgendwann selbst. Dass er in einem möglichen Sequel erneut in die Bresche springen muss, kündigt sich bereits in einer Abspannszene an, in der zwei Grauen verbreitende Personen der Zeitgeschichte aufeinandertreffen.

The King's Man - The Beginning (2021)

Das Prequel zur Kingsman-Saga. Als die schlimmsten Tyrannen und kriminellen Superhirne der Geschichte sich versammeln um einen Krieg anzuzetteln, der Millionen Menschen auslöschen soll, muss ein Mann gegen die Zeit antreten, um sie aufzuhalten. In The King’s Man geht es um die Entstehung der ersten unabhängigen Geheimdienstbehörde.

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Meinungen

Marcel · 25.02.2022

Ein toller Film für die Entstehungsgeschichte. Ich kann die Kommentare das der Film langweilig war nicht nachvollziehen.

Basti · 19.01.2022

Ich bin selten so von einem Film enttäuscht worden. Dabei fand ich die beiden ersten Teile echt gut. Und noch nie wollte ich frühzeitig aus dem Kino. Aber das waren gefühlte 3 Stunden Zeitverschwendung deluxe.

Günther Zwahlen · 09.01.2022

Dass das Felsplateau in Kaschmir liegen soll, ist nich zufällig eine ironische Anspielung auf "Mission Impossible"? Schon dort kann der, dieser Prikestolen, Norwegen(!) gegen Ende des Films irrtümlich mit Kaschmir assoziert werden . . .