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Eine junge Frau kommt in einen Konvent, um Schutz für ihr ungeborenes Kind zu suchen. Doch schnell wird klar, dass die Oberin ganz andere Pläne hat …

St. Agatha (2018)

Eine Filmkritik von Lars Dolkemeyer

Frauen am Rande des Wahnsinns

Frauen am Rande des Wahnsinns, die gefoltert werden, bis sie über diesen Rand und dann noch ein bisschen weiter gehen. „St. Agatha“ reiht sich ein in diese Kategorie, die im Horror-Genre in letzter Zeit eine ganze Menge mäßig beachtenswerter Filme hervorgebracht hat. Dabei macht der Film gar nicht alles falsch.

Mary (Sabrina Kern), eine junge, schwangere Frau, wird in einem abgelegenen Anwesen in einen Konvent aufgenommen, der sich gezielt um Schwangere kümmert, die sich der Erziehung eines Kindes nicht gewachsen sehen. Es sind die 1950er Jahre und für eine unverheiratete Frau ist es nicht leicht, in dieser Situation zurechtzukommen. Doch Mary stellt schnell fest, dass die eiserne Leitung unter der Oberin (Carolyn Hennesy) mehr als nur erzieherische Maßnahmen für die jungen Frauen bereithält.

Bilder, die unheilschwanger das düstere Anwesen zeigen und noch drohender in Rückblenden die Geschichte enthüllen, die Mary dazu brachte, den Konvent aufzusuchen, führen zunehmend in die Tiefe des alten Landhauses, in dem die Oberin mit Hilfe ihrer eifrigen rechten Hand Paula (Trin Miller) auch einen Folterkeller dazu nutzt, den widerständigen Geist von Mary zu brechen. Sie soll, dieses reinen Namens unwürdig, fortan Agatha heißen und sich ganz dem eigenartigen Unternehmen fügen, das unter dem Deckmantel des Konvents eigentlich ganz andere Geschäfte betreibt.

Viel wirft St. Agatha dabei im Fortgang seiner Geschichte in einen Genre-Topf: Gruselige Folter-Nonnen, unheimliche Anwesen, geheime Organisationen und möglicherweise auch etwas noch Dunkleres – am Ende ist aber nicht klar, an welcher Idee der Film nun eigentlich interessiert ist. Eher noch entsteht der Eindruck, sein Interesse läge vor allem darin, im zusammengewürfelten Setting einige gute Vorwände zu finden, um – mal wieder – eine junge Frau den Verstand verlieren zu lassen, bevor sie sich zusammenreißen und den Kampf gegen ihre Peiniger aufnehmen kann.

In den Versatzstücken des Films finden sich dabei durchaus gelungene Ansätze: die Dynamik der Leidensgemeinschaft junger Frauen, die gegen ihren Willen festgehalten und in ein enges Regel-Korsett gefügt werden, lässt einige packende Momente entstehen, in denen sich die Hintergründe des vorgeblichen Konvents langsam enthüllen. Über weite Strecken gelingt es dem Film damit sogar sehr gut, Spannung aufzubauen und zu erhalten, jedoch vermag er es in den plötzlichen, gewaltsamen Entladungen nicht in etwas anderes fortzusetzen.

Als würde St. Agatha aus Sorge, vielleicht doch nicht genug Nervenkitzel zu bieten, immer noch eine Ebene, immer noch eine Wendung und noch ein Thema in sein Setting einfügen wollen, gibt der Film doch genau damit dieser Sorge freie Bahn. Die bedrückende und geheimnisvolle Enge seiner Prämisse wird von den unterschiedlichen Feldern der Zermürbung und Folter allzu weit aufgelöst: Was hat es mit dem zwielichtigen Priester auf sich? Woher kommen die dunklen Stimmen im Keller? Was ist das für eine Frau, die auf dem Dachboden eingesperrt ist?

Die meisten Antworten, die der Film auf diese Fragen schließlich gibt, fügen sich zwar zu einem halbwegs stimmigen, aber uninteressanten Gesamtbild. Um eindringliche Augenblicke zu produzieren, wählt der Film stets die offensichtlichsten Wege – und geht an unerwarteten Wendungen oder vielseitigen Entwicklungen völlig vorbei. Es ist langweilig geworden, immer wieder psychisches Leid junger Frauen als Vorwand für Szenen von Schmerz und Gewalt präsentiert zu bekommen. Wenn der Film keine eigene, spannende Idee dazu entwickeln kann, reicht der bloße Einsatz des Settings nicht aus, um starke Reaktionen zu befördern. St. Agatha verpasst es, mehr als nur ein weiterer Film mit wahnsinnigen Frauenfiguren zu sein, der an diesen Figuren selbst aber gar kein Interesse zeigt.

St. Agatha (2018)

Georgia in den 1950er Jahren: Eine schwangere Betrügerin sucht Zuflucht in einem abgelegenen Kloster. Doch was zuerst als perfektes Versteck erschien, entpuppt sich als Hort des Grauens, in dem düstere Geheimnisse lauern … 

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