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Eine lateinamerikanische Legende dient als Grundlage dieses von Michael Chaves inszenierten Gruselfilms, der sich als sechster Beitrag des „Conjuring“-Universums entpuppt.

Lloronas Fluch (2019)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Zum Heulen mittelmäßig

Angekündigt wurde „Lloronas Fluch“, das Spielfilmdebüt des US-Amerikaners Michael Chaves, als eigenständiger Gruselthriller. Tatsächlich weist der Spukbeitrag jedoch Verbindungen zum stetig anwachsenden „Conjuring“-Universum auf, das Horrorprofi James Wan („Saw“) 2013 mit „Conjuring – Die Heimsuchung“ eröffnete. Das Auftauchen eines Priesters namens Perez (Tony Amendola) und die Erwähnung seiner Erfahrungen mit der gruseligen Puppe Annabelle schlagen einen Bogen zu der an den Kinokassen sehr erfolgreichen Schauerreihe, die mit Lloronas Fluch nun ihr sechstes Kapitel erhält.

Im Jahr 1973 versucht die engagierte Sozialarbeiterin Anna (Linda Cardellini) nach dem Tod ihres Mannes so gut es eben geht für ihre Kinder Samantha (Jaynee-Lynne Kinchen) und Chris (Roman Christou) da zu sein und ihren Job bestmöglich auszufüllen. Eines Tages muss sie der schon mehrfach ins Visier der Behörde geratenen Patricia Alvarez (Patricia Velasquez) einen Besuch abstatten, da der Verdacht besteht, dass sie ihre Söhne vernachlässigt. Anna wundert sich über die gespenstisch dekorierte Wohnung, findet die beiden Jungen eingesperrt in einem Wandschrank und bringt sie fürs Erste in einem Krankenhaus unter. Noch in derselben Nacht erscheint den verstörten Kindern ein böser Geist, und nur wenig später werden ihre Leichen aus einem Fluss gezogen. Auf Patricias kryptische Warnungen vor La Llorona (Marisol Ramirez), der weinenden Frau, kann sich Anna zunächst keinen Reim machen. Doch langsam beginnt sie zu begreifen, dass die unheimliche Präsenz es ebenfalls auf Samantha und Chris abgesehen hat.

Wie die meisten Teile des Conjuring-Universums ist auch Lloronas Fluch kompetent in Szene gesetzt und schick bebildert. Eine Billig-Ästhetik, wie man sie im Horrorgenre vor allem bei Heimkinoveröffentlichungen nicht selten antrifft, braucht man hier nicht zu fürchten. Langfilmdebütant Chaves taucht den häufig regenverhangenen Handlungsort Los Angeles in stimmungsvoll düstere Farben. Michael Burgess überrascht mit einigen dynamischen Kamerafahrten, die den Betrachter in das Geschehen hineinziehen. Lobend hervorheben muss man außerdem, dass die Macher ihr Publikum nicht von Anfang an mit den üblichen Jump-Scare-Salven traktieren, sondern durchaus um atmosphärische Akzente bemüht sind.

Mit fortlaufender Dauer greift der Film jedoch immer häufiger auf die vordergründige Buh-Taktik zurück, die leicht durchschaubar ist und daher zunehmend weniger Wirkung zeigt. Momente, in denen dem Zuschauer mit einem Knall von irgendwoher der titelgebende Geist entgegenspringt, gehen sicher nicht so sehr unter die Haut wie beispielsweise Samanthas grausige Erfahrung in der Badewanne. Seinen Höhepunkt findet der Budenzauber im Finale, dessen Eskalationen nicht übertrieben platt oder peinlich daherkommen, allerdings auch kein bisschen außergewöhnlich sind. Vielmehr präsentiert Chaves dem Betrachter einen von einem Okkultismus-Experten (Raymond Cruz) angeleiteten Kampf gegen das Böse, den man in ähnlicher Ausprägung schon oft gesehen hat.

Das Schicksal der Protagonisten ist einem sicher nicht egal. Die emotionale Bindung zu ihnen hätte das von Mikki Daughtry und Tobias Iaconis verfasste Drehbuch aber noch stärker forcieren können. Mehrmals thematisiert wird der Tod von Annas Ehemann. Für die Geschichte und das Verhalten der Familienmitglieder ist dieser Umstand jedoch größtenteils irrelevant. Enttäuschend blass bleibt die Figur der Patricia Alvarez, die, obwohl ihre Situation denkbar schmerzhaft ist, bloß als dramaturgische Erfüllungsgehilfin in Erscheinung tritt. Allzu halbherzig binden Chaves und seine Autoren überdies die Hintergrundgeschichte der aus der lateinamerikanischen Folklore stammenden Gegenspielerin ein. Das Besondere an ihrem Fluch arbeitet der Film nicht heraus und nimmt der Bedrohung dadurch einiges von ihrer Ausdruckskraft. Verlässt man nach rund anderthalb Stunden den Kinosaal, beschleicht einen das Gefühl, La Llorona nie richtig nahegekommen zu sein.

Lloronas Fluch (2019)

La Llorona ist eine Figur der lateinamerikanischen Welt der Legenden und Überlieferungen — „die Weinende“ soll ihre beiden Kinder in einem Fluss ertränkt und anschließend Selbstmord begangen haben. Doch als gepeinigte Seele findet sie keine Ruhe und irrt zwischen unserer Welt und dem Jenseits hin und her. In dem Horrorfilm aus der Conjuring-Schmiede geistert die Weinende in den 1970ern umher und will ihre getöteten Kinder durch lebende ersetzen. 

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