Rote Sonne

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Eine mörderische Wohngemeinschaft

Der Filmemacher Rudolf Thome, der im kommenden November bereits Siebzig wird, hat sich innerhalb der deutschen Arthouse-Szene längst einen besonderen Platz eingerichtet. Auf seine ungezähmte und mitunter auch ungefällige Art hat er sich mit seinen häufig zunächst recht banal erscheinenden, doch immer tiefgründig-schrägen Filmen als ein Ausnahmephänomen etabliert, das einen ganz eigenen, unabhängigen Stil etabliert hat. Zuletzt war im vergangenen Sommer sein ungewöhnliches Porträt Pink in den Kinos zu sehen, dessen Radikalität Publikum wie Kritiker gleichermaßen ein wenig ratlos zurückließ – ein Effekt, der nicht selten mit den Filmen Rudolf Thomes einhergeht. Im Rahmen der Edition Deutscher Film von Arthaus erscheint nun sein zweiter Spielfilm Rote Sonne von 1969 mit Uschi Obermaier und Marquard Bohm in den Hauptrollen, der eine gute Portion des Lebensgefühls jener Jahre transportiert.
Er wirkt reichlich abgewrackt und orientierungslos, dieser kettenrauchende Thomas (Marquard Bohm), der von Hamburg nach München getrampt ist und in einem Club seine einstige Liebe Peggy (Uschi Obermaier) aufspürt. Weder kühl noch herzlich fällt diese Begegnung aus, und nach einem frühmorgendlichen Spaziergang am Starnberger See nimmt Peggy Thomas mit in ihre Wohngemeinschaft, wo sich der abgebrannte Schnorrer erst einmal einzunisten gedenkt. Doch Thomas ahnt noch nicht, dass er sich damit in die Höhle des Löwen begibt, denn die vier attraktiven Frauen, die hier zusammenleben, sind durch einen höllischen Pakt miteinander verbunden: Jeder Mann, der sich einer jeden von ihnen in eindeutiger Absicht nähert, darf nur fünf Tage lang das Vergnügen ihrer verführerischen Gesellschaft erleben, denn dann wird er schlicht von seiner Liebsten ermordet. Bei Thomas, der wieder um sie wirbt, fällt es Peggy, die sonst als eiskalte Hartlinerin auftritt, mit einem Mal gar nicht mehr so leicht, diese Frist einzuhalten, doch ihre Mitbewohnerinnen Sylvie (Sylvia Kekulé), Isolde (Gaby Go) und Christine (Diana Körner) sind nicht bereit, eine Ausnahme zu machen und drängen auf die Hinrichtung des Mannes in ihrer Mitte, der mittlerweile auch begonnen hat, Lunte zu riechen …

Die Mörderbande der hübschen, so naiv wie abgebrüht erscheinenden jungen Frauen in ihrer stilisierten WG, in der es keine festen Schlafplätze gibt, die seichten Unterhaltungen sowie die skrupellosen Planungen der nächsten Tat schaffen ein eigenes, äußerst skurriles Universum, das trotz seiner Verbundenheit mit den späten 1960er Jahren bei Zeiten recht futuristisch anmutet. Die Mördermädchen in ihren Miniröcken, die so reizend unbeholfen und doch so strategisch die unterschiedlichsten Methoden zur Eliminierung der Männer erproben, könnten durchaus auch Außerirdische sein, derart abgefahren wirkt ihr in sich selbst versunkenes Spiel. Doch Rote Sonne lässt als unverblümt und puristisch inszenierte Krimi-Satire so manch abgehobene Interpretation zu, da Rudolf Thome weitgehend auf Hintergründe und Erklärungen verzichtet – eine Haltung, die mittlerweile so etwas wie sein Markenzeichen geworden ist. Dass hier ganz deutliche, wenn auch persiflierte radikal-feministische Elemente auszumachen sind, lässt sich wiederum in der Zeit der Handlung verorten, doch Rote Sonne stellt keineswegs eine sozialpolitische Gesellschaftskritik dar, sondern schlicht einen pfiffigen und amüsanten Film, der aus einer betonten Banalität ein kleines Kuriosum gebiert.

Rote Sonne

Der Filmemacher Rudolf Thome, der im kommenden November bereits Siebzig wird, hat sich innerhalb der deutschen Arthouse-Szene längst einen besonderen Platz eingerichtet. Auf seine ungezähmte und mitunter auch ungefällige Art hat er sich mit seinen häufig zunächst recht banal erscheinenden, doch immer tiefgründig-schrägen Filmen als ein Ausnahmephänomen etabliert, das einen ganz eigenen, unabhängigen Stil etabliert hat.
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