Radio Silence

Eine Filmkritik von Martin Beck

Radio SAW

Eine schöne Entwicklung, das mit den Genrefilmen aus Deutschland. Der nächste Zugang in dieser sich unverhofft schnell füllenden Schublade ist Radio Silence von Marco J. Riedl und Carsten Vauth – ein unter anderem an Saw erinnernder Thriller, in dem der Moderator eines Piratensenders einen Anruf von einem sadistischen Killer namens „Nachtschlitzer“ erhält. Der bereits ein weiteres Opfer in seiner Gewalt hat. Und nun mittels perfider Spielchen den Moderator zum Richter über Leben oder Tod machen möchte.
Alles klar also für eine weitere Runde sadistischer Folterspiele? Äh, nein, weil nämlich der Saw-Aufhänger zum Glück nicht im Vordergrund steht. Radio Silence setzt in erster Linie auf Spannung und bleibt angenehm weit über reiner Exploitation. Dass die Geschichte ungemein an The Terror Live erinnert, sollte man mit Blick auf die Produktionsjahre eher dem koreanischen Pendant zum Vorwurf machen. So richtig originär ist hier trotzdem nicht allzu viel, wenn als weitere Assoziationen noch Pontypool, Sadistico oder Talk Radio abgeworfen werden, aber nun gut, immerhin tauchen keine Zombies auf.

Was an Radio Silence gefällt, ist seine gute Produktion, die stilvolle und ziemlich effektiv mit Genre-Mechanismen arbeitende Inszenierung und die halbwegs runde, ab und an sogar ein bisschen überraschende Geschichte. Ergänzt werden muss dabei, dass diese Einschätzung vor allem in Verbindung mit der deutschen Herkunft wiegt, wohingegen der Film als amerikanische Produktion (was die Aufmachung klar suggerieren möchte) nicht über gesundes Mittelmaß hinauskommen würde. Wie gut nur, dass Genrekino in Deutschland lange Jahre nicht mal mehr am Siechen war.

Als deutsche Produktion kann sich Radio Silence auf jeden Fall sehen lassen und erfreut das hiesige Publikum auch noch mit einem besonderen Kniff: Die meisten Rollen werden nämlich von deutschen Synchronsprechern gespielt, was nicht nur endlich einmal eine außerordentlich gelungene „Synchro“ sicherstellt, sondern auch mehrere schöne Meta-Momente ermöglicht. Der Nachtschlitzer zum Beispiel ist Robert Downey Jr. (Charles Rettinghaus), der ermittelnde Detektiv Tommy Lee Jones (Ronald Nitschke) und in einer dubiosen Kneipe hängen George Clooney (Detlef Bierstedt) und Harrison Ford (Wolfgang Pampel) ab.

Sicher, ein Gag, der aber erstaunlich gut funktioniert und mal wieder offenbart, dass wirklich fähige Synchronsprecher eigentlich verkappte Schauspieler sind. Charles Rettinghaus lebt das ja sowieso schon und darf hier sogar ein Hühnchen imitieren, ohne dass es peinlich wird — weil der Mann einfach was kann, genauso wie alle seine Kollegen hier. „Put put put“, geradewegs zum Hackebeilchen. Wenn sich die beiden Regisseure noch etwas mehr getraut hätten, einen eigenständigen, weniger Genre-konformen Weg zu gehen, hätte Radio Silence das Zeug zu einem echten Hit.

Aber auch so gilt: sehenswert, mindestens aus der deutschen Warte. Die Blu-Ray von M-Square bietet gediegene Qualität und erfreut zudem mit einer üppigen Bonusabteilung, die unter anderem diverse Interviews, ein Making Of, einen alternativen Anfang, Outtakes und Deleted Scenes bereithält. Der Kurzfilm auf dem der Film basiert, On Air, fehlt allerdings kurioserweise.

Radio Silence

Eine schöne Entwicklung, das mit den Genrefilmen aus Deutschland. Der nächste Zugang in dieser sich unverhofft schnell füllenden Schublade ist „Radio Silence“ von Marco J. Riedl und Carsten Vauth – ein unter anderem an „Saw“ erinnernder Thriller, in dem der Moderator eines Piratensenders einen Anruf von einem sadistischen Killer namens „Nachtschlitzer“ erhält.
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