Soul Kitchen (2009)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Eine Art Heimatfilm

Wenn’s nicht läuft, läuft es einfach nicht. Wer selbst schon einmal eine Pechsträhne hatte, weiß selbst genau, dass sich manchmal ein Unglück gerne zum vorigen gesellt. Und genau das widerfährt dem Hamburger Kneipier Zinos (Adam Bousdoukos). Seine Kneipe „Soul Kitchen“ im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg läuft mehr schlecht als recht, seine Freundin Nadine (Pheline Roggan) befindet sich auf dem Absprung nach China, um dort als Auslandskorrespondentin zu arbeiten und dann ereilt ihn zu allem Unglück auch noch ein äußerst schmerzhafter Bandscheibenvorfall, der ihn beinahe bewegungsunfähig macht. Besonders blöd ist das natürlich, wenn man wie Zinos nicht einmal krankenversichert ist und sich deshalb in die groben Hände von Heilern wie „Kemal, dem Knochenbrecher“ begeben muss. Zu allem Überfluss gibt es zudem noch Zinos‘ kriminellen Bruder Illias (Moritz Bleibtreu), der unbedingt im Soul Kitchen mitarbeiten will, um seinen Freigang zu verlängern, und Torsten Neumann (Wotan Wilke Möring), einen windigen Freund von früher, der es auf das „Soul Kitchen“ abgesehen hat. Und so überschlagen sich alsbald die Ereignisse, zumal dank des cholerischen, aber grenzgenialen neuen Kochs Shayn (Birol Ünel) die üble Absteige quasi über Nacht zum In-Lokal Hamburgs wird.

Man muss sich erst einmal an diesen Film gewöhnen: Ungewohnt leicht, manchmal ein wenig lärmig, dann wieder derb und ungeschliffen kommt Soul Kitchen daher und schlägt Töne an, die man von den letzten Filmen Fatih Akins gar nicht gewohnt ist. Statt ausgeklügelter Figurenzeichnungen und emotionaler Verschränkungen versammelt das Skript allerlei Anzügliches, packt jede Menge wilde Sprünge und Unwahrscheinlichkeiten, Hans-Albers-Songs, Jan-Delay-Lieder und natürlich Soul Music in den Plot und verrührt das Ganze zu einer Ode an das prekäre Dasein Hamburger (Über)Lebenskünstler, die immer wieder straucheln und dann im nächste Moment wieder aufstehen, um irgendwie weiterzumachen.

Sicherlich, Soul Kitchen wird manchen Fan von Fatih Akin irritieren, der sich nach den wuchtigen Dramen Gegen die Wand und Auf der anderen Seite einen ähnlichen Film erwartet hatte. Aber zeichnet nicht gerade das einen guten Filmemacher aus – dass er sich immer wieder weiterbewegt? Nicht das Erwartete und Erwartbare präsentiert, sondern Neues wagt? Mit Soul Kitchen ist Akin das jedenfalls zumindest teilweise gelungen. Wobei vieles, was man hier sieht, nicht wirklich neu ist, sondern schon in früheren Filmen wie Solino zu sehen war. Nur vergisst man das angesichts des übermächtigen Eindrucks von Gegen die Wand und Auf der anderen Seite eben allzu leicht.

Vor allem aber ist Soul Kitchen ein echter Jungs-Film: Statt den Angeboten aus Hollywood zu folgen, hat Fatih Akin allem Anschein nach lieber einen Spaß-Film mit seinen Freunden gedreht. Wie so oft, so spielen auch diese Mal wieder zahlreiche Schauspieler wie Moritz Bleibtreu, Adam Bousdoukos und Demir Gökgöl mit, die schon beinahe zu (lebendigen) Inventar eines Akin-Films gehören.

Wüsste man es nicht besser und wären die Helden und Figuren aus Akins neuem Film im Verlauf ihrer (und seiner) Karriere nicht gemeinsam mit ihm gealtert, würde man Stein und Bein schwören, dass dieser Regisseur maximal Mitte 20 ist und gerade erst seine Karriere beginnt. Wer Akins Kurzfilme wie Getürkt oder Sensin, du bist es! kennt, die vor mehr als zehn Jahren entstanden sind, kann darin durchaus Vorläufer zu diesem neuen Film sehen.

Und so vereint Soul Kitchen scheinbar Widersprüchliches in sich: Er ist Neubeginn und Rückbesinnung, verhandelt Tiefsinniges wie Liebe, Abschied und Heimat mit Wärme und Albernheit, ist funky, dann wieder spröde und manchmal an der Grenze des Banalen und Platten. In all seiner Vitalität, aber auch seinen Ungereimtheiten und seiner Sprunghaftigkeit wirkt dieser Film wie ein Zwischenschritt; es haftet ihm der Versuch an, sich neu zu erfinden und sich zugleich mit Bekanntem und Vertrautem rückzuversichern. Mit allem Risiken und Nebenwirkungen, die solch ein Prozess beinhaltet.
 

Soul Kitchen (2009)

Wenn’s nicht läuft, läuft es einfach nicht. Wer selbst schon einmal eine Pechsträhne hatte, weiß selbst genau, dass sich manchmal ein Unglück gerne zum vorigen gesellt. Und genau das widerfährt dem Hamburger Kneipier Zinos (Adam Bousdoukos). Seine Kneipe „Soul Kitchen“ im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg läuft mehr schlecht als recht, seine Freundin Nadine (Pheline Roggan) befindet sich auf dem Absprung nach China, um dort als Auslandskorrespondentin zu arbeiten und dann ereilt ihn zu allem Unglück auch noch ein äußerst schmerzhafter Bandscheibenvorfall, der ihn beinahe bewegungsunfähig macht.

