Rock the Kasbah (2015)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Willkommen in Absurdistan!

In Good Morning, Vietnam schickte Barry Levinson Robin Williams als Radio-DJ ins Kriegsgebiet. Drei Jahrzehnte später tritt Bill Murray eine musikalische Odyssee durch Afghanistan an. Rock the Kasbah heißt Levinsons jüngste Absurdität.

Van Nuys, Kalifornien. Schrille Töne dringen nach draußen. Drinnen sitzt Richie Lanz (Bill Murray) schlecht frisiert hinter seinem Schreibtisch und macht gute Miene zum üblen Gesang. Selbstredend nimmt er die untalentierte Blondine (Sarah Baker) unter Vertrag – per Handschlag, wie sich das unter ehrbaren Geschäftsleuten im Musikbusiness gehört. Sein Honorar erhält er freilich bar und im Voraus. Richies halblange, schüttere Mähne und die vergilbten Fotos an den Wänden zeugen von besseren Zeiten. Einst entdeckte der Manager Madonna, organisierte Touren für die Bangles oder Stevie Nicks. Heute managt er nur noch seinen schleichenden Niedergang. Sein aktuelles Geschäftsmodell ist ebenso schäbig wie das Motelzimmer, das ihm als Büro für seine Abzocke dient.

Die erste gelungene Pointe in Barry Levinsons Film ist sein Protagonist. Richie Lanz, dieser abgehalfterte Möchtegern, dessen Anekdoten einer erfolgreichen Vergangenheit permanent mit seiner erfolglosen Gegenwart kollidieren, ist so voller Widersprüche, dass seine reine Präsenz zum Lachen reizt. Ein Treppenwitz der Rockgeschichte und eine maßgeschneiderte Rolle für Bill Murray, der den zynischen, aber charmanten Loser auf der großen Leinwand längst wie eine zweite Haut übergestreift hat.

Unverhofft bietet sich diesem Verlierer eine neue Chance. Ronnie (Zooey Deschanel), die einzige Sängerin, die Richie tatsächlich promotet, soll die US-Truppen auf einer Tournee durch Afghanistan bei Laune halten. Doch kaum in Kabul angekommen, macht Richies Protegé mit dessen Geld und Papieren die Flatter. Notgedrungen lässt sich der Manager auf einen waghalsigen Deal mit zwei windigen Waffenhändlern (Scott Caan, Danny McBride) ein. Als Wachhund weicht ihm der Söldner Bombay Brian (herrlich karikierend: Bruce Willis) nicht von der Seite. Auf seinem Trip ins Hinterland hat Richie schließlich eine Offenbarung, als die junge Paschtunin Salima (Leem Lubany) mit Cat Stevens‘ Friedenshymnen das Dunkel einer Höhle erhellt. Richie nimmt sie unter Vertrag und bringt sie ins afghanische Fernsehen. Damit das allen Widerständen zum Trotz gelingt, braucht Richie Hilfe von besonderer Stelle: Die Edelprostituierte Merci (Kate Hudson) springt ihm zur Seite.

Was passiert, wenn divergente Welten aufeinanderprallen, hat Barry Levinson in seinen Komödien wiederholt erprobt. In Rock the Kasbah spielt erneut der Irrsinn des Krieges eine tragende Rolle. Levinson inszeniert Afghanistan als heiteres Minenfeld, in dem Richie keine kulturelle Sprengfalle auslässt. Der schräge Manager, der schon mal im Brustton der Überzeugung am nächtlichen Lagerfeuer Smoke on the Water anstimmt, ist auf Irrfahrt durch ein bigottes Absurdistan. Hier verteufeln millionenschwere Warlords den westlichen Lebenswandel, während sie mitten in der Wüste auf feinstem Rasen Golf spielen, dort stehen sich Schafhirten für ein Schäferstündchen vor Mercis Wohnwagen die Beine in den Bauch, während sie ihren eigenen Frauen das Tanzen untersagen.

In diesen Momenten stellt Levinson die kleinen und großen Lebenslügen ganzer Gesellschaften ironisch zur Schau. Doch die Gags sind lange nicht so scharf und bitterböse wie die seiner besten Satiren. Rock the Kasbah schlägt einen deutlich milderen, versöhnlichen Ton an. Nicht selten droht die Geschichte dabei aus den Fugen zu geraten. Selbst einige tragende Figuren werden nur deshalb eingeführt, um die Erzählung in eine entscheidende Richtung zu lenken. Was danach mit ihnen geschieht, dafür interessiert sich Mitch Glazers Drehbuch nicht. Der Leim, der Levinsons Komödie letztlich zusammenhält, ist Richie Lanz. Mit trockenem Humor und schlagfertigen Pointen täuscht der skurrile Kauz über vermeidbare Schwächen hinweg. Während einige Handlungsstränge einfach versanden, nehmen andere manch verschlungenen Umweg. Aber vielleicht muss das in einem Film über ein krisengeschütteltes Land auch so sein.
 

Rock the Kasbah (2015)

In „Good Morning, Vietnam“ schickte Barry Levinson Robin Williams als Radio-DJ ins Kriegsgebiet. Drei Jahrzehnte später tritt Bill Murray eine musikalische Odyssee durch Afghanistan an. „Rock the Kasbah“ heißt Levinsons jüngste Absurdität.

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