Log Line

Mit dem Rolls Royce von Elvis Presley während der Zeit des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 auf den Spuren des King durch die USA: Eugene Jarecki ist in seinem essayistischen Road Movie der psychischen Verfassung seines Landes auf den Fersen.

The King - Mit Elvis durch Amerika (2017)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Auf den Spuren des amerikanischen (Alb)Traums

Ganz sicher liegt es auch ein wenig daran, dass sich im letzten Jahr der 40. Todestag des King jährte. Doch das allein kann nicht erklären, warum Elvis Presley plötzlich wieder erstaunlich präsent ist. Gerade erst ist bei HBO eine dreistündige Doku über den Rock ‚n‘ Roller herausgekommen (Elvis Presley: The Searcher), nun folgt mit Eugene Jareckis The King — Mit Elvis durch Amerika ein eher essayistischer Film, der aber zugleich einen deutlichen Hinweis darauf gibt, warum der King sich auch vier Jahrzehnte nach seinem Tod solch einer Beliebtheit erfreut: Es ist die Sehnsucht nach einem vermeintlich heilen Amerika, die Sehnsucht nach einer Zeit, als das Land noch als Hort des amerikanischen Traums galt.

Und Elvis war einer, der diesen Traum tatsächlich gelebt hat. Aber nicht nur das: Auch sein tiefer Fall weist gewisse Parallelen zum Niedergang der USA auf, wie sie sich derzeit unter der Präsidentschaft von Donald Trump offenbaren. Wie das Land, so erlag auch Elvis den Verlockungen des Geldes, wurde gierig und schlingerte so seinem eigenen Untergang entgegen.

Der US-amerikanische Dokumentarfilmer Eugene Jarecki (Why We Fight; The House I Live In; Reagan) hat sich Elvis Presleys Rolls Royce geschnappt und ist damit zur Zeit des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 durch die USA gefahren, immer auf den Spuren des Lebensweges des King, hat das Land von New York in westlicher Richtung bis nach Las Vegas durchquert. Passend zur Biographie von Elvis startet die Tour in Tupelo, Mississippi, dem Geburtsort von Elvis und führt weiter durch die Südstaaten, in denen Elvis seine frühe Prägung erhielt.

Der auffällige Wagen und dessen einstiger Besitzer dienen dabei aber nicht nur als Gefährt, sondern auch als rollender Raum und Katalysator für Begegnungen mit Gästen wie Emmylou Harris, Alec Baldwin, Ethan Hawke, Chuck D, Greil Marcus, Ashton Kutcher und vielen anderen mehr. Und bei den Gesprächen geht es keinesfalls nur um Lobpreisungen auf den Ausnahmemusiker, sondern auch um ein kritisches Hinterfragen., wenn beispielsweise von dem Autoren und Aktivisten Van Jones darüber räsoniert wird, ob der King mit seiner Adaption genuin schwarzer Musik nicht etwa cultural appropriation betrieben habe oder ob er den Afroamerikanern denn auch etwas zurückgegeben habe als Dank für die Inspiration, die sie für seine Musk bedeuteten. Für den Rapper Chuck D alias Carlton Ridenhour (Public Enemy) ist die Frage jedenfalls einfach zu beantworten: Ihm bedeute der King rein gar nichts.

Eine andere Frage dreht sich darum, warum der King immer wieder den Verlockungen des Geldes erlag — steckt dahinter wirklich nur der Einfluss seines Managers Colonel Tom Parker oder gibt es andere Gründe hierfür?

Mittels der Route, die Jarecki wählt, der Gäste, die in den Rolls ein- und aussteigen, der teilweise atemberaubenden und dann wieder erschreckend heruntergekommenen Gegenden, durch die das Gefährt gleitet, und einigem Archivmaterial entsteht so eine Art Landkarte des Lebens und der Entwicklungen des King, die aber insgesamt recht oberflächlich bleiben. Dies ist aber nicht unbedingt ein Manko, sondern entspricht vielmehr der Intention des Films, für den Elvis vor allem ein Beispiel, eine Metapher, eine Projektionsfläche und ein Symptom dafür ist, wie sich die USA seit den 1950er Jahren verändert haben, welche bis heute sichtbaren Brüche das Land durchziehen. Und diese münden geradezu folgerichtig in der Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der USA und finden hierin ihren vorläufigen Schlusspunkt, für eine Entwicklung, die man an der Person des King deutlich nachvollziehen kann.

Mitunter wirken die Themensetzungen und Gespräche ein wenig sprunghaft und nicht jede der Parallelen, die der Film zwischen dem Gestern und dem Heute zieht, ist wirklich zwingend. Dennoch ist Eugene Jarecki ein überaus anregender filmischer Essay gelungen, nach dem man Elvis Presley, aber auch die USA mit anderen Augen und einer neuen Perspektive betrachtet.

The King - Mit Elvis durch Amerika (2017)

40 Jahre nach dem Tod von Elvis Presley reiste der Autor und Regisseur Jarecki  während des Präsidentschaftswahlkampfes des Jahres 2016 in dem alten Rolls Royce des Sängers von New York über Las Vegas bis in den tiefen Süden, um das Land an einem kritischen Wendepunkt seiner Geschichte zu erleben. The King — Mit Elvis durch Amerika ist zugleich politische Bestandsaufnahme und kulturelles Porträt eines Landes am Scheideweg.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen