Space Tourists

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Der Weltraum. Unendliche Weiten.

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wer hat als Kind nicht nachts in den Himmel gestarrt und war fasziniert von der Vorstellung wie es wäre dort zu sein? Der Schweizer Dokumentarfilmer Christian Frei hat diesem Thema nun ein durchaus irdisch verankertes Filmessay gewidmet: Space Tourists.
Anousheh Ansari hat sich einen Kindheitstraum erfüllt. Sie ist im Weltraum gewesen, ganz so wie sie es sich als kleines Mädchen erträumt hatte. Sie ist keine Astronautin, dafür aber Millionärin und die erste Frau, die sich per Weltraumtourismus den dritten und sonst leeren Platz in einer Sojus Rakete kaufen konnte. Nach monatelangem Training und einem Scheck über 20 Millionen Dollar sitzt sie am Anfang des Films zusammengepfercht auf wenigen Quadtratmetern in der kleinen Kapsel und strahlt überglücklich bei der geglückten Landung.

Dann gibt es noch die andere Seite, die durchaus irdische. Baikonur, der einst geheimste Ort der Welt, mitten in der kasachischen Wüste. Wer hier wohnt, lebt am Rande der Gesellschaft. Während des kalten Krieges wohnten hier hunderttausende Menschen. Alle arbeiteten in Baikonur. Doch nach dem Ende des kalten Krieges wurden viele entlassen und kehrten ihre Heimat zurück. Zwischen leer stehenden und zubetonierten Neubaublöcken, verlassen Spielplätzen und trostloser Wüste leben jetzt noch die, die nicht wussten wo sie sonst hin sollen. Unter ihnen, Jonas Bendiksen, Magnum Fotograf, der seit Jahren das Leben dort dokumentiert. Ihm gelangen auch die ersten Fotos der kasachischen Schrotthändler. Wie Bendiksen lakonisch bemerkt: „Was hoch fliegt, muss auch wieder runterkommen“. Während in den USA die Zündstufen in den Atlantik stürzen, fallen sie in Baikonur zurück auf die Erde und erschlagen dabei auch gerne mal ein paar Kühe. Zwar sind die ausgebrannten Stufen voll mit gefährlichen Chemikalien, doch die Metalle sind hochwertig und viel Geld wert. Christian Frei folgt den Kasachen mit der Kamera in die Wüste auf der Suche nach den Zündstufen. Ein bisschen erinnert das an Mad Max. Dreckige Männer im absoluten Nichts – die kasachische Wüste und ihre Bewohner leben in der Zukunftsdystopie, die wir nur aus dem Kino kennen. Der Traum ins Weltall zu fliegen wird konterkariert von den Blicken der Schrotthändler in den Himmel. Sie suchen nach einem Weg zum Überleben, mit Träumen wie Anousheh Ansaris hat das nichts zu tun. Da diese es jedoch wichtig findet, dass eines Tages jeder – unabhängig vom Geld – ins All fliegen kann, hat sie einen Preis ausgerufen. Gewinner ist, wer den ökonomischsten Weg zur privaten Allreise konstruieren kann. Mit dabei Dumitru Popescu aus Rumänien. Er teilt Anashis Traum und bastelt in Rumänien an seiner eigenen Rakete.

Alle Geschichten und Bilder stellt Christian Frei unkommentiert nebeneinander. Sein Film lässt den Zuschauer selbst die Geschichte finden und bietet Platz für einen eigenen Subtext. Sei es der Traum einer Weltraumreise oder der Unterschied zwischen arm und reich, oben und unten (hier im wahrsten Sinne des Wortes). Aus klein wird groß und umgekehrt. Ruhig und mit Musik des russischen Komponisten Artemyev unterlegt gleiten die Bilder in kleinen Geschichten und großen Assoziationen dahin. Frei weiß essayistisch und nicht wertend mit seinem Material umzugehen. So entfaltet der Film eine große Freiheit zum Reflektieren über das Gesehene, die allerdings eine sonst nicht so oft geforderte Aktivität beim Zuschauer voraussetzt. Es gilt die Bilder zu begreifen und sich sein eigenes Bild daraus zu bauen. Wer dazu bereit ist, wird dieses kontemplative Werk schätzen.

Space Tourists wurde 2010 in beim Sundance Film Festival mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet.

Space Tourists

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wer hat als Kind nicht nachts in den Himmel gestarrt und war fasziniert von der Vorstellung wie es wäre dort zu sein? Der Schweizer Dokumentarfilmer Christian Frei hat diesem Thema nun ein durchaus irdisch verankertes Filmessay gewidmet: „Space Tourists“.
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