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Meinungen

luna · 10.06.2010

der Film war so geil kann ich nur empfehlen!!!!

p.w. · 06.03.2010

einfach köstlich !

hb · 07.02.2010

19:36 07.02.2010

Filmkritik: "Soul Kitchen"

ein film wie ein "hämbörger", um es jetzt der deutlichkeit halber mal lautsprachlich zu schreiben: mit heißhunger gekauft und reingebissen, viel ketchup und remoulade, das obligate gürkchen, ein welkes salatblatt, die geschmacksneutrale tomatenscheibe, einen gegrillten batzen fleisch als alibi in der mitte und außendrum ein pappbrötchen für den zusammenhalt - zu dick, um genussvoll abzubeißen, aber gut mit beiden händen anzupacken: alle paar schaltjahre wunderbar für den moment, aber genauso instantmäßig vergessen und im nachgeschmack bereits: *uää*.

ein buntes, nicht direkt überzeugendes sammelsurium an geschichten und anekdötchen aus dem prallen looser-leben - saufen geil, frauen geil, rauchen geil, basta.

ja, es gab was zu lachen, ja, wir haben uns auch amüsiert - und ja, die geschichte ist absolut absehbar. man sieht was von hamburg, das auch (und hamburg ist einfach eine, verzeihung: geile stadt - ich passe mich hier nur der reduzierten filmsprache an). letzteres macht immerhin laune.

und der koch ist eine schau, der reißt so manches raus: ein charaktervieh der nicht unmittelbar angenehmen art, aber mit ziel und biss. den rest der illustren gesellschaft jedoch möchte man schütteln: hallo!! aufwachen!! kriegt ihr noch was mit vom leben jenseits eures kleinen privaten sumpfes?! oh, mann!!

so vordergründig witzig, so hintergründig ernüchternd: kann man anschauen, wenn man grad nichts besseres zu tun hat, aber außer dem schönen gesicht der kellnerin, die auf den knastbruder abfährt (ja, hatten wir auch schon, ist wahr, aber dieser film lebt eben von solchen plattheiten und klischees) und dem leidenschaftlich abgefahrenen koch bleibt: magenkleister. und der entschiedene wunsch zurück zu den gehaltvolleren akin-filmen.

Christoph · 07.02.2010

Absolut sehenswert. Astreine Dramatik verpackt in exelente dargestellte Charaktere.

Joelatte · 25.01.2010

Sensationeller Film mit hervorragenden Schauspielern die einfach nur Spass machen.
Da hat der gute Fatih mal wieder alle Register gezogen und einen herrlich ueberdrehten Film zu stande gebracht. Wer "Im Juli" gut findet, erfreut sich auch an diesem kleinen Meisterwerk.
Fazit: Ankucken, geniessen und lachen

Claus · 20.01.2010

Soulkitchen ist leider ein recht flacher Film. Im Grunde wird ständig nur geraucht und gesoffen. Alles natürlich ganz toll - aus Sicht vielleicht eines Süchtigen oder Möchtegern-68er-Journalisten, die diesen Film so gelobt haben.
Handlung: Ziemliche Fehlanzeige. Die Pechsträhne - die eigentlich keine ist - ist vorhersehbar, die reiche Tochter richtet es dann. Ach, wie super. Dialoge: 2 hörenswert, das war`s. Selbst als lockere Abendunterhaltung eher ärgerlich. Fazit: Nicht ansehen. Da gibt`s aber vieles mit mehr Niveau, Grips und Kreativität.

henno · 10.01.2010

fatih akin hat leider mit diesem möchtegern-coolness-film nicht gerade ein glanzstück abgeliefert. man sollte filme nicht miteinander vergleichen. doch wo ist die kraft von "gegen die wand" geblieben? stereotypen und ein herr bleibtreu, der von film zu film nun zunehmend sein äußerst begrenztes repertoire zum besten gibt

Katharina K. · 06.01.2010

Obwohl ich eine große Verehrerin von Fatih Akin bin, muss ich dringend von diesem Film abraten. Es scheint, Komödie ist nicht Akins Genre. Der Film platzt fast wegen des enormen Overloads an Charakteren (die cartoonmäßig oberflächlich und stereotyp gezeichnet sind), Handlung und unerwarteten Entwicklungen. Das macht ihn extrem oberflächlich und somit unglaubwürdig. Auch der Rahmen einer "vorher-nachher"-Story ist viel zu klischeehaft vorhersehbar angelegt. Bin selten so enttäuscht und perplex aus dem Kino gekommen.

Andrea Tapper · 04.01.2010

Soul Kitchen - eine Liebeserklärung an Hamburg. Ein Gute-Laune-Film. Exakt gezeichnete Hamburger Typen, vom good-looking Immobilien-Spekulanten bis zur Altervilla-Tochter aus Gutem Hause. Ein großer Genuss, kein Wunder, dass die Hamburger Kinos (allen voran das Abaton) bis auf den letzten PLatz ausverkauft sind für diesen Firm. Kraftvoll, wendig, lässig. Und Moritz Bleibtreu unterstützt das ganze noch doch schauspielerische Profi-Power. Ist doch wunderbar, dass ein gebürtiger Türke den besten Hamburg-Film von 2010 macht!