Studio 54

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

When the party’s over

Es waren die wilden Zeiten der Nachtclubs, die Mitte der Siebziger zusammen mit dem Discofieber hereinbrachen und die bis heute unsere Club- und Party-Landschaft prägen. Unter all den Tempeln der Tanzwut und Vergnügungssucht leuchtet eine Institution wie ein Fixstern, um den alle anderen Clubs lediglich kreisen – das legendäre Studio 54 in New York City, das 1986 seine Pforten schloss. Trotzdem ist es bis heute unerreicht, und mancher Discothekenbesitzer adelt seine abendlichen Veranstaltungen mit Studio 54-Partys, die an den Glanz des Vorbildes erinnern sollen.
Der Film Studio 54 von Mark Christopher nimmt jene wilden Jahre und die Mutter aller Discotheken unter die Lupe und vermittelt die Geschichte jenes Nachtclubs über den jugendlichen und äußerst smarten Tankwart Shane O’Shea (Ryan Phillippe) aus New Jersey, der vom naiven Vorstadtjungen schnell zum König der Barkeeper im Studio 54 avanciert. Magisch angezogen von der Glitter- und Glamourwelt des Clubs, in dem unter anderem Andy Warhol, Truman Capote, der Fürstin Gracia Patricia, Salvador Dali sowie Mick und Bianca Jagger regelmäßig zu Gast waren, verschlägt es Shane an die berüchtigte Eingangstür des Studio, wo nur die ausgeflipptesten Nachtschwärmer und Szenegänger eingelassen wurde. Doch Shane will es wissen und entledigt sich kurzerhand seiner Oberbekleidung, so dass er ohne seine Freunde das Studio betreten darf. Es sind die Zeiten vor AIDS, Sex ist nicht sehr viel mehr als ein Handschlag unter Freunden oder Fremden und Drogen gehören noch zum guten Ton der Schickeria. Shane macht hier schnell seinen Weg, zumal er bereit und willig ist, für seinen Aufstieg alles zu tun und neu gewonnene Freundschaften zu verraten. Doch die schöne Welt des Scheins beginnt schnell zu bröckeln, als der Clubbesitzer Steve Rubell (Mike Myers) ins Visier der Steuerfahndung gerät.

Mark Christopher erzählt in Studio 54 vor allem eine Geschichte über das Erwachsenwerden, darüber, welchen falschen Idealen Heranwachsende oft hinterher jagen und wie es sich anfühlt, wenn Träume zerbrechen. Dabei bleibt sein Film aber über weite Strecken harmlos, die legendären Exzesse im Studio 54 werden lediglich angedeutet und können so nur wenig vom Zauber der späten Siebziger vermitteln. Eine wirkliche Abrechnung aber wagt er nicht, am Schluss stehen die Freunde von einst nach Verrat und Entfremdung wieder beisammen und wiegen sich erinnerungsselig im Talk der Musik, die der soeben aus dem Knast entlassene Steve Rubell wie ein Großmeister zelebriert. Was bleibt, ist lediglich die ferne Erinnerung an glänzende Zeiten und die Brüchigkeit einer künstlichen Welt, die für viele Menschen, berühmte wie unbekannte, beliebte wie unglückliche und einsame für ein paar Jahre Heimat war.

Studio 54

Es waren die wilden Zeiten der Nachtclubs, die Mitte der Siebziger zusammen mit dem Discofieber hereinbrachen und die bis heute unsere Club- und Party-Landschaft prägen.
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