Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Wenn Technik und Herz aufeinandertreffen

Für Eltern ist es meist etwas ganz Besonderes, wenn alte Kinderfilme neu aufgelegt werden oder Kinderbuchklassiker ins Kino kommen. Da werden alte Erinnerungen wach, man ist gespannt und fragt sich: Wie haben sie das jetzt wohl gemacht? Den Kindern, die man dann mit ins Kino nimmt, ist das meist herzlich egal: Sie freuen sich auf den Kinobesuch und das Lebendigwerden der Geschichte, die Mama oder Papa vielleicht sogar schon vorgelesen haben. Die doch recht freie Adaption von Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt ist ein Film, der wohl vor allem dem Nachwuchs gefallen wird: Der Film von Wolfgang Groos verlegt die Geschichte aus dem Jahr 1967 ins 21. Jahrhundert und spart nicht mit Slapstick-Witz, aber auch die Erwachsenen kommen humortechnisch auf ihre Kosten.
Der elfjährige Tobias Findteisen (Arsseni Bultmann), genannt Tobbi, ist Hobby-Erfinder und Einzelgänger. Er liebt es, knifflige Aufgaben zu lösen und mit Bleistift und Papier geniale Maschinen zu bauen. Für seinen Hausmann-Papa (Ralph Caspers, der dem jungen Publikum aus der TV-Sendung Wissen macht Ah! bekannt sein dürfte) hat er ein Gerät erfunden, damit dieser gleichzeitig kochen und lesen kann; den Abwasch erledigt bei Familie Findteisen eine in den Tisch eingebaute Spülmaschine – nach den Plänen von Tobbi. Gefertigt werden die Erfindungen meist von seiner Mutter (Jördis Triebel), die eine eigene Werkstatt besitzt und liebend gerne Autos und Motorräder wieder zum Laufen bringt. Das alles sind tolle Einfälle, die sich die Macher wohl gerade auch für das große Publikum ausgedacht haben. Hier macht Kino vor allem deshalb Spaß, weil der Film für Gedankenspiele, aber auch ein Reflektieren über die Gegenwart genutzt wird.

Zurück zu Tobbi: Manchmal bereitet Tobbis Erfindergeist seinen Eltern große Sorgen, vor allem in Kombination mit seinem Einsiedlertum. Tobbi hat keine Freunde, wird in der Schule gemobbt und vor allem von seinem Mitschüler Justin gehänselt und erpresst. Papa und Mama Findteisen wünschen sich nichts mehr, als dass Tobbi endlich einen Freund finde. Und ein solcher kommt dann auch wie aus heiterem Himmel angeflogen: Allerdings handelt es sich bei Robbi um einen Roboter von einem anderen Stern, der versehentlich aus seinem Raumschiff geschleudert wurde und nun auf einer Kuhweide nahe Tütermoor und fast an Tobbis Hinterkopf landet. Tobbi trägt den Kasten aus dem All sogleich zu sich nach Hause und gibt ihm erst einmal etwas zu essen. Schnell freunden sich die beiden Außenseiter miteinander an: Tobbi, der technikaffine Junge, und Robbi, ein Roboter mit Herz und echten Gefühlen.

Als Tobbi erfährt, dass Robbi unbedingt und schnell seine Eltern finden muss, ist er Feuer und Flamme und schlägt dem Roboter vor, seine neueste Erfindung auszuprobieren: ein Fahrzeug, das sowohl in der Luft fliegen als auch sich im Wasser und auf der Straße – tüüt – fortbewegen kann, ein „Fliewatüüt“ sozusagen. Mit Hilfe einer sympathischen Rockergang vom Schrottplatz, die zwar etwas klischeehaft daherkommt, aber wunderbar zur Geschichte passt, schaffen Robbi und Tobbi es dann auch, die Pläne umzusetzen und ein hübsches rotes Gefährt anzufertigen. Der Rettung von Robbis Eltern scheint also nichts mehr im Wege zu stehen.

