Scultura - Hand. Werk. Kunst.

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Von der Wachs- zur Bronzefigur

Wie entsteht eine Bronzeskulptur im Wachsausschmelzverfahren? Die Technik ist seit dem 4. Jahrtausend vor Christus bekannt und hat sich seit ebenfalls vorchristlicher Zeit kaum mehr verändert. Dennoch wissen viele Kunstliebhaber nicht, wie aufwändig sie ist und wie viele Handwerker neben dem Bildhauer selbst an der Entstehung einer einzelnen Skulptur beteiligt sind. Der italienische Regisseur, Filmdozent und Kunsthistoriker Francesco Clerici beobachtet in seinem ersten langen Dokumentarfilm Scultura – Hand.Werk.Kunst. die Herstellung einer Bronzefigur in der Mailänder Kunstgießerei Fonderia Artistica Battaglia. In dieser 1913 gegründeten Werkstatt entstanden unter anderem die Bronzetüren der Mailänder Kathedrale. Zu den vielen Künstlern, die bereits dort arbeiteten, zählen auch Marino Marini und Giacomo Manzù. Im Film geht es um die Entstehung einer der vielen Hundeskulpturen von Velasco Vitali.
Der Künstler selbst nimmt in der Gießerei zu Beginn des Films letzte Korrekturen an der liegenden Hundefigur vor, deren Oberfläche aus lauter roten Wachsplättchen besteht. Er streicht zum Beispiel mit einem heißen Messer Klebestellen glatt. Als nächstes werden Röhrchen an die Figur montiert, durch die später beim Brennvorgang das heiße Wachs abfließen soll. Dann mischt ein Handwerker in einem Eimer Siliziumschlamm an und umhüllt die Figur damit. Es folgt eine weitere Kalk- oder Siliziumschicht, so dass die Figur nun in einen glatten Zylinder verpackt ist. So kommt sie in den Brennofen, wo die Form aushärtet und das Wachs abfließt. Als nächstes stellen die Handwerker die Form in ein großes Gefäß mit Sand: Nun wird die flüssige Bronze hineingegossen, die den Hohlraum des ausgelaufenen Wachses füllt. Später wird die Tonhülle abgeschlagen. Dann muss die Bronzefigur aber noch gereinigt, poliert und farblich patiniert werden.

Clerici beobachtet diese verschiedenen Arbeitsschritte völlig kommentarlos. Der Künstler und die Handwerker werden weder vorgestellt noch angesprochen. Auch untereinander reden die Protagonisten in den 80 Minuten des Films nur sehr wenig. So lässt sich der Betrachter von der Arbeit der Hände leiten, folgt dem Rhythmus ihrer eingespielten Bewegungen. Auf diese sinnliche Art entsteht eine Ahnung von den Werten, die in dieser altehrwürdigen Handwerkskunst herrschen und die sich nicht mit moderner Hektik vertragen. Zum Vergleich eingestreute Aufnahmen in Schwarz-Weiß von der Herstellung einer Skulptur im Jahr 1967 heben die Zeitlosigkeit der schöpferischen Prozesse an diesem Ort hervor.

Der ruhige, kontemplative Film wirkt nie langweilig. Er demonstriert sehr anschaulich, dass sich das Objekt auf dem Weg zum fertigen Kunstwerk in einer ständigen Metamorphose befindet. Es entsteht eine eigentümliche Atmosphäre der Versenkung, in der sich Kunst und Handwerk wie selbstverständlich vermischen. Sicherlich hätten ein paar Informationen und Erklärungen mehr das Verständnis erleichtert. Zum Beispiel bleibt man als Zuschauer mit der Frage allein, welche Arbeitsschritte der Künstler schon hinter sich hat, als der Film beginnt, was sich unter dem roten Wachskleid des Hundes verbirgt. Aber die Werkstattführung ohne Worte folgt eben einem anderen Konzept und zu dem gehört offenbar ein Freiraum – sowohl für die eigene Fantasie, als auch für die Tradition, die ihre Geheimnisse nicht gleich alle preisgibt.

Scultura - Hand. Werk. Kunst.

Wie entsteht eine Bronzeskulptur im Wachsausschmelzverfahren? Die Technik ist seit dem 4. Jahrtausend vor Christus bekannt und hat sich seit ebenfalls vorchristlicher Zeit kaum mehr verändert. Dennoch wissen viele Kunstliebhaber nicht, wie aufwändig sie ist und wie viele Handwerker neben dem Bildhauer selbst an der Entstehung einer einzelnen Skulptur beteiligt sind.
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