Snowy River

Eine Filmkritik von Martin Beck

Wie die Natur, so der Mensch

Gerade erst hat sich George Miller in Cannes blamiert und jetzt erscheint auch noch das heimelige Westernabenteuer Snowy River auf Blu-ray. Gut nur, dass hier nicht DER George Miller Regie führt, sondern der George Miller – ebenfalls ein Australier, allerdings mit deutlichem Hang zu Familienfilmen und -serien. Statt Outlaws, Sheriffs und Colt-Duellen um die Mittagszeit stehen hier die Personen im Mittelpunkt, die normalerweise am Seitenrand bleiben und den schneidigen Helden Anlass zum Schießen geben. Es geht um normale Leute. Die normale Dinge tun und während der gesamten Laufzeit nicht einen Schuss abgeben.
So richtig reizvoll klingt das zugegebenermaßen nicht, doch Snowy River ist ja auch kein klassischer Western. Im Herzen des Films pocht vielmehr eine Seifenoper, getaucht in eine wunderbare Natur, die das Handeln der Personen weit genug bestimmt, um trotzdem den Genre-Stempel zu verteilen. Angesiedelt ist die Handlung in den Bergen Victorias, wo der 18-jährige Jim (Tom Burlinson) nach dem Unfalltod seines Vaters erstmal Familienschulden abtragen muss. Auf der Ranch von Harrison (Kirk Douglas) findet er Arbeit und auch Liebe, in Gestalt von Harrisons Tochter Jessica (Sigrid Thornton). Zu dumm nur, dass ihr Vater gegen die Verbindung ist. Und auch das Auftauchen von Spur, Harrisons Zwillingsbruder (erneut Kirk Douglas), sorgt für Unruhe, genauso wie eine wilde Pferdeherde, die eingangs für den Tod von Jims Vater verantwortlich war.

Das ganze Plotgerüst von Snowy River besteht aus seifigen Charakteren, sei es der junge Mann, der hinaus in die große Welt treten muss, der reiche, arrogante Großgrundbesitzer mit dem dunklen Geheimnis, sein komplett anders gepolter Zwillingsbruder oder die rebellische und hübsche Frau, deren Liebe eigentlich nicht sein darf. Im besten Fall geht so eine Aufstellung als ‚klassisch‘ durch, wobei dann aber kritisch angemerkt werden darf, dass die Geschichte keinen richtigen Zug entwickelt. Snowy River ist vor allem gediegen und schwelgerisch, die ganz großen Konflikte werden abgefedert durch die inhaltlichen Klischee-Vibrationen und natürlich die phänomenalen Landschaftsbilder. Das Scope-Format schmückt hier einen beeindruckenden Werbefilm für Australien, der ja auch noch viele, viele Pferde zeigt und so der alten Floskel von der Natur als weiterem Hauptdarsteller eine überzeugende Daseinsberechtigung ausspricht.

Also bitte die Western-Brille etwas Richtung Abenteuer justieren, etwas Richtung XXL-Melodram, das aber zum Glück nie so übermächtig schmalzig wird wie zum Beispiel bei Legenden der Leidenschaft. Snowy River wahrt immer seine australische Ader, seine unprätentiöse Natürlichkeit, die den Seifenelementen ihren Platz im großen Ganzen mächtiger Landschaftspanoramen zuweist. Da kann es dann schon mal passieren, dass die Geschichte etwas unfokussiert erscheint und die Kraft der Natur und Emotionen ganz eigene Wege finden. Wirklich spannend ist das dann eher nicht, aber wie beim sonntäglichen Herzkino im ZDF kommt man sich dafür auch nicht vor. Alleine schon die Mitwirkung von Kirk Douglas, der seine Doppelrolle hier wunderbar nuanciert spielt, schiebt jeder Anwandlung in dieser Richtung einen Riegel vor.

Snowy River ist am ehesten ein großer Familienfilm inmitten wunderschöner Natur. They don’t make ‚em like this anymore, entweder mit der Schlagseite ‚klassisch‘ oder ‚klischeehaft‘. Nach mehreren DVD-Veröffentlichungen ist nun die Blu-ray von Koch-Media erschienen, ausgestattet mit exzellenter Bild- und Tonqualität. Zusätzlich zur regulären deutschen Version ist ebenfalls die verlängerte Originalfassung anwesend, allerdings ohne deutschen Ton oder deutsche Untertitel.

Snowy River

Gerade erst hat sich George Miller in Cannes blamiert und jetzt erscheint auch noch das heimelige Westernabenteuer „Snowy River“ auf Blu-ray. Gut nur, dass hier nicht DER George Miller Regie führt, sondern der George Miller – ebenfalls ein Australier, allerdings mit deutlichem Hang zu Familienfilmen und -serien.
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