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Spenser wer? In seiner fünften Zusammenarbeit mit Regisseur Peter Berg gibt Mark Wahlberg einen Privatdetektiv mit harter Hand und weichem Herz. Dessen Name dürfte einigen bekannt vorkommen.

Spenser Confidential (2020)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Er kann auch anders

Peter Berg und Mark Wahlberg, dieses Duo stand bislang für knallhartes, humorloses, mitunter erdenschweres und politisch fragwürdiges Actionkino. In ihrer fünften Zusammenarbeit, der ersten für Netflix, hat der Regisseur den Witz und die Leichtigkeit seiner Anfangsjahre wiedergefunden. Und auch sein Hauptdarsteller zeigt sich von seiner komödiantischen Seite. Ob’s an der Vorlage liegt?

Die stammt vom Schriftsteller Robert B. Parker. Der schickte seinen Titelhelden von 1973 bis zu seinem Tod 2010 in 39 Kriminalromanen auf Verbrecherjagd. Ein ehemaliger Profiboxer und Ex-Cop, der in Boston in bester Hardboiled-Manier als Privatdetektiv seine Runden dreht. Krimi Nummer 40 erschien posthum. Seither führt Autor Ace Atkins die erfolgreiche Reihe fort. Bergs Film basiert auf dessen 2013 veröffentlichtem Roman Wonderland. Aber selbst, wer die Bücher nicht gelesen hat, könnte diesen Schnüffler kennen.

Beim Namen Spenser dürfte es bei manchen klingeln. Nicht die Kinderserie Hallo Spencer (1979-2001) ist hier gemeint, sondern Spenser (1985-1988), in der Schauspieler Robert Urich auf Sat.1 ab August 1987 auch in Deutschland ermittelte. Ihm zur Seite stand Hawk, ein Mann für alle Fälle, dessen Figur eine kurzlebige Auskopplung erhielt, bevor dessen Darsteller Avery Brooks als Captain Benjamin Sisko in Star Trek: Deep Space Nine (1993-1999) in himmlische Sphären entschwebte.

Bei Berg geht es indes gewohnt bodenständig zu. Ob auch Wahlbergs Spenser professionell geboxt hat, bleibt offen. Richtig zuschlagen hat er auf jeden Fall im Boxklub seines väterlichen Mentors Henry (Alan Arkin) gelernt. Und weil er seine Fäuste im knappen Prolog ausgerechnet gegen seinen Vorgesetzten Captain Boylan (Michael Gaston) einsetzt, landet der Polizist im Knast.

Fünf Jahre später kommt er wieder raus, erst mal bei Henry unter und bekommt ordentlich auf die Fresse. Zu schönster 70er- und 80er-Mucke bläuen ihm erst seine Mithäftlinge, dann seine ehemaligen Kollegen ein, Boston schleunigst zu verlassen. Doch so viel wohlmeinende Ablehnung macht Spenser stutzig. In bester Mark-Wahlberg-Manier zieht Mark Wahlberg seine Augenbraue hoch. Als Boylan bestialisch ermordet und die Schuld einem Polizisten in die Schuhe geschoben wird, schlägt Spensers Gerechtigkeitsdetektor schließlich voll aus. Dieser Typ kann einfach nicht anders, als seine Nase in fremde Angelegenheiten zu stecken.

Mit großer Klappe und fatalistischer Freude stürzt sich Spenser ins Verderben. Gemeinsam mit seinem ungeliebten Zimmergenossen Hawk (Winston Duke) legt er los. In der Filmvariante ist Hawk ein Mixed-Martial-Arts-Kämpfer mit Vorliebe für veganes Essen und Spirituelles. Und gemeinsam mit dem 1,96-Meter-Mann Winston Duke bildet Mark Wahlberg ein wunderbar ungleiches Paar. Altstar Alan Arkin (Catch-22, Little Miss Sunshine), der wie gewohnt den knochentrockenen Nörgler gibt, und Stand-up-Komikerin Iliza Shlesinger, die Spensers schwer genervte Ex Cissy Davis spielt, erweitern das schräge Duo zu einem noch schrägeren Quartett.

Die Geschichte ist zwar ziemlich vorhersehbar und in puncto Action ist alles zwei, drei Nummern kleiner geraten als üblich, dafür aber auch viel leichter zu verdauen als Bergs zuletzt aufgetischte Kinokost. Allein schon die Tatsache, dass die Protagonisten einmal nicht pausenlos aus allen Rohren feuern, sondern mit den Fäusten kämpfen, ist eine gelungene Entschleunigung. Der Rest ist hingegen flugs erzählt. Dementsprechend wiegen all die offensichtlichen Schwächen – von den Handlungslücken über die (zu) flachen Nebenfiguren bis zum schlampigen Umgang mit dem Buddy-Movie-Potenzial – nicht so schwer.

Klar, auch diese Berg-Figur ist eine mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn, die sich dabei weniger an geltendes Recht und mehr an ihren eigenen Moralkodex hält. Gemessen an den aus Bergs jüngsten Filmen gewohnten Rechtsbeugungen nehmen sich diese aber geradezu erfrischend harmlos aus. Ein netter Spaß, zwischendurch gar ironisch, letztlich aber ebenso schnell wieder vergessen wie konsumiert.

Spenser Confidential (2020)

Als er die Wahrheit über einen aufsehenerregenden Mord und die dahinter liegende Verschwörung herausfindet, begibt sich der ehemalige Polizist Spenser (Mark Wahlberg) wieder in den Untergrund der Verbrecherwelt Bostons. Ungeachtet der wiederholten Drohungen übt er Selbstjustiz, um zu beweisen, dass niemand über dem Gesetz steht.

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