Was Robbi und Tobbi zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht ahnen, ist, dass die Elektronikfirma PlumPudding Inc. den Absturz des Roboters aufmerksam mit verfolgt hat und nun auf den Spuren der außerirdischen Kreatur ist. Denn ein Roboter mit Herz, so hofft Firmenchef Sir Joshua (Friedrich Mücke), könnte die Elektronikbranche revolutionieren und sein Unternehmen an den Börsenhimmel katapultieren. Er engagiert zwei Topagenten, Sharon (Alexandra Maria Lara) und Brad (Sam Riley), die den Roboter finden und ins Forschungszentrum bringen sollen, damit man ihm das Herz herausschneide und analysiere.

Folglich befinden sich Robbi und Tobbi schnell nicht nur auf der Suche nach Robbis Eltern, sondern auch auf der Flucht vor den geldgierigen Geschäftsleuten. Was im Original von Boy Lornsen noch Prüfungsaufgaben für den Roboter waren, werden im Drehbuch von Jan Berger eher zufällige Stationen ihrer Flucht/Reise: der Leuchtturm, wo sie mit dem eigenwilligen Matti (Bjarne Mädel) „Mensch ärgere dich nicht“ spielen, oder der Nordpol, wo sie Robbis Eltern vermuten und dann das Inuitmädchen Nunu (Melina Mardini) treffen. Berger und Groos haben die Ideen des Kinderbuchs kongenial in eine neue actionreiche Geschichte verwandelt, haben ehemalige Figuren beibehalten, sie aber neu in der Geschichte positioniert. Das funktioniert gut, auch die Aktualisierung des Stoffes und die Verwandlung eines Zauberers in einen schurkenhaften Firmenchef ist glaubwürdig und tut der Geschichte gut, wenngleich dies vielleicht den ein oder anderen Freund des Klassikers irritieren mag. Wer das Buch oder die WDR-Verfilmung von 1972 nicht kennt, der vermisst nichts.

Überhaupt kreieren die Filmemacher eine schöne, bunte Welt: Das Städtlein Tütermoor ist gemütlich und beschaulich, dort haben dann auch tatsächlich solche Schurken wie Sir Joshua oder Justin keine Chance. So stellt man sich Orte vor, in denen Kindergeschichten spielen. Ebenso ist das Fliewatüüt ein Gefährt, wie man es sich schnuckeliger und schöner nicht vorstellen könnte. Hier haben die Macher viel vom Charme der Originalvorlage behalten. Humormäßig übertreiben sie es allerdings ein wenig: Da muss Joshua am Ende (Achtung: Spoiler!) im Kuhfladen landen und sich von einer Kuh anpieseln lassen. Das ist schade, denn eine ‚ganz normale‘ Niederlage hätte auch gereicht und würde vielleicht für noch mehr Nachdenken über den Film sorgen. Schließlich geht es um für den Nachwuchs wichtige Themen wie Anderssein und Freundschaft. Diese sind vielleicht sogar noch deutlicher umgesetzt als in der Vorlage und lassen den jungen Zuschauern dennoch genug Raum für das Nachdenken über das eigene kleine Leben. Damit ist Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt auch ein Film, der sich für Erziehungsarbeit eignet – und gleichzeitig Spaß macht.

Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt

Für Eltern ist es meist etwas ganz Besonderes, wenn alte Kinderfilme neu aufgelegt werden oder Kinderbuchklassiker ins Kino kommen. Da werden alte Erinnerungen wach, man ist gespannt und fragt sich: Wie haben sie das jetzt wohl gemacht? Den Kindern, die man dann mit ins Kino nimmt, ist das meist herzlich egal: Sie freuen sich auf den Kinobesuch und das Lebendigwerden der Geschichte, die Mama oder Papa vielleicht sogar schon vorgelesen haben.
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Meinungen

Heike Brunheim · 02.12.2016

Der Film hat, außer dem Titel, N I C H T S mit der Originalgeschichte zu tun! Ich war total enttäuscht!