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Stalin ist tot, lange lebe – ja, wer eigentlich? Die Ranküne um die Nachfolge des Herrschers inszeniert Armando Iannucci mit großartigen Schauspielern als bitterböse Farce.

The Death of Stalin (2017)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Als er im Sterben lag

Moskau, 1953. Josef Stalin (Adrian McLoughlin) regiert mit stahlharter Hand, jede Nacht werden unzählige Verhaftungen durchgeführt, Folterungen und Exekutionen stehen an der Tagesordnung. Umgeben ist er von unterwürfigen Speichelleckern, die jeden Abend mit ihm trinken, pflichtschuldig über seine Witze lachen und alles tun, um nicht in Ungnade zu fallen. Denn das bedeutet wenigstens Gulag, meistens Tod.

Doch dann geschieht das Unvorstellbare: Stalin kippt in seinem Arbeitszimmer um. Niemand traut sich nachzusehen, was das Gepolter zu bedeuten hat, so wird er erst am nächsten Morgen gefunden. Er braucht einen Arzt, aber alle guten Ärzte hat Stalin deportieren lassen. Und nicht nur das: Stalin könnte tot sein! Seine Getreuen geraten in Aufregung. Stalin, der so lange weniger wie ein Politiker als ein Gott verehrt und gefürchtet wurde, könnte fehlbar sein und sterben. Doch vorerst traut sich niemand laut zu sagen, dass er tot ist – sollte es sich als falsch herausstellen, könnte es ja den eigenen Tod bedeuten.

Ausgehend von Ereignissen rund um die Tage von Stalins Ableben und Beerdigung haben Fabien Nury und Thierry Robin die Graphic Novel The Death of Stalin entwickelt, deren Absurdität unglaublich scheinen mag, es aber leider nicht ist – und hieraus hat Armando Iannucci einen Film gedreht, dessen grausamer Witz mitunter kaum zu ertragen ist.

Denn letztlich ist Stalin tot, deshalb muss jemand die Führungslücke schließen. Zunächst übernimmt der rückgratlose Georgi Malenkow (Jeffrey Tambor) diese unverhoffte Aufgabe, er ist eine Marionette, ein Opportunist, dessen Schwäche nur von seiner Eitelkeit übertroffen wird. Im Hintergrund bringen sich bereits zwei Männer in Stellung, um im entscheidenden Moment die Führung zu übernehmen: Auf der einen Seite der gefürchtete, grausame und unmenschliche Geheimdienstchef Lawrenti Beria (Simon Russell Beale), der keine Zeit verliert, sondern mithilfe seiner Schergen das Militär entmachten und sein Image mit den Aussetzungen der Exekutionen und Folterungen aufpolieren will. Dadurch kann er die Reformisten wegen ihrer vermeintlichen Schwäche beschimpfen und sich dann als Mann anbieten, der die Autorität wiederherstellt. Auf der anderen Seite steht Nikita Chruschtschow (Steve Buscemi), der eine Reform ebenfalls befürwortet und eine ganze Weile wider besseren Geschichtswissens so wirkt, als hätte er tatsächlich ein Herz und ein Gewissen.

In den Porträts dieser historischen Figuren überzeugen alle Schauspieler mühelos vor allem mit verschiedenen Graden der Jovialität und sehr eigenen Sprachakzenten, die alles sind, aber niemals russisch. Dabei glänzen neben Buscemi insbesondere Jason Isaacs als strammer Militärführer und Michael Palin als opportunistischer Außenminister Molotow, der längst alles für Stalin geopfert hat – im wörtlichen Sinn: Seine Selbstachtung und seine Ehe mitsamt Ehefrau. Sie wirken alle menschlich – vor allem in ihrem Machtwillen, ihrer Rückgratlosigkeit und ihrer Schwäche.

Dennoch gibt es in diesem Film, der als Komödie beworben wird, keine Lacher im herkömmlichen Sinne. Dafür sind Zeit und Regime zu unmenschlich, sind Tod und Folter allzu gegenwärtig. The Death of Stalin ist eine bitterböse, grausame Satire, die die Brutalität des Lebens in dieser Zeit nicht ausspart. Komische Momente entstehen daher in kleinen Szenen – dem Arrangement bei Stalins Beerdigung, bei dem Sturm auf das Buffet oder auch in einer absurden Platzwechselchoreographie an Stalins Sarg. Darüber hinaus verweisen die Witze oftmals auf die absurde, aber leider grausame Realität zu dieser Zeit – und erfüllen damit eine Funktion von Komik, die oft unterschätzt wird: das schmerzliche Erkennen der Wahrheit.

Dennoch fehlen dem Film insbesondere am Anfang die Reibungsflächen, die eine Satire benötigt. Dazu weiß man zu wenig über die Machenschaften im Kreml, über die Ranküne hinter den Kulissen, sogar das öffentliche wie historische Bild von Stalin und seinen Schergen hat kaum typische Eigenschaften, an denen man ansetzen könnte. Hier dauert es bis gut zur Hälfte des Films, bis er seine eigene Struktur und Dynamik aufgebaut hat. Je stärker sie heraustritt, desto deutlicher wird dann, dass The Death of Stalin eigentlich eine sehr düstere Tragödie ist – und in ihrer Markierung der Gewissenlosigkeit populistischer, opportunistischer und tyrannischer Politiker peinvoll in die Gegenwart verweist. 

The Death of Stalin (2017)

In den Tagen nach Stalins Tod herrscht in der Führungsriege des Sowjetreiches Chaos und Verwirrung. Verschiedene Parteien und Strömungen ringen um die Vorherrschaft, die einen streben positive Veränderungen zum Wohle des Volkes an, die anderen schmieden finstere Pläne, um ihre eigene Machtposition zu sichern. Eines aber eint alle: Sie wollen um jeden Preis überleben.

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Meinungen

Alexander · 07.03.2018

Idiotischer Film, von Idioten. 100% Lüge! Soll jetzt Russland auch so "lüstig" über Princessin Diana, oder Über Kennedys Mord Filme machen?