Tango Lesson

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Ein wunderbarer Film über die Kraft von Bewegungen, Bildern und Emotionen

Die Geschichte dieses Films ist rasch erzählt: Zwischen einer Drehbuchautorin, die gerade an einem neuen Stoff arbeitet, und einem Tango-Tänzer, der ihr Unterricht im Tanzen erteilt, entspinnt sich eine Liebesbeziehung. Doch die bildgewaltigen Dimensionen, innerhalb welcher diese sich ereignet, sind derart vielschichtig und grandios in der Welt des Tango Argentino inszeniert, dass Tango Lesson / The Tango Lesson auch ohne Handlung bereits ein absolut faszinierender Film wäre, der den Zuschauer allein durch die tänzerischen Darstellungen, die verführerische Musik und die wunderbare visuelle Ästhetik in seinen Bann zu ziehen vermag.
Als die aparte Sally (Sally Potter) zur Ablenkung von einer Schreibblockade eine Tango-Vorführung besucht, ist sie derart begeistert, dass sie im Anschluss daran den Tänzer Pablo (Pablo Veron) engagiert, ihr Unterricht zu erteilen. Gestaltet sich die erste Stunde auch noch sehr holprig, ist Sally sich doch sofort sicher, dass sie diesen Tanz unbedingt erlernen muss, und sie reist spontan nach Argentinien, um dort Tango-Stunden zu nehmen, und derweil fließen auch die Inspirationen für ihr Drehbuch mit dem Titel Rage (Wut), einer skurrilen Mordgeschichte im Modell-Milieu, das sie bald fertig stellen kann. Zurück in London nimmt sie den Unterrricht bei Pablo wieder auf, der von ihren Fortschritten beeindruckt ist, und nach einer Weile der gegenseitigen Annäherung werden die beiden zu einem Paar, sowohl auf der persönlichen Ebene als schließlich auch auf der Bühne. Doch ebenso wie der Tango ein Tanz ist, der nicht selten den Charakter eines Kampfes aufweist, entwickelt sich auch die Beziehung zwischen Sally und Pablo eng angelehnt an den tänzerischen Aspekt zu einer Auseinandersetzung, die sich darauf zuspitzt, wer eigentlich wen wann zu führen hat und inwieweit dies die Freiheit des Anderen einschränkt …

Der Film aus dem Jahre 1997, der unter dem Titel Tango-Fieber in den deutschen Kinos zu sehen war, stellt eine unsagbar aufwändige und starke Leistung der Drehbuchautorin, Filmemacherin und Sängerin Sally Potter (Orlando, Yes) dar, die hierbei nicht nur das Drehbuch verfasste und Regie führte, sondern auch den tänzerisch äußerst anspruchsvollen Part der Hauptdarstellerin übernahm und zudem für die Musik verantwortlich war, innerhalb welcher selbstverständlich zauberhaft schwermütige Tangos ihren Raum finden. Die Dramaturgie ist in zwölf Stunden der Tango-Lektionen aufgeteilt, die ebenso gut als solche in Sachen Liebe gelten können, denn der nahezu gefährlich erotische Tanz korrespondiert untrennbar mit den ganz großen Emotionen wie Leidenschaft und Eifersucht, wobei er mit seinen teilweise improvisierten und doch präzisen Bewegungen auch denjenigen Regungen Ausdruck verleiht, die sich jenseits der Verbalität ereignen. Die Szenarien und Bilder von Tango Lesson zeichnen sich durch eine heftige Intensität sowie eine kunstvoll installierte Ästhetik aus, die ganze Territorien von Assoziationen und eine inspirierende Melancholie eröffnen, ohne sich selbst auf eine wertende Position festzulegen, so dass nahezu ein visueller Rausch ensteht, der von den Bewegungen des Tanzes getragen wird. Bis auf die Sequenzen, die Sallys Drehbuch visualisieren, ist der Film in schwarzweiß gehalten und wurde an Originalschauplätzen in London, Paris und Buenos Aires gedreht. Die wahrhaft interessanten und ansprechenden kleinen Videos, die sich als Extras auf der DVD befinden und aus den Produktionsvorbereitungen stammen, trösten am Schluss durchaus ein wenig darüber hinweg, dass die Geschichte für den Zuschauer zu Ende ist und dabei den Eindruck hinterlässt, dass sie nun irgendwo ohne ihn weitergeht.

Tango Lesson

Die Geschichte dieses Films ist rasch erzählt: Zwischen einer Drehbuchautorin, die gerade an einem neuen Stoff arbeitet, und einem Tango-Tänzer, der ihr Unterricht im Tanzen erteilt, entspinnt sich eine Liebesbeziehung.
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