Speckles - Die Abenteuer eines Dinosauriers

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Dinosaurier üben eine anhaltende Faszination auf Kinder aus. Das Interesse für die urzeitlichen Geschöpfe zieht sich durch eine Generation nach der anderen. Das Kino befriedigt die Neugierde der kleinen Zuschauer mit Filmen wie In einem Land vor unserer Zeit und Ice Age 3 – Die Dinosaurier sind los. Aus Südkorea kommt nun der neuste Beitrag zum Dino-Genre: Speckles – Die Abenteuer eines Dinosauriers.
Speckles ist ein kleiner T-Rex, der als jüngstes von vier Geschwistern aufwächst. Als Nesthäkchen darf er noch nicht an der gemeinsamen Jagd teilnehmen, was ihn sehr verärgert. So kommt es, dass er mit dem leichtsinnigen Versuch, auf eigene Faust einen großen Dinosaurier zu erlegen, das Leben seiner Familie aufs Spiel setzt. Sowohl die Geschwister als auch die Mutter kommen durch die Einmischung eines bösartigen T-Rex namens Einauge ums Leben. Plötzlich ist Speckles ganz auf sich gestellt und kann sich nur mit Müh und Not ernähren bis er eines Tages Azura, einem gleichaltrigen weiblichen T-Rex, begegnet. Die beiden werden enge Freunde und Jagdgenossen. Doch der fiese Einauge ist Speckles noch immer auf den Fersen.

Speckles – Die Abenteuer eines Dinosauriers wendet innovative Technologien an, um seine zahlreichen Dinosaurierarten dreidimensional auf die Leinwand zu bannen. Während die Naturaufnahmen an Originalschauplätzen in Neuseeland gedreht wurden, entspringen Speckles und seine Artgenossen alle dem Computer. Die Mischung realer Hintergründe und animierter Dinosaurier kann nicht durchgängig überzeugen, ist aber eine interessante Abwechslung zu gänzlich animierten Kinderfilmen, in denen die Ur-Echsen oft stark verniedlicht werden. Die realistische Darstellung der Dinosaurier hat aber auch ihre Schattenseiten, denn die aggressiven Fleischfresser kommen gar gruselig daher. Diese potentiell beängstigende Wirkung der Figuren wird durch die dramatische Filmmusik noch verstärkt. Das unterscheidet Speckles – Die Abenteuer eines Dinosauriers klar von familienfreundlichen Vorbildern wie In einem Land vor unserer Zeit.

Auch die Handlung ist nicht wirklich kindgerecht. Speckles’ Lebensgeschichte ist durch tragische Ereignisse geprägt. Die wiederholten Angriffe Einauges setzen sein Leben immer wieder aufs Spiel und nehmen ihm eine Bezugsperson nach der anderen. Den kleinen Zuschauern wird eine Menge zugemutet, wenn ihr Held mehrfach Kämpfe um Leben und Tod ausfechten muss. Auch ist die wiederholte Darstellung der Jagd durchaus diskussionswürdig. Auf der einen Seite ist es lobenswert, diese als Teil des Alltags eines Tyrannosaurus darzustellen und den Kindern damit die Gesetze der Natur nahezubringen. Immerhin erspart uns Regisseur Han Sang-ho spritzendes Blut und jaulende Opfer. Nichtsdestotrotz kommen bei der Beutejagd natürlich andere Tiere zu Tode, die vom Kinderpublikum selbstverständlich als schätzenswerte Kreaturen angesehen werden und um die somit auch getrauert werden kann.

An dieser Stelle wird das Hauptproblem von Speckles – Die Abenteuer eines Dinosauriers deutlich. Auf der einen Seite geben sich die Filmemacher Mühe, ein realistisches, wissenschaftlich fundiertes Bild der verschiedenen Arten zu zeichnen. Hierzu wurde als Fachmann der Paläontologe Huh Min hinzugezogen. Die Dinosaurier sprechen nicht, sondern kommunizieren durch die ihnen eigenen Laute. Nur das Voice-Over, Speckles Erzählstimme, informiert den Zuschauer über die Vorgänge auf der Leinwand. Gleichzeitig aber wird Speckles gerade durch dieses Voice-Over extrem vermenschlicht. Auch seine Familienbande sind für einen realen Dinosaurier natürlich viel zu emotional. Besonders auffallend ist in diesem Zusammenhang auch die Figur des Einauge. Seine anhaltende Feindseligkeit gegenüber der Hauptfigur entbehrt jedweder biologisch-evolutionärer Begründbarkeit. Allerdings ist sein Handeln auch aus einer menschlichen Perspektive vollkommen unmotiviert. Er dient lediglich als eindimensional konstruierter Bösewicht, der die Handlung vorantreiben soll.

Die unausgewogene Mischung realistischer, ungeschönter Darstellung und der Vermenschlichung der Dinosaurier wirkt auch auf ein erwachsenes Publikum verstörend. Zudem gestattet die Handlung dem Zuschauer nur wenige Ruhepausen. Den Großteil des Films über ist Speckles entweder in Lebensgefahr oder trauert um den Verlust eines liebgewonnenen Begleiters. Dabei bleibt das pädagogische Potential ungenutzt. Speckles – Die Abenteuer eines Dinosauriers vermag keine moralische Botschaft zu vermitteln. Und auch der Informationsgehalt ist kritisch zu betrachten, da für den Zuschauer nie deutlich wird, ob es sich bei den Ereignissen um wissenschaftlich fundierte Vorgänge oder vermenschlichtes Verhalten handelt.

Speckles – Die Abenteuer eines Dinosauriers ist kein Kinderfilm. Es handelt sich um das Produkt verspielter Filmemacher, die – vielleicht in Erinnerung an den eigenen kindlichen Dino-Wahn – die Geschichte des kleinen T-Rex nutzen, um sich auf dem Gebiet der 3D-Technik auszuprobieren.

Speckles - Die Abenteuer eines Dinosauriers

Dinosaurier üben eine anhaltende Faszination auf Kinder aus. Das Interesse für die urzeitlichen Geschöpfe zieht sich durch eine Generation nach der anderen. Das Kino befriedigt die Neugierde der kleinen Zuschauer mit Filmen wie „In einem Land vor unserer Zeit“ und „Ice Age 3 – Die Dinosaurier sind los“. Aus Südkorea kommt nun der neuste Beitrag zum Dino-Genre: „Speckles – Die Abenteuer eines Dinosauriers“.
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