Sebastian und die Feuerretter

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Mit Hund in die glückliche Familie

Vor gut zwei Jahren gelang es dem französischen Film Belle & Sebastian, einige potentiell furchtbar kitschige Elemente zu einer ganz eigenen Tinktur zu vermischen. Da waren alle Elemente des Heimatfilms – hohe Berge, wunderbare Natur, urwüchsige, einfache Menschen und klare Weltbilder – in großer Menge vorhanden, aber trotzdem wurde daraus kein Jodelfest. Stattdessen konzentrierte Regisseur Nicolas Vanier die Geschichte vom Waisenjungen Sebastian (bzw. Sébastien im Original, gespielt von Félix Bossuet) und seiner Hündin Belle sehr schnell auf ihren Kern – und brachte so, weitgehend ohne Schmalz, erst recht große Gefühle ans Licht.
Im ersten Film – basierend auf einer französischen Fernsehserie und den Erzählungen von Cécile Aubry – fand nämlich zuerst das Waisenkind Sebastian den verwilderten, einsamen Hund – und geriet dann, man schreibt das Jahr 1943 an der französisch-schweizerischen Grenze, mitten hinein in die politischen Bewegungen der Zeit: Hund und Kind helfen schließlich sogar bei einem illegalen Flüchtlingstreck über die Grenze.

In der Fortsetzung, Sebastian und die Feuerretter, nun von Christian Duguay inszeniert, fehlt dieser politische Hintergrund weitgehend. Er bildet die lose Grundierung für Menschenbewegungen und zerrissene Familien, aber wenig mehr. Der Fokus richtet sich stattdessen auf die engste Gemeinschaft.

Der Zweite Weltkrieg ist vorbei. Sebastians erwachsene Freundin Angelina (Margaux Châtelier) soll endlich nach Hause kommen; nachdem sie den Flüchtlingen über die Grenze geholfen hatte, hatte sie noch aktiv im Widerstand gekämpft. Aber dann stürzt das Militärflugzeug, mit dem sie unterwegs ist, nicht weit von Sebastians Dorf in den Alpen nahe der italienischen Grenze ab. Der alte César (Tchéky Karyo), der sich wie ein Großvater um Sebastian kümmert, will jedoch nicht glauben, dass Angelina tot ist. Da ihm sonst niemand helfen mag, wendet er sich an Pierre (Thierry Neuvic), den einzigen Pilot in der Nähe – wohl wissend, dass dieser für einen Hallodri gehalten wird und außerdem wahrscheinlich Sebastians Vater ist.

Es läuft dann alles nicht so wie geplant – Sebastian und Pierre machen mit dem Flugzeug ihrerseits eine Bruchlandung, und der kleine Junge lässt sich nicht davon abbringen, mit Belle zusammen nach Angelina zu suchen, bis Pierre sich widerwillig anschließt … direkt in Richtung des Waldbrandes, der um Angelinas Flugzeugwrack wütet.

Statt des Schnees, der weite Teile von Belle & Sebastian bestimmte, ist es im dritten Teil von Sebastian und die Feuerretter dann das Feuer, das allgegenwärtig wird; die Zeit für dramatische und wunderbare Naturaufnahmen bleibt natürlich dennoch. Aber was dem Film eben spürbar fehlt, ist die historische und letztlich auch moralische Dringlichkeit des Vorgängers. Dass die Handlung stattdessen stark auf eine glatte Familienzusammenführung plus Liebesgeschichte mit also final heiler Welt hinzielt, führt zu einem erheblich höheren Kitschpotential, das Duguay glücklicherweise bei weitem nicht ausschöpft, aber eben auch nicht völlig umschifft.

Sebastian und die Feuerretter changiert mit seinen Themen und Bildern vom Kinderfilm weg und mehr hin zum Jugend- oder Familienfilm. Es gelingt ihm allerdings, seine Figuren bis zum Schluss glaubhaft zu halten; die Konflikte und Motive bleiben so überzeugend wie lebendig, und nur so wird auch die Flucht mitten durch die Feuersbrunst – in wechselnden Konstellationen – zu einem wirklich spannenden Abenteuer. Wie sehr dann alle ohne Zweifel zu ihren Überzeugungen stehen, ihre Suche nicht aufgeben, bis zuletzt – das ist dann vielleicht etwas zu viel. Aber darüber trösten dann locker die Bergbilder hinweg.

Sebastian und die Feuerretter

Vor gut zwei Jahren gelang es dem französischen Film „Belle & Sebastian“, einige potentiell furchtbar kitschige Elemente zu einer ganz eigenen Tinktur zu vermischen. Da waren alle Elemente des Heimatfilms – hohe Berge, wunderbare Natur, urwüchsige, einfache Menschen und klare Weltbilder – in großer Menge vorhanden, aber trotzdem wurde daraus kein Jodelfest.
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