Stille Hochzeit

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Eine Ode an das Leben

Es ist fast nicht zu glauben, dass diese Geschichte wahr sein soll: So überdreht und fantastisch kommt die daher. Und trotzdem beruht sie auf realen Begebenheiten. Man darf sie also ebenso für bare Münze nehmen wie die Tatsache, dass der neue rumänische Film ungeheuer vielseitig ist. Regisseur Horatiu Malaele bereichert das Kinowunder dieses gebeutelten Landes um eine sinnenfrohe Variante. Eine echte Entdeckung.
Ein kleines Dorf im Jahre 1953 feiert die Hochzeit von Mara und Iancu. So etwas ist auch unter dem kommunistischen Regime eine ziemlich ausgelassene Sache. Zumal es für das Brautpaar wirklich die große Liebe ist und sich die streitlustigen Familien nach anfänglichem Ärger inzwischen prima verstehen. Die Hochzeitsgesellschaft ist gerade auf dem Weg zum Festschmaus, als ein bislang nie gesehener russischer Offizier auftaucht. Just am Hochzeitstag ist Stalin gestorben. Das bedeutet sieben Tage Staatstrauer, sämtliche Feiern sind von der Minute an verboten.

Doch das lebenslustige Völkchen lässt sich von dem martialischen Auftreten des Militärs nicht gänzlich unterkriegen. Wenn es verboten ist, dann tun sie es eben heimlich. Wie Verschwörer schleichen sie sich in eine Scheune, wo die Tafel aufgetragen wird. Aber weil sie sich nicht erwischen lassen wollen, versuchen sie jeglichen Lärm zu vermeiden. Das ist äußerst skurril und führt unter anderem dazu, dass die Tanzkapelle lautlos „spielt“ und die Trinksprüche von einem Ohr ins andere geflüstert werden. Aber natürlich wird einem dieser Lebenskünstler irgendwann der Kragen platzen. Und dann ist es vorbei mit stiller Hochzeit.

Wenn schon das Leben absurd ist, mag sich Regisseur Horatiu Malaele gesagt haben, dann darf die Kunst noch skurriler sein. Sein Stil hat einiges mit Federico Fellini gemein: das schräge Personal, die Liebe zum Zirkus, die ins Fantastische überhöhte Bildsprache. Auf der anderen Seite bleibt Malaele ganz den realen Gegebenheiten verhaftet. Seine Hochzeitsgeschichte ist voller Anspielungen auf die Verhältnisse während der Diktatur, die ins Traumhafte abgleitenden Szenen verselbständigen sich nicht, sondern bleiben zurückgebunden an den tatsächlichen Fortgang der Geschichte. Auch wo die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit verschwimmen, geht es dem Regisseur nicht um das Rätseln als Selbstzweck.

Es ist erstaunlich, welche Stilsicherheit hier zutage tritt. Zwar ist Horatiu Malaele Jahrgang 1952 und blickt auf eine erfolgreiche Karriere als Schauspieler und Theaterregisseur zurück. Dennoch ist Silent Wedding / Nunta Muta sein erster Spielfilm. Mit ihm setzt er nicht nur dem Dorf ein Denkmal, das 1953 ein tragisches Schicksal erlitt. Der stilistische Eigensinn ist auch eine Hommage an die Menschen, die Malaele bei der Entwicklung seiner Figuren vor Augen hatte. An ihren Widerstandsgeist, ihren Hintersinn und ihre Gewitztheit. So wird aus einer todtraurigen Geschichte gleichzeitig eine Ode an das Leben. Ganz real und glaubwürdig.

Stille Hochzeit

Es ist fast nicht zu glauben, dass diese Geschichte wahr sein soll: So überdreht und fantastisch kommt die daher. Und trotzdem beruht sie auf realen Begebenheiten. Man darf sie also ebenso für bare Münze nehmen wie die Tatsache, dass der neue rumänische Film ungeheuer vielseitig ist.
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