Sword of Doom (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Historisches Epos am Ausklang der Edo-Zeit

Die junge Omatsu (Yokō Naitō) ist mit ihrem Großvater (Kamatari Fujiwara) über Land und Berge auf einer Pilgerreise nach Edo unterwegs, wie die japanische Hauptstadt Tokio zur Zeit der gleichnamigen historischen Epoche bis 1868 noch genannt wurde. Auf einem Höhenpass erzählt der Alte seiner Enkelin die Geschichte des Schreins, der an diesem Ort errichtet wurde, und betet dann dort um sein baldiges Ableben, empfindet er sich doch im Alter lediglich als Last für Omatsu, die gerade Trinkwasser für die Rast organisiert. Da erscheint unvermittelt ein mysteriöser Schwertträger, fordert den Großvater auf, nach Westen zu blicken und tötet ihn dann mit einem einzigen Hieb. Auf diese Weise führt Regisseur Kihachi Okamoto seine Figur des Samurais Ryūnosuke Tsukue (Tatsuya Nakadai), des kaltblütigen Kämpfers von Sword of Doom ein, dessen Haltung und Handeln so gar nicht zum Ehrenkodex des traditionellen japanischen Kriegerstandes passt.
Bietet dieser markante, in puristischem Schwarzweiß fotografierte Klassiker des Martial-Arts-Genres aus dem Jahre 1966 auch reichlich Kampfkunst, zudem in sehr konzentrierter, fesselnder Form, unterscheidet er sich doch in so manchem Aspekt von der gängigen Gangart der Gattung. Formal prägnant sind beispielsweise seine temporär langsam erscheinenden, langen Einstellungen und seine Kombination aus speziellem akustischem Hintergrund und Spannungsanstieg. Als Ryūnosuke etwa die aparte Ohama (Michiyo Aratama) zu einem diskreten Treffpunkt bestellt, um sie im Gegenzug zu seinem vorgeblichen Verzicht, ihren Mann Bunnojo Utsuki (Ichirō Nakatani) bei einem bevorstehenden Wettkampf zu besiegen, zu Intimitäten zu zwingen, begleitet der monotone Rhythmus des Strohdreschers signifikant diese Szene. Doch auch inhaltlich setzt die Geschichte nach der Erzählung Dai-bosatsu tōge von Kaizan Nakazato Differenzierungsakzente zu üblichen Samurai-Stoffen und fokussiert eher den Niedergang der Werte dieser Kriegerschaft, die gegen Ende der Edo-Zeit einen erheblichen soziopolitischen Wandel erfuhr. Aus dem Bild des üblicherweise hehren Helden wird hier mit Ryūnosuke ein berechnender, heimtückischer Aggressor, dessen Werdegang parallel zu dem von Omatsu als Hinterbliebene seines ersten Opfers im Film entworfen wird, bis die beiden am Ende vor dem großen Finale aufeinandertreffen.

Mit epischer Ausführlichkeit und sprachgewaltiger Fülle erzählt Sword of Doom die Geschichte eines leistungsstarken, gnadenlosen Kämpfers, dem innerhalb seiner Kreise bereits der Ruf der Unredlichkeit anhaftet, der seine Karriere als durchtriebener Bösewicht konsequent verfolgt und nach einem Namenswechsel in den Dienst der politischen Umbrüche und Machtbestrebungen jener Zeiten stellt. Im Vordergrund stehen dabei die Samurai-Vereinigungen, in denen die Kampftechniken nicht nur trainiert, sondern auch diskutiert werden, so dass ihre Vielfalt an unterschiedlichen Ausrichtungen deutlich wird. Der Wandel von der Shōgun- zur Tennō-Herrschaft durchwirkt die japanische Gesellschaft, deren damalige Ausprägungen eine umfassende Berücksichtigung erfahren. Mit Omatsu und Ohama und auch weiteren weiblichen Figuren werden ganz unterschiedliche Frauenrollen repräsentiert, die in einem streng hierarchischen System und überwiegend gewaltigen Abhängigkeiten leben, hier aber für das Genre recht ungewöhnlich viele Redeanteile erhalten. Insgesamt gestalten sich die Verbindungen der Charaktere untereinander komplex und vielschichtig, so dass der Anteil der Martial-Arts-Elemente hinter jenen des historischen Dramas zunehmend zurückweicht.

Sword of Doom erscheint mit seiner personellen und sozialen Detailfreudigkeit bei Zeiten ein wenig wie eine Seifenoper der gehobenen Art mit wuchtiger Tragik, aber auch reichlich umgebenden atmosphärischen Aspekten. Der Schluss wirkt ein wenig unvermittelt und abrupt, als fehle eine finale Episode der Geschichte, die der Autor Kaizan Nakazato ursprünglich über mehrere Jahre hinweg als Fortsetzungsroman in der Zeitung veröffentlichte. Dass im letzten Kampf jedoch mehr als etliche Samurai verenden und ein verzehrendes Feuer wütet, das alte Strukturen auflöst, wird alle Male deutlich. Ganz wunderbar und differenziert spielt das illustre Ensemble des Films auf, der von seinen Akteuren auf Grund seiner sorgfältigen, mehrdimensionalen Gestaltung und Thematik ein enormes Spektrum an Schauspielkunst verlangt, das diese zweifellos würdig darbieten.

Sword of Doom (Blu-ray)

Die junge Omatsu (Yokō Naitō) ist mit ihrem Großvater (Kamatari Fujiwara) über Land und Berge auf einer Pilgerreise nach Edo unterwegs, wie die japanische Hauptstadt Tokio zur Zeit der gleichnamigen historischen Epoche bis 1868 noch genannt wurde. Auf einem Höhenpass erzählt der Alte seiner Enkelin die Geschichte des Schreins, der an diesem Ort errichtet wurde, und betet dann dort um sein baldiges Ableben, empfindet er sich doch im Alter lediglich als Last für Omatsu, die gerade Trinkwasser für die Rast organisiert.
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