Symphony in Blood Red (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Stefan Dabrock

Effektreicher Neo-Giallo

Auf dem Blu-ray-Cover prangen unter anderem die marktschreierischen Zitate „Großartig gemacht und sehr stark“ (Dario Argento), „Ein wahnsinniger Film“ (Lamberto Bava) und „Eine wunderbare Hommage an die Werke von Dario Argento“ (Luigi Cozzi). An der Produktion des Films waren unter anderem Italiens Spezialeffektguru Sergio Stivaletti und Ex-Goblin-Frontmann Claudio Simonetti beteiligt, beides erfahrene Veteranen des italienischen Genrekinos. Zwischen denjenigen, die sich so prominent über Luigi Pastores Regiedebüt Symphony in Blood Red geäußert haben, und den bekannten Größen, die an dem schmal budgetierten Werk mitgearbeitet haben, tut sich angesichts des fertigen Films ein Graben auf. Schein und Sein äußern sich folgendermaßen: Von der eleganten Inszenierungskunst aus Argentos und mit Abstrichen auch Lamberto Bavas besten Werken sind in Pastores Erstling nicht einmal Ansätze vorhanden, die Effekte und die Musik sind dafür auf hohem Niveau.
Ein psychopathischer Killer (Antonio Tentori) bringt erst seine Therapeutin (Anna Morosetti) um, die ihn in eine geschlossene Anstalt einweisen lassen wollte, und mordet sich dann durch die Bevölkerung. Dabei schnappt er sich anfangs Opfer, die ihm wie ein Priester (Fabio Giovannini) in der Vergangenheit Schaden zugefügt haben, geht dann aber zunehmend wahllos vor. Seine Taten dokumentiert er mit einer Videokamera, während er in persönlichen Kommentaren sein gestörtes Inneres nach außen kehrt. Als er die attraktive Lisa (Federica Carpico) entdeckt, ist es um ihn geschehen. Mit ihrer Liebe glaubt er, zu einem „normalen“ Leben zurückfinden zu können. Aber Lisa reagiert auf seine anonymen Avancen ablehnend.

Das Giallo-Genre lebt weniger von ausgefeilten Geschichten, als vielmehr von der Inszenierung der vordergründigen Handlung. In den besten Werken verschmelzen Sinnlichkeit, Morbidität, Erotik und psychologische Abgründe zu visuellen Schaustücken am Rande oder jenseits des Wahns. Die löchrige Handlung von Symphony in Blood Red ist deswegen kein Problem, sie öffnet stattdessen sogar Interpretationsmöglichkeiten, für die Pastore einen optischen Resonanzkörper hätte schaffen können.

Bei der Inszenierung versagt der Regieneuling jedoch. Die Bilder seines Kameramanns Tiziano Pancotti pendeln bis auf kleine Ausnahmen zwischen nüchternem Dokumentarismus, schmuddeligem Folterporno und dezenten Anflügen einer effektvollen Lichtsetzung. So wirkt der Mord in einer Kirche, deren schlichtes Weiß und Braun in den Vordergrund rückt, trotz kurzem Rückgriff auf grünes Licht aseptisch klar, bei der Tötung in einem ranzigen Gebäude stehen schmierige Grau- und Brauntöne wie in der schlechten Kulisse eines heruntergekommenen Schlachthofs im Vordergrund und die Lichtsetzung in der Disco geht auf das Konto der dortigen technischen Möglichkeiten. Simonetti spielt hier mit seiner Band Daemonia einen Gastauftritt, der diese Szene auch optisch über den Durchschnitt des Films hebt.

Sinnlichkeit, Schönheit oder Eleganz sucht man in Symphony in Blood Red vergeblich. Die nüchternen Bilder werden angesichts der löchrigen Handlung schließlich zu einem Problem, weil sie an einen Realismus oder wie beim Schmuddellook an einen behaupteten Realismus gemahnen, der durch die zunehmend zusammenhanglose Tötungsorgie torpediert wird.

Auch der Aufbau der Mordszenen, die den Film dominieren, ist schwach. Pastore hat nicht verstanden, dass eine Verzögerungstaktik bei der Präsentation des letztlich unvermeidlichen Mordes nur dann für Spannung sorgt, wenn durch Kamerawinkel und -bewegungen etwas Mysteriöses Einzug hält. Die Bedrohung entsteht durch geschickte Manipulation des Zuschauers, der glaubt, dass irgendetwas Unbekanntes da ist, obwohl es zunächst unsichtbar bleibt. Beim Mord in der Kirche spricht der Killer im Beichtstuhl mit dem irritierten Priester. Dann verlässt er die Kirche, während der Geistliche voller Angst zur Sakristei eilt, um die Kirche zu verlassen. Die Kameraeinstellungen dienen dabei dem einzigen Zweck, genau diese offensichtlichen Aktionen der Figuren zu zeigen, bis der Killer ohne mysteriöses Element auftaucht und sein Werk verrichtet. Pastore filmt stets die Oberfläche der vordergründigen Handlung, hinter der bei ihm nichts lauert. Konsequenterweise verzichtet er meistens auf den Versuch einer Spannungsinszenierung und reiht die Morde aneinander.

Da Luigi Pastore und Tiziano Pancotti keine visuellen Qualitäten an den Tag legen, rückt die Geschichte in den Vordergrund, die lediglich aus wahllosen Morden und einer grotesken, einseitigen Liebe besteht. So lässt die Langeweile trotz der bescheidenen Filmdauer nicht lange auf sich warten. An der atmosphärischen Musik zwischen Orgel, Kinderlied und wabernder Bedrohlichkeit kann man sich erfreuen, die reine Konzentration der Tötungsakte auf gekonnt ausgeführte blutige Effekte ist dagegen zu mager, um dem Film noch das Etikett „Durchschnittlich“ anzuheften. Man erwartet ja gar keinen zweiten Profondo Rosso, aber irgendeine künstlerische Qualität jenseits der Musik wäre nicht schlecht gewesen.

Ein 48-minütiges Making Of, in dem sich unter anderem Dario Argento, Daria Nicolodi, Luigi Pastore (Regie), Claudio Simonetti (Musik) und Sharon Alessandri (Darstellerin) über die Gestaltung des Films äußern, wertet die Edition auf. Allerdings sollte irgendjemand den Machern des Making Ofs sagen, dass es unerträglich ist, wenn die Interviews mit einem von rechts nach links laufenden Untertitelband übersetzt werden. Den ein solcher Text lässt sich wesentlich schlechter lesen, als ein- und ausgeblendete Sätze.

Eine Bildergalerie, Trailer, ein kommentarloser sehr kurzer Clip zur Premiere des Films, sowie Aufnahmen aus dem Synchronstudio und unkommentiertes Behind-the-Scenes-Material sind auf der Blu-ray auch noch vorhanden, aber nicht besonders spannend.

Symphony in Blood Red (Blu-ray)

Auf dem Bluray-Cover prangen unter anderem die marktschreierischen Zitate „Großartig gemacht und sehr stark“ (Dario Argento), „Ein wahnsinniger Film“ (Lamberto Bava) und „Eine wunderbare Hommage an die Werke von Dario Argento“ (Luigi Cozzi). An der Produktion des Films waren unter anderem Italiens Spezialeffektguru Sergio Stivaletti und Ex-Goblin-Frontmann Claudio Simonetti beteiligt, beides erfahrene Veteranen des italienischen Genrekinos.
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