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Nichts ist, wie es scheint! Mit „Im Netz der Versuchung“ serviert Regisseur und Drehbuchautor Steven Knight dem Kinopublikum eine merkwürdige filmische Wundertüte, hochfliegende Ambitionen und ein Star-Aufgebot inklusive.

Im Netz der Versuchung (2019)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Trügerisches Paradies

Wer sich nach Ansicht des offiziellen Trailers zur dritten Spielfilmregiearbeit des Drehbuchexperten Steven Knight („Allied — Vertraute Fremde“) auf einen knisternden Noir-Thriller unter Palmen freut, sei eindringlich gewarnt. „Im Netz der Versuchung“ ist ein Kuriosum, das spätestens nach einem fulminanten Twist im Mittelteil für ungläubiges Staunen sorgen dürfte – nur leider weniger im positiven Sinne. So sehr man das Spiel mit Ideen, Erwartungen, Genremustern und Erzählkonventionen auch goutieren möchte, muss man am Ende doch konstatieren, dass sich vieles falsch und plump anfühlt.

Knights ungebremste Experimentierfreude zeigt sich bereits in den ersten Momenten, wenn die Kamera in die Pupille eines Auges eindringt und plötzlich den Blick auf eine neue Welt freigibt: Einen sattblauen Ozean, über den der abgehalfterte Baker Dill (Matthew McConaughey) mit seinem Kahn „Serenity“ auf der Suche nach einem speziellen Thunfisch schippert. Der finanziell nicht auf Rosen gebettete Kriegsveteran scheint geradezu davon besessen, einen besonderen Fang zu machen, und erinnert in seiner offen zur Schau gestellten Obsession sicher nicht von ungefähr an den Schiffsdespoten Ahab aus Herman Melvilles Moby-Dick.

Eine ganze Weile beobachtet Knight einfach nur den Alltag seines Protagonisten, den es auf die abgelegene Tropeninsel Plymouth verschlagen hat: Regelmäßig fährt Dill wohlhabende Touristen zum Angeln aufs Meer hinaus und hofft dabei „seinem“ Thunfisch zu begegnen. Fast jeden Abend beglückt er seine Geliebte Constance (komplett unterfordert: Diane Lane), die ihm immer wieder Geld zusteckt. Und häufig zieht es ihn im Anschluss noch in eine schummrige Spelunke. Am Ende der Welt – wie er Plymouth selbst einmal umschreibt – führt er ein recht eintöniges, von Routinen geprägtes Leben, das Kameramann Jess Hall in sonnendurchflutete, gelackte Postkartenbilder gießt.

Gerade wenn man sich zu fragen beginnt, was genau der Film eigentlich erzählen will, in welche Richtung er womöglich streben könnte, würzt der auch für das Drehbuch verantwortliche Regisseur das Geschehen mit einem kräftigen Schuss Noir-Abgründigkeit. Urplötzlich betritt Dills Ex-Frau Karen (Anne Hathaway) die Bühne und berichtet dem wenig erfreuten Kapitän von ihrem neuen Ehemartyrium, unter dem auch Patrick (Rafael Sayegh), Karens und Bakers gemeinsamer Sohn, zu leiden hat. Die im deutschen Verleihtitel erwähnte Versuchung manifestiert sich in einem pikanten Angebot der eleganten Dame, die ihren Verflossenen eindringlich bittet, mit ihrem gewalttätigen Gatten Frank (Jason Clarke) aufs Meer zu fahren und ihn dort über Bord zu werfen. 10 Millionen Dollar sollen Dill im Anschluss sicher sein.

Zweifelsohne ist es aller Ehren wert, dass Steven Knight den an Neo-Noir-Klassiker wie Heißblütig – Kaltblütig gemahnenden Verstrickungsplot im weiteren Verlauf mit philosophischen Überlegungen und einem psychologischen Drama anzureichern versucht. Diese Ambitionen beißen sich allerdings mit den permanenten Trash-Anflügen und Überzeichnungen, die sicherlich satirisch gemeint sind, tatsächlich aber oft nur platt und lächerlich erscheinen. Karen etwa wird offensiv als Femme fatale inszeniert, bleibt jedoch zumeist in der Rolle einer blassen Funktionsträgerin gefangen. Ihr unverschämt reicher Ehemann Frank wiederum präsentiert sich als Inbegriff des sadistischen, großkotzigen Lustmolchs und wirkt wie eine misogyne Karikatur auf zwei Beinen. Überhaupt ist es ärgerlich und mit Blick auf die emotionale Ausdruckskraft wenig förderlich, dass die Protagonisten – auch Baker Dill – nach der markanten Wendung zu Schachfiguren in einer eigentümlichen Versuchsanordnung zusammenschrumpfen.

Im Kern will Im Netz der Versuchung offenkundig von häuslicher Gewalt und den dadurch ausgelösten Traumata erzählen. Leider bedient sich der Film aber diverser Plattitüden und begräbt das hochgradig sensible Thema letztlich unter einem abstrusen Handlungsaufbau. Die Begeisterung über die überraschenden Volten der vor allem gegen Ende stark esoterisch aufgeladenen Geschichte hält sich aus diesem Grund in engen Grenzen.

Im Netz der Versuchung (2019)

Der in der Karibik lebende Kapitän eines Fischerbootes wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Und dadurch zeigt sich, dass sein jetziges Leben nicht das ist, was es scheint.

 

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Meinungen

Corinna R. · 18.03.2019

Ich hatte soeben die Möglichkeit den Film noch vor Release zu sehen. Und er wird mir wohl immer im Gedächtnis bleiben- als der schlechteste Film den ich jemals in einem Kino gesehen habe.
Platte, unstrukturierte Storyline, ein Plottwist der eigentlich das Potenzial gehabt hätte den Film zu 'retten', alles aber noch viel schlimmer gemacht hat und das alles in einer gezwungen '80iger Jahre Aufmachung'.
Ein Film, über den wohl nur 50 Jährige möchtegern Akademiker mit einem Glas Rotwein in der Hand und einer Packung Käsecracker gut berichten können.