Portrait of a Lady

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Wenn die bösen Buben locken ...

Es ist eine Literaturverfilmung nach dem gleichnamigen Roman von Henry James aus dem Jahre 1881, die mit hervorragenden Akteuren unter der Regie der Neuseeländerin Jane Campion entstanden ist. Portrait of a Lady / The Portrait of a Lady lief sehr erfolgreich in den Kinos und wurde für einige Filmpreise, darunter auch der Oscar, nominiert, von denen er auch beispielsweise 1997 den National Society of Film Critics Award für die schauspielerischen Leistungen von Barbara Hershey und Martin Donovan gewinnen konnte. Auszeichnungen für ihre Filme erhielt Jane Campion (Ein Engel an meiner Tafel / An Angel at My Table (1990), Holy Smoke (1999), In the Cut (2003)) bereits einige, und 1993 wurde sie als erste und bisher einzige Regisseurin für Das Piano / The Piano bei den Filmfestspielen von Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet.
Sie ist jung, wunderschön, klug, eigenständig und verfügt über wachsende finanzielle Mittel: Die Amerikanerin Isabel Archer (Nicole Kidman) denkt gar nicht daran, wie üblich früh zu heiraten, sondern reist mit ihrer Tante 1872 nach Europa, um die Welt und Teile ihrer dort ansässigen Familie kennen zu lernen. In England, wo sie als potentielle Gattin kräftig umworben wird, freundet sie sich wärmstens mit ihrem Cousin Ralph (Martin Donovan) an, der zwar ernsthaft krank ist, aber sie in ihrer Verweigerung einer standesgemäßen, von der Familie dringend gewünschten Ehe versteht und unterstützt. Doch alle Widerstände und emanzipatorischen Tendenzen erweichen, als sich Isabel, die mittlerweile durch eine Erbschaft zu ansehnlichem Vermögen gelangt ist, in Florenz in den amerikanischen Lebemann Gilbert Osmond (John Malkovich) verliebt, der ihr nicht artig-konventionell den Hof macht, sondern ihre Sehnsüchte als Frau nach Romantik und Leidenschaft anfacht und ihren Intellekt anspricht. Bald nach der Hochzeit jedoch offenbart Osmond zunehmend wenig respekt- und liebevolle Charakterzüge seiner einst so verehrten Gattin gegenüber, deren überaus unglückliches Schicksal nunmehr seinen Lauf nimmt, der ihr die bittere und tragische Erkenntnis beschert, dass berechnende Personen wie Madame Merle (Barbara Hershey), eine Freundin ihrer Tante in enger Verbindung zu Osmond, verborgenen Einfluss auf ihren Lebensweg genommen haben, und vor allem, dass Liebe häufig ein anderes Gesicht hat, als es zunächst den Anschein hat …

Wer die Filme von Jane Campion kennt, weiß sicherlich um ihre intensive, präzise und ausführliche Betrachtung der filmischen Figuren als charakteristische Qualität, die hier überwiegend auf die leidende Lady fokussiert ist, was allerdings bei Portrait of a Lady mitunter ein wenig statisch und langatmig gerät, sich gegen Ende jedoch als angedeutete Rückkehr zu einer stabilen Eigenständigkeit wieder lebendig bewegt. Nicht nur für Liebhaber historischer Literaturverfilmungen, für die er kaum lang genug sein könnte, stellt der Film dennoch insgesamt ein inhaltlich und formal sowie die grandiose Ausstattung betreffend herausragendes Werk mit exzellenten Schauspielern und ebensolchen symbolkräftigen Bildern dar.

Portrait of a Lady

Es ist eine Literaturverfilmung nach dem gleichnamigen Roman von Henry James aus dem Jahre 1881, die mit hervorragenden Akteuren unter der Regie der Neuseeländerin Jane Campion entstanden ist.
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Meinungen

Martin Zopick · 08.03.2023

Mit seiner großen Dialoglastigkeit ist der Film ein echter Henry James. Isabell Archer (Nicole Kidman) ist von Männern umschwirrt wie eine Lichtquelle von Motten. Neben Richard E. Grant, Viggo Mortensen und Cousin Martin Donovan umwirbt sie auch noch John Malkovich, der als ungeliebter Gatte das Rennen macht. Es entsteht ein Gesellschaftsbild des ausgehenden 19. Jahrhunderts, in dem die geschliffene Rede die Kommunikation bestimmt hat. Wenn dann noch Lücken in der Handlung dazukommen, vermisst man einiges. So z.B. Isabells Hochzeit oder Barbara Hersheys Fehltritt.
Und so bleibt nur die Begeisterung für die Darsteller. Ich glaube Jane Campion ist hier bewusst nebulös geblieben. Und wenn dann noch ein sonderbarer Schluss angehängt wird, hat man das Gefühl, sich umsonst bemüht zu haben. Es bleibt unglaubwürdig, dass Isabell am Ende mit Cousin Ralph im Bett liegt. Einziger Lichtblick ist der junge Christian Bale, der im Gegensatz zu den anderen pomadigen Zeitgenossen als frisch Verliebter Heißsporn daherkommt. Die anderen müssen ja verklemmt sein, auch wenn mit Barbara Hersheys Enthüllung hier eine sexuelle Bombe platzt. Da haben viele schon gedanklich abgeschaltet, weil sie inzwischen im höchst artifiziellen Wortdschungel untergegangen sind. Bleibt die pompöse Ausstattung und eine tränenreiche Isabel. Das Ganze ist zu dicht an Henry James, zu komplex im Detail und daher zu unverständlich. Die wenigen s/w Retros sind eine unbedeutende optische Spielerei. Ein Anspruch, der abschreckt.