Thale

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Wo die Frauen Schwänze haben...

Leo (Jon Sigve Skard) und Elvis (Erlend Nervold) arbeiten bei „No Shit Cleaning Services“. Wenn jemand verstorben ist, reinigen sie den Tatort von den menschlichen Überresten. Kein leichter Job! Ihr neuer Auftrag gestaltet sich allerdings als noch sonderbarer als ohnehin schon: In einem Haus, tief in den Wäldern Norwegens finden sie eine verborgene Tür, die sie in die Kellergewölbe unter dem Haus führt. Der Keller ist nicht nur mit allerlei seltsamem Zeug vollgestellt, nein, dort unten finden Leo und Elvis auch eine junge Frau.
Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als sich unsere Schulweisheit erträumen lässt. Besonders in Norwegen. Nachdem der famose Trollhunter das Publikum der Fantasy Filmfests Nights 2011 verzaubert hatte, tritt nun Aleksander Nordaas in dessen Fußstapfen – ohne sie allerdings ausfüllen zu können. In seinem Film Thale geht es um die norwegische Sagengestalt „Huldra“, einem Wesen, das als weibliche Form von Trollen angesehen wird und teilweise – bis auf den Schwanz und den borkigen Rücken – einer schönen Frau ähnelt. Die Huldra wachen über den Wald, verführen manchmal aber auch Waldarbeiter, die manchmal reich beschenkt, manchmal getötet werden.

Doch ehe der Kontext klar wird, vergeht ein Weilchen. Nordaas lässt sich Zeit mit seiner Geschichte. Er hat es nicht eilig, dem Zuschauer alles über Thale, so der Name der jungen Schönheit im Keller, zu erzählen, sondern streut lediglich hier und da ein paar Andeutungen und konzentriert sich ansonsten auf die beiden Mitarbeiter von „No Shit Cleaning Services“ und ihre Versuche mit der Frau aus dem Keller zu kommunizieren. Erst nach und nach durch mehrere Tonband-Aufnahmen, die die beiden Männer im Keller finden, kommt Thales Geheimnis ans Tageslicht. Spannender als Thale, die von Silje Reinamo (Anne liebt Philipp) mit leichtem Hang zum Overacting gespielt wird, sind allerdings Jon Sigve Skard (Hidden, 2009) und Erlend Nervold (Sirkel) als schweigsame Norweger, die jeder auf ihre eigene Art mit der Entdeckung umgehen. Auch wenn Nervold als empfindsamer Elvis mehr Screentime hat, ist Skards lakonischer Leo der eigentliche Held des Films und man wünscht sich fast, mehr über seine Persönlichkeit als über Huldras und andere Waldwesen zu erfahren.

Man muss Thale zu Gute halten, dass er sich nicht so bereitwillig in irgendeine Schublade stecken lässt, dass er ein Grenzgänger zwischen Horror, Fantasy, Märchen und Buddymovie ist, sein eigenes Tempo hat und immer wieder einen auffälligen Stilwillen an den Tag legt. Dieser zeigt sich z.B. in den atmosphärischen Zeitlupen-Szenen, wenn die Kamera Thale zu liebkosen scheint. Dass der Film sich nicht so recht in ein Genre einfügen mag, ist aber gleichzeitig seine Schwäche. Nordaas scheint sich selbst nicht ganz sicher zu sein, welche Geschichte er eigentlich erzählen will. Während sich der Anfang noch anfühlt wie eine schwarze Komödie, wird der Film im weiteren Verlauf immer mehr zum (Horror-)Thriller – bevor er sich urplötzlich Märchen mit Verschwörungselemente wandelt. So ein Genre-Mix kann durchaus reizvoll sein, hier mögen sich die Teile aber nicht so recht zusammenfügen. Das wird es dem Film sehr schwer machen, sein Publikum zu finden. Für den Horrorgeek wird Thale zu unblutig, für den Fantasyfan zu fantasielos sein. Denn dafür, dass die Welt voller Geheimnisse steckt und es viel mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt als wir uns erträumen, sind Frauen mit Schwänzen, die in Norwegens Wäldern leben, doch etwas wenig.

Thale

Leo (Jon Sigve Skard) und Elvis (Erlend Nervold) arbeiten bei „No Shit Cleaning Services“. Wenn jemand verstorben ist, reinigen sie den Tatort von den menschlichen Überresten. Kein leichter Job! Ihr neuer Auftrag gestaltet sich allerdings als noch sonderbarer als ohnehin schon: In einem Haus, tief in den Wäldern Norwegens finden sie eine verborgene Tür, die sie in die Kellergewölbe unter dem Haus führt.
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