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In seinem zweiten Spielfilm schickt Jonas Alexander Arnby „Game of Thrones“-Star Nikolaj Coster-Waldau auf eine rätselhafte Reise in ein Luxusresort, das assistierten Suizid anbietet. Auch wenn das provokante Mystery-Drama etwas unausgegoren daherkommt, hat seine eigenwillige Atmosphäre ihren Reiz.

Suicide Tourist - Es gibt kein Entkommen (2019)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Entspannt in den Tod

„Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen“ packt mit dem begleiteten Suizid ein immer wieder kontrovers diskutiertes Thema an, das hierzulande zuletzt im Februar 2020 für neue Schlagzeilen sorgte, als das fünf Jahre zuvor beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung für verfassungswidrig erklärt und damit aufgehoben wurde. Die komplexe Frage, ob und in welcher Weise Sterbehilfe möglich sein sollte, durchdringt der dänische Filmemacher Jonas Alexander Arnby („When Animals Dream“) in seinem 90-minütigen Werk zwar nicht. Denkanstöße und Stoff zum Debattieren liefert die verschlungene Reise der Hauptfigur in ein ebenso luxuriöses wie beklemmendes Selbstmord-Hotel aber allemal.

Bis man sich zusammenreimen kann, was genau auf der Leinwand vor sich geht, dauert es eine Weile. Denn Arnby und Drehbuchautor Rasmus Birch operieren vor allem zu Beginn mit Auslassungen und Zeitsprüngen, aus denen sich erst nach und nach ein halbwegs verständliches Bild ergibt. Versicherungsmakler Max (Nikolaj Coster-Waldau), der in den ersten Einstellungen in einer Videobotschaft seinen Tod ankündigt, leidet, das kristallisiert sich irgendwann heraus, an einem unheilbaren Hirntumor, der seine Persönlichkeit schon bald rasant verändern wird. Der Schock sitzt so tief, dass es ihm trotz einiger Anlaufversuche nicht gelingt, mit seiner Partnerin Lærke (Tuva Novotny) über die schreckliche Diagnose zu sprechen. Max will sich das Leben nehmen, bringt seinen Plan allerdings nie zu Ende. In eben dieser Lage wird er von einer früheren Kundin kontaktiert, deren verschwundener Ehemann offenbar auf eine abgeschiedene Einrichtung namens „Hotel Aurora“ gestoßen ist, in der sich Menschen in den Tod belgeiten lassen. Von Neugier gepackt, will auch Max das Luxusresort aufsuchen.

Der deutsche Untertitel vermittelt den Eindruck, die Geschichte könnte eine handfeste Thriller-Richtung einschlagen. Und die Grundkonstellation weckt durchaus Erinnerungen an Gore Verbinskis opulenten Gruselstreifen A Cure for Wellness, der den Zuschauer in ein unheimliches Sanatorium entführt. Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen streift die Fesseln konventioneller Erzählmuster jedoch größtenteils ab und entpuppt sich als herausfordernd langsam dahingleitendes Mystery-Drama, das manche Dinge komplett im Vagen lässt. Nicht nur im durchgehend achronologischen Handlungsaufbau, auch in der surrealen Atmosphäre, die sich mit der Ankunft in der Exklusivherberge breitmacht, scheinen Parallelen zu den rätselhaften Arbeiten des Regieexzentrikers David Lynch auf.

Unwirklich mutet schon der mitten in die wilde norwegische Natur hineingeschleuderte Stein- und Glas-Bau des Hotels Aurora an. Unbehagen rufen viele Gespräche hervor, die Max mit anderen Resortgästen führt. Und reichlich bizarr wirken die bürokratischen Aspekte, denen man sich vor dem geplanten Ableben widmen muss. Zu entscheiden gilt es etwa, ob die eigene Urne biologisch abbaubar sein soll. Max, dessen Wahrnehmung man aufgrund seiner Krankheit nicht rückhaltlos vertrauen kann, fühlt sich plötzlich bedroht, zweifelt an seinem Entschluss und stellt erschrocken fest, dass der unterzeichnete Vertrag keinen Ausstieg gewährt.

Für eine tiefschürfende Charakterstudie fehlt es dem Film, dessen sorgsam komponierte Bilder bedrückend farblos daherkommen, ein wenig an Substanz. Arnby und sein zurückgenommen agierender Hauptdarsteller machen die Zerrissenheit eines Mannes, der in eine schwere existenzielle Krise hineinschlittert, aber konkret spürbar. Max‘ Dilemma, die gelegentlichen Horroreinschläge und der wiederholt aufblitzende absurde Humor wollen sich nicht immer vertragen. Diskussionswürdig ist beispielsweise die Situationskomik in den Momenten, in denen der Protagonist mit seinen Selbstmordversuchen scheitert. Gleichzeitig schafft es Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen allerdings gerade dank seiner Provokationen und Irritationen, ein häufig tabuisiertes Thema in den Fokus zu rücken und den Betrachter zu einer Reaktion zu bewegen. Die aufgeworfenen Fragen nach Selbstbestimmung, Verantwortung und Ausbeutung menschlicher Schicksale sind es auf jeden Fall wert, eingehender durchdacht zu werden.

Suicide Tourist - Es gibt kein Entkommen (2019)

„Suicide Tourist“ erzählt die Geschichte des schwer erkrankten Max (Nikolaj Coster-Waldau), der an einem unheilbaren Gehirntumor leidet und beschließt, sich das Leben zu nehmen. Sein Plan sich zu erhängen scheitert jedoch im letzten Moment an seiner Willenskraft. Kurze Zeit später erhält er einen überraschenden Anruf seiner früheren Kundin Alice (Tuva Novotny), die er als Versicherungsmakler betreut hat. Sie möchte den Tod ihres Mannes Arthur aufdecken, um endlich seine Lebensversicherung in Anspruch nehmen zu können. Bei seiner Recherche stößt Max auf einen Imagefilm des mysteriösen „World´s End“ Hotels, mit dem Arthur anscheinend Kontakt hatte. Ein Hotel, das geplante und betreute Suizide anbietet. Einmal dort eingecheckt, gibt es kein Zurück mehr. Max nimmt schließlich aus eigenem Interesse Kontakt auf unter der Vorgabe die Spuren Arthurs zu verfolgen. Im „World´s End Hotel“ angekommen begibt sich Max auf eine existentielle Reise auf der Suche nach Wahrheit und die Unausweichlichkeit des Todes…

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