Rosewood Lane

Eine Filmkritik von Lida Bach

Tatort Gartenzaun

Wer Ruhe und Beschaulichkeit sucht, soll nach Lichtenstein, Honolulu oder Christiana ziehen. Nur nicht in eine US-amerikanische Vorstadt. Spätestens seit John Carpenter hier sein cineastisches Halloween zelebrierte ist klar, dass zwischen schnurgerade gemähten Vorgärten und weißen Gartenzäunen der Tod lauert. Die Nachbarn sind Vampire, Frank Booth, Carrie oder die Eltern eines finster blickenden Kindes, das tatsächlich der wiedergeborene Antichrist ist. Und kommt das Übel nicht aus den eigenen Reihenhäusern, ist es Zeit für die Invasion of the Bodysnatchers.
Ähnlich fatal wirkt sich ein Umzug an den Ort der Kindheit aus. Dergleichen spornt pensionierte Serienkiller zu neuer Aktivität an; man landet in einem Haus, auf dem ein Fluch liegt, das auf einem Indianerfriedhof gebaut ist oder an der Pforte zur Hölle, einer anderen Dimension oder einem ähnlich ungemütlichen Ort. Vielleicht scheint es deshalb als doppelt ungutes Vorzeichen, wenn die junge Sonny Blake (Rose McGowan) in die Rosewood Lane zieht: sowohl für die bedrohlichen Ereignisse, die der Hauptfigur dort bevorstehen, als auch für das Publikum, das sie miterleben muss. Dass der Titelort, an den die Radio-Psychologin nach dem Tod ihres Vaters zieht, weniger friedlich ist, als es der Straßenname verheißt, ist ebenso vorhersehbar, wie dass der Tod von Sonnys Vater nicht der vermeintliche Unfall war. „Du fürchtest dich nicht. Aber das solltest du!“, rät ihr einer der Nachbarn, deren bevorzugter Gesprächsstoff düstere Andeutungen über beunruhigende Vorgänge zu sein scheint. Während Sonny brav gehorcht und über der Neuanordnung ihrer Nippesfiguren schier die Nerven verliert, fällt es dem Zuschauer schwerer, Salvas indirekter Aufforderung Folge zu leisten.

Denn der Grund für die unter den Vorstadtbewohnern kursierende Angst dreht seine Runden auf einem BMX-Rad. So zuverlässig wie die von Derek (Daniel Ross Owens) verteilten Zeitungen kommt die Botschaft an, dass der Jugendliche Böses im Schilde führt. Liegt es an Dereks hinterhältigem Blick? An seiner unkonventionellen Abonnentenwerbetechnik? Dass ihn Nachbars Hunde anbellen, wo jeder Horrorfilmgänger weiß, dass Tiere einen sechsten Sinn für das Böse haben? Dass er am Telefon Kinderverse zitiert? Oder daran, dass der angebliche Zeitungsjunge offensichtlich ein Zeitungsmann ist, der beweist, dass man in einem miesen Job, den man als Jugendlicher „übergangsweise“ angenommen hat, den Rest seines Lebens hängen bleiben kann? Die groteske Diskrepanz zwischen Dereks angeblichem und realem Alter, das Fehlen einer plausiblen Hintergrundgeschichte, die irrationalen Aktionen, zu denen die Figuren sich permanent hinreißen lassen und die lustlose Fantasielosigkeit, mit der Rosewood Lane die gesamte Palette konventioneller Spannungsregister abarbeitet, ziehen die filmische Prämisse weiter ins Lächerliche.

Selbst als Victor Salva vor zwanzig Jahren das Script schrieb, noch bevor Franchises wie Scream und Buffy eine Teenager affine Welle von Vorstadthorror-Streifen anstießen, war die Geschichte, die Rosewood Lane erzählen will, reichlich abgegriffen. Eine neue Facette kann der ungelenke Psychothriller ihr nicht abgewinnen, nicht zuletzt, weil der Regisseur und Drehbuchautor sich kaum darum zu bemühen scheint. Nicht nur als Beitrag haben die Filmfest Nights mit Rosewood Lane eindeutig die falsche Richtung eingeschlagen. Der krude Missgriff in die Sparte der „Urban Paranoia“-Filme ist selbst als Genrekost für jene, die das TV-Programm auf der Suche nach passabler Horrorunterhaltung durchzappen, eine Enttäuschung.

Dass Salva nicht einmal für knappe anderthalb Stunden Laufzeit seinen von losen Enden und in der Luft hängenden Szenen ausgefransten Plot zusammenhalten kann, wird zum erniedrigenden Beweis, dass der Regisseur von Clownhouse nach dem stetigen Abstieg mit Powder und Jeepers Creepers nach seiner sechsjährigen Drehpause besser nicht zu seinen filmischen Wurzeln zurückgekehrt wäre. Manchmal ist das Leben wie im Kino – dummerweise auch beim Horrorfilm.

Rosewood Lane

Wer Ruhe und Beschaulichkeit sucht, soll nach Lichtenstein, Honolulu oder Christiana ziehen. Nur nicht in eine US-amerikanische Vorstadt. Spätestens seit John Carpenter hier sein cineastisches „Halloween“ zelebrierte ist klar, dass zwischen schnurgerade gemähten Vorgärten und weißen Gartenzäunen der Tod lauert.